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Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden

Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden

Titel: Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BÖRSENMEDIEN AG
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selbst genug. Ihnen ging es um die Straße von Hormus, die Verbindung des Persischen Golfs zum Indischen Ozean. Durch diese Meerenge werden mit Tankern fast 40 Prozent des westlichen Öls befördert. Die Russen wollten die Straße von Hormus, und der Westen brauchte sie. Aus diesem Grund wurde im sowjetisch-afghanischen Krieg mit immer höheren Einsätzen gekämpft.
    Das waren geopolitische Erwägungen, die 1984 noch lange nicht in Osamas Kompetenzbereich fielen. Die afghanische Angelegenheit lag in Saudi-Arabien ganz in der Hand von Prinz Turki al-Faisal. Einen Monat nach dem sowjetischen Einmarsch flog der Prinz nach Pakistan, um die Unterstützung für die Mudschaheddin zu koordinieren. Prinz Turki sollte die Schlüsselfigur in einem Geheimbündnis zwischen Saudi-Arabien und den Vereinigten Staaten werden, um dem afghanischen Widerstand Waffen und Geld zukommen zu lassen.
    Diese Allianz sollte die Sowjetunion am Ende besiegen, brachte jedoch als schlimme Begleiterscheinung den internationalen Dschihad hervor.
    Prinz Turki und die Saudis mussten behutsam vorgehen. Sollte das Ausmaß der saudisch-amerikanischen Unterstützung nicht geheim bleiben, könnten die Sowjets das leicht als Vorwand nehmen, um auch in Pakistan einzumarschieren und ihnen damit noch näher zu rücken. Aus diesen Gründen bestand Pakistan darauf, dass Geld und Waffen aus Saudi-Arabien und Amerika ausschließlich über den pakistanischen Geheimdienst ISI weitergeleitet wurden.
    Fast fünf Jahre nachdem die Sowjets die Grenze überschritten hatten, begab sich Osama bin Laden erstmals in das Kriegsgebiet. Unglaublich, aber wahr: Er hatte nicht eher gehen können, weil ihm seine Mutter die Erlaubnis verweigerte. Gewappnet mit den Argumenten Abdallah Azzams und seiner persönlichen Versicherung, dass man sich gut um ihren Jungen kümmern werde, reiste Osama in einem der Privatflugzeuge seiner Familie nach Islamabad.
    Am 26. Juni 1984 ließ sich Osama in Begleitung Azzams an einem Ort namens Dschadschi über die afghanische Grenze schleusen. Dort fand er ein ärmliches Lager vor, umgeben von flachen, hastig gezogenen Gräben. Die Moral der Soldaten war gut, doch ihre Waffen, ihre Kleidung und ihre Ausrüstung in erbärmlichem Zustand. Dennoch waren die Männer guter Dinge und kampfeslustig. Ganz in der Nähe befand sich ein größeres Lager der Sowjets. Osama war an der Front.
    Später sprach er von der Scham, die er empfand, weil er sich nicht früher an dem Kampf gegen die Sowjets beteiligt hatte. „Ich bat Gott, den Allmächtigen, um Vergebung. Ich dachte, ich hätte gesündigt, weil ich auf die gehört hatte, die mir rieten, nicht zu gehen. […] Ich glaubte, mein vierjähriges Zaudern würde mir nur vergeben, wenn ich zum Märtyrer würde.“
    Dieser Wunsch hätte sich fast noch am selben Morgen erfüllt. Kurz nach Sonnenaufgang tauchten sowjetische Jets über dem Lager auf. Sie bewarfen es mit Bomben und Granaten, richteten aber wenig Schaden an. Osama bin Laden war zum ersten Mal ins Visier des Feindes geraten. Und es erregte ihn. Später behauptete er, die Flugabwehr der Mudschaheddin habe vier sowjetische Maschinen vom Himmel geholt. Dieser Teil der Geschichte war eher unglaubwürdig, doch der Beschuss hatte einen elektrisierenden Effekt auf Osama.
    „Gott sei Dank wurde keiner unserer Brüder verletzt. Dieses Gefecht gab mir einen enormen Anstoß, mich weiter für diese Sache zu engagieren. Ich gelangte immer mehr zu der Überzeugung, dass niemand verwundet wird, wenn es nicht Allahs Wille ist.“
    Osamas Feuertaufe hatte ihm neuen Kampfgeist verliehen.
    Abdallah Azzam zufolge kehrte Osama nach Saudi-Arabien zurück und widmete sich jetzt ernsthaft der Kapitalbeschaffung. Zehn Millionen US-Dollar flossen in die Kriegskasse von Azzams Gruppe. Zwei Millionen stammten von Mitgliedern der Familie bin Laden. Sein Geld verschaffte Osama Ansehen und Popularität. Bisher hatte man ihn als Anhängsel Scheich Abdallah Azzams betrachtet. Jetzt wurde er in eigener Funktion wahrgenommen.
    Im September 1984 schlossen sich Abdallah Azzam und Osama bin Laden auf der Pilgerfahrt nach Mekka offiziell zusammen. Azzam brachte die Referenzen als Dschihadi mit und Osama das Geld. Damals kämpften nur wenige Araber in Afghanistan, die allerdings von ihren afghanischen Gastgebern als „heldenhafte Gäste“ behandelt wurden.
    Azzam und bin Laden machten sich an die Gründung einer neuen Kampforganisation mit eigener Rekrutierungs-Pipeline, eigener Finanzierung

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