Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden
militärischer Hardware, um einen chemischen Anschlag zu verüben. Chemische Gifte aus Sprengköpfen, Granaten und Bomben lassen sich auch ohne Hilfsmittel verwenden. Terroristen basteln improvisierte chemische Waffen aus Plastikbeuteln, Aerosolsprays und handelsüblichen Raucherzeugern. Die technische Einstiegsbarriere besteht in der Produktion wirksamer, tödlicher chemischer Agenzien. Diese hat Saddam in rauen Mengen bereitgestellt. Wie sie verabreicht werden, bleibt der Fantasie von al-Qaida überlassen. Der Fairness halber ist zu erwähnen, dass über diesen ersten Einsatz chemischer Waffen durch Terroristen in den Medien berichtet wurde. Sowohl The New York Times als auch die BBC meldeten, dass in al Baya eine Chemiewaffe zum Einsatz gekommen war. Die Geschichte wurde von akademischer Seite aufgegriffen und in Fachblättern für Terrorismusbekämpfung erörtert. Dann wurde es still.
Was ist von dem eisigen Schweigen über die Chemiewaffen im Irak zu halten? Warum wurde die amerikanische Öffentlichkeit bewusst in dem Glauben gelassen, im Irak gebe es keine Massenvernichtungswaffen? Die Geschichte wurde in den breiten Medien aus mehreren Gründen nicht weiterverfolgt, unter anderem auch aus politischen. Die Medien stellten sich blind für wiederholte Berichte über Angriffe mit Chemiewaffen, weil ihre eigene Glaubwürdigkeit auf dem Spiel stand. Gleich mehrere maßgebliche Kanäle hatten sich mit der These vom „unvertretbaren Krieg“ weit aus dem Fenster gelehnt.
Was in al Baya passierte, war ein Paradigmenwechsel in der Weltgeschichte. Mit dem Einsatz von Nervengas durch al-Qaida im Irak hatte erstmals in der Geschichte der Menschheit ein nicht staatlicher Akteur auf dem Schlachtfeld strategische Waffen (in diesem Fall chemische) eingesetzt. Man hoffte, die Geschichte würde sich in Luft auflösen. Bestätigt wurden die chemischen Angriffe von einer äußerst unwahrscheinlichen Quelle: vom US-Militär selbst. Da kamen Julian Assange und die WikiLeaks-Dokumente ins Spiel.
Im Juli 2010, drei Jahre nachdem die Nervengasbombe in al Baya verzischt war, veröffentlichte WikiLeaks 492.000 vertrauliche US-Dokumente über den Krieg in Afghanistan. Der publicitybewusste Chef von WikiLeaks, Julian Assange, verglich diese Enthüllung selbst mit den in den 1970er-Jahren veröffentlichten Pentagon-Papieren. Doch das, worauf WikiLeaks da gestoßen war, stellt das historische Beispiel noch in den Schatten – sowohl durch seinen Umfang als auch durch die schmutzigen Details. Wenn die Pentagon-Papiere die Uneinigkeit der Militärführung über den Vietnamkrieg offenbart hatten, so zeichneten die WikiLeaks-Dokumente das Bild einer schizophrenen US-Regierung, die das eine sagt, das andere tut und weiterhin eine erschreckende und potenziell weltverändernde Wahrheit leugnet. Seit 2004 hat al-Qaida die Koalitionstruppen im Irak mindestens 100-mal mit chemischen Waffen attackiert. Bei den meisten Anschlägen wurden „umfunktionierte“ chemische Gefechtsköpfe aus Saddams Arsenal benutzt – Nervengase und Senfgas. Obwohl diese Vorfälle kurz Schlagzeilen machten, haben die Experten nicht verstanden, was sie bedeuten. Die Regierung Obama ignorierte die Angriffe wie schon zuvor die Regierung Bush und hoffte, es würde niemand Notiz davon nehmen.
Wenn man glaubt, was WikiLeaks da aufgedeckt hat, bestätigt sich, dass al-Qaida im Besitz chemischer Waffen ist und diese bereits gegen US-Soldaten im Irak und Afghanistan eingesetzt hat. Der größte Teil der WikiLeaks-Dokumente besteht aus Nachrichtenverkehr zwischen vorgeschobenen US-Streitkräften und ihren übergeordneten Leitstellen. Die Nachrichten besagen, dass manche der von US-Soldaten entdeckten chemischen Waffen als so gefährlich erachtet wurden, dass sie von Spezialisten des sogenannten Technical Escorts an Ort und Stelle neutralisiert werden mussten. Die Technical Escort Units, auch TEU genannt, bilden eine streng geheime Organisation und sind ausgebildet in nuklearer, chemischer und biologischer Kriegführung. Technical Escort Units werden nicht einfach so eingesetzt. Sie werden erst losgeschickt, wenn eine chemische, biologische oder nukleare Bedrohung gegeben ist. In den WikiLeaks-Dokumenten ist elfmal von Technical Escort die Rede.
Der Mythos, dass es im Irak keine Massenvernichtungswaffen gibt, wurde am Leben gehalten, weil die Wahrheit so viel beunruhigender ist. UN-Sanktionen und UN-Inspektionsteams zum Trotz hatte der Irak ein beträchtliches Arsenal an
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