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Codewort Rothenburg

Codewort Rothenburg

Titel: Codewort Rothenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
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für uns tätig. Leider war sie unzuverlässig, und das können wir uns nicht leisten.«
    Sie stand auf und ging zum Sekretär, der sich an der Längswand des Raumes befand. Aus einer Schublade nahm sie ein in Schweinsleder gebundenes Album und legte es vor Daut auf den Tisch.
    »Sehen Sie, hier finden Sie alle Mädchen, die unseren Gästen zum Zeitvertreib zur Verfügung stehen. Blättern Sie einfach darin, vielleicht bekommen Sie ja auch mal Lust ...« Sie lächelte Daut eine Spur zu anzüglich an. Als sie seinen mürrischen Blick sah, fuhr sie sachlich fort: »Diese - wie hieß sie noch einmal? - werden Sie dort nicht finden.«
    Daut stellte das Glas auf den Tisch und schlug das Album auf. Rösen trat hinter ihn, und gemeinsam sahen sie sich das äußerst spezielle Angebot der Pension Schmidt an.
    Es gab Damen jeden Alters und jeder Größe. Es gab Spindeldürre und Nudeldicke. Es gab Blonde, Brünette und Schwarzhaarige. Alle Frauen waren aufreizend gekleidet. Manche trugen durchsichtige Wäsche, die mehr zeigte als verbarg. Die meisten hatten hochhackige Schuhe an den Füßen, die in von zierlichen Strumpfhaltern oder seidenen Strumpfbändern gehaltenen Strümpfen verschiedenster Farben steckten. Zwei oder drei waren in Lederkorsetts geschnürt, aus denen die Brüste herausquollen. Eine langhaarige Blondine steckte in einem Gummianzug, der ihren Körper wie eine zweite Haut umschloss. Es gab Frauen in Kellnerinnenkleidung, in Schwesterntracht und in den verschiedensten Uniformen, von denen allerdings keine Einzige der Kleidervorschrift entsprach.
    »Na, Hauptsturmführer, welche ist denn nach Ihrem Geschmack? Hier hat noch jeder Topf sein Deckelchen gefunden.«
    Daut schlug das Album zu und kippte seinen Champagner herunter. Diese Frau ging ihm auf die Nerven mit ihrem Getue.
    »Vorsichtig mit solchen Bemerkungen, Frau Schmidt! Wir können auch anders! Beim nächsten Mal sehen wir uns in meinem Büro. Und da gibt es keinen Champagner!«
    Daut sprang auf und warf Rösen einen kurzen Blick zu.
    »Wir gehen.«
    Die beiden Polizisten stürmten aus dem Raum.

    Als die Männer gegangen waren, nahm Kitty Schmidt das Stutenbuch mit einem Seufzer der Erleichterung vom Tisch. Sie legte es auf die Schreibablage, zog eine der sechs Schubladen des zierlichen Sekretärs auf und holte ein postkartengroßes Foto heraus. Sie platzierte das Bild im Aschenbecher auf dem Rauchtisch, riss ein Streichholz an und setzte das Foto in Brand, das sich augenblicklich zu wellen begann.
    »Schade um dich, meine Kleine. Aber wir leben in gefährlichen Zeiten. In sehr gefährlichen Zeiten.«

Fünfzehn

    Rösen und Daut schwiegen, während sie von der Giesebrechtstraße zum Werderschen Markt fuhren. Als sie die Bürotür hinter sich geschlossen hatten, lachte Rösen laut auf.
    »Mensch, Axel. Was war das denn?«
    Daut schaute den Kollegen konsterniert an. Gefühlsausbrüche waren hier fehl am Platz. Rösen wollte sich aber nicht beruhigen.
    »Das glaubt uns doch kein Mensch. Mitten im Krieg, mitten in der Reichshauptstadt steht ein Bordell, wie es feiner nicht sein kann. Hast du dir die Einrichtung genauer angesehen? Alles vom Edelsten. Und wie kommen die bloß zu einem solchen Champagner? Das stinkt doch zum Himmel!«
    Daut wunderte sich über Rösens Kennerschaft bezüglich der Puffbrause. Das war nicht ihre Gehaltsklasse. Doch ansonsten gab er ihm recht. Der Laden war piekfein, und die Chefin sah weiß Gott nicht wie eine Hure aus. Eher wie eine Dame.
    »Stiefel noch mal rüber zur Sitte. Das gibt es doch nicht, dass die den Laden nicht kennen. Und wenn sie weiter mauern, mach ihnen Dampf. Kannst ja dezent darauf hinweisen, dass es sich nicht gut macht, wenn sie eine Mordermittlung behindern. Versuch einfach, über diese Pension Schmidt herauszukriegen, was du kannst. Wie lange gibt es sie schon, wer verkehrt dort und so weiter. Und wir müssen alles über diese Kitty Schmidt wissen. Die ist doch nicht astrein, die Dame. So fein sie auch tun mag.«

    Kaum hatte Rösen das Büro, immer noch grinsend, verlassen, betrat ein uniformierter Beamter den Raum.
    »Heil Hitler, Herr Hauptsturmführer. Diese Nachricht kam gerade für Sie rein. Ist angeblich dringend.«
    Er legte einen Zettel auf den Schreibtisch, grüßte erneut und verschwand.
    Daut nahm das zusammengefaltete Blatt Papier.
    Eilige Terminsache!!
    13:03 Uhr: Anruf von Untersturmführer Karl Schwarz, Referat VI, Reichssicherheitshauptamt.
    Er bittet Hauptsturmführer Axel Daut dringend

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