Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden
Ausbildung von SEAL-Team-Anwärtern ausüben, vor allem bei den jungen Offizieren. Wenn sie BUD/S absolviert hatten, ging es für SEAL-Offiziere mit einer intensiven sechsmonatigen Ausbildung in Spezialkriegseinsätzen und Einsatzplanung weiter. Absolventen bezeichneten sie als theoretisches Pendant zu BUD/S. Krupinskys grundlegende Thesen waren: 1) Einer ist keiner – man brauchte immer eine Absicherung durch eine zweite Waffe, einen zweiten Hubschrauber oder einen Plan B. 2) Alles, was schiefgehen kann, geht auch schief – und zwar zum ungünstigsten Zeitpunkt. Rechnen Sie daher mit dem Unerwarteten. 3) Es geht nicht nur darum, dass die Männer den Plan überleben, sondern der Plan muss die Fehler der Männer überleben.
Diese Maximen sollten sich in etlichen akribisch durchgeplanten SEAL-Team-Einsätzen in den 1980er- und 1990er-Jahren und in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts auszahlen.
Das Konzept einer gemeinsamen Spezialeinsatztruppe verschiedener Truppengattungen erscheint auf Anhieb naheliegend. Dennoch dauerte es 20 Jahre, bis nach dem Erfolg von Son Tay das Joint Special Operations Command eingerichtet wurde. Und erst ein militärisches Desaster brachte die Admiräle und Generäle dazu, endlich zusammenzuarbeiten.
Am 4. November 1979 wurde die US-Botschaft in Teheran vom Mob überrannt. Am 23. Oktober desselben Jahres hatten die Vereinigten Staaten dem abgesetzten Schah von Persien Flüchtlingsstatus zuerkannt und ihn zur Behandlung seiner im Endstadium befindlichen Krebserkrankung nach Kalifornien einreisen lassen. Entrüstet organisierte die Regierung von Ayatollah Khomeini eine Massendemonstration, die sich gegen die amerikanische Botschaft richtete. Bewaffnete Angehörige der Revolutionstruppe Pasdaran nutzten die Proteste als Deckung, brachen in die gesicherten Räume der Botschaft ein und nahmen 52 Diplomaten, Botschaftsmitarbeiter und US-Marines gefangen. Die Verhandlungen über die Auslieferung der Geiseln zogen sich über Monate hin.
Frustriert von der Unnachgiebigkeit der Iraner und aus Angst um die Sicherheit der Geiseln ordnete Präsident Jimmy Carter die Operation Eagle Claw an, einer der ersten Einsätze der neu gegründeten Special Forces Operational Detachment-Delta.
Die Operation war komplex und ihre Autoritäts-, Befehls- und Kontrollwege vage. Der Einsatz endete in einer Katastrophe, als ein CH-53-Hubschrauber des Marine Corps an einem Betankungspunkt in der Wüste tief im Iran mit einem Tankflugzeug der Air Force vom Typ C-130 kollidierte. Bei der Explosion starben acht Soldaten, vier andere erlitten Verbrennungen. Zwei Maschinen wurden dabei zerstört, und fünf intakte Hubschrauber mitsamt ihrer Kommunikations- und Verschlüsselungsausrüstung und einem Dutzend Kopien des Rettungsplans fielen den Iranern in die Hände.
Das Debakel trug zur Wahlniederlage von Präsident Jimmy Carter bei. Die Iraner hielten die amerikanischen Geiseln ganze 444 Tage lang fest und ließen sie erst frei, nachdem Ronald Reagan gewählt worden war. Angesichts des Scheiterns der Rettungsmission im Iran wurde im Dezember 1980 das Joint Special Operations Command eingerichtet.
Bis dahin gingen die Budgets aller Spezialeinsatztruppen von den regulären Zuweisungen der jeweiligen Truppengattung ab. In Special-Operations-Kreisen triumphieren in der Regel die Praktiker über die Politiker. Auf Einheitsebene sorgte das zwar für gute Arbeitsbedingungen, doch die Special Forces, insbesondere die SEAL-Teams, waren dadurch Anfeindungen von oben ausgesetzt.
Die SEALs hatten noch ein weiteres Handicap: Sie waren bei der Navy nicht gerade beliebt. Viele Jahre lang war es für einen Absolventen der Naval Academy nahezu unmöglich gewesen, ein SEAL-Team-Offizier zu werden. Es galt quasi als unter der Würde eines Mannes aus Annapolis, zu den Schlangenfressern zu wechseln. Die SEALs hatten genügend eigene Anwärter, waren dadurch aber dort angreifbar, wo sie nicht kämpfen konnten – zum Beispiel in Washington. Infolgedessen waren sie unter den Flaggoffizieren der Navy unterrepräsentiert, unter den Admirälen, die die Entscheidungen trafen und die Schecks ausstellten.
Die wenigsten SEALs wollten im Pentagon Dienst tun, weshalb sie in aller Regel ausschieden, bevor sie zu alt waren für Kampfeinsätze. Nach Vietnam dachte die US Navy mehr als einmal über die Auflösung der SEALs nach. Mindestens eine BUD/S-Absolventenklasse wurde wieder zur Flotte zurückgeschickt, weil es in den Teams keine Planstellen
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