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Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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gemeinsame Stärke, einen Berg aus Sandkörnern.
    Aus der Umgebung die nötige Anzahl von Elementaren zu sammeln, um fliegen zu können, war ein beschwerliches Unterfangen. Tavi rief sich die Elementare vor sein inneres Auge, malte sie sich als Lichtpünktchen aus, die wie ein Schwarm Glühwürmchen durch die Luft wirbelten. Dann begann er sich vorzustellen, wie jedes einzelne Pünktchen von einem federleichten Windstoß zu ihm hingeführt wurde, erst eines nach dem anderen, dann jeweils zwei zugleich, dann drei und so weiter, bis jedes Einzelne von ihnen sich um ihn in der Luft versammelt hatte. Das erste Mal hatte es ihn eine geschlagene halbe Stunde gekostet, erfolgreich die Windelementare zu sich zu rufen. Seitdem hatte er die Zeit auf etwa drei Minuten reduziert und wurde immer schneller, aber es lag noch ein langer Weg vor ihm.
    Er wusste es, als er bereit war. Die Luft um ihn kroch gespenstisch über seine Haut, drängte sich an ihn und streichelte ihn. Dann öffnete er die Augen, rief in Gedanken nach den Elementaren und versammelte sie zu einem Windstrom, der wirbelte und strudelte und ihn dann sanft vom verschneiten Boden der Höhle hochhob. Er leitete die Elementare an, ihn nach oben zu stemmen, bis seine Stiefelsohlen sich ungefähr drei Fuß über dem Boden befanden, und schwebte mit vor Konzentration gerunzelter Stirn in der Luft.
    »Gut«, sagte Alera ruhig. »Jetzt ordne sie neu – und vergiss diesmal den Luftschild nicht.«
    Tavi nickte und lenkte die Zielrichtung des Windstroms ab, so dass er von hinten und unten gegen ihn drückte, und begann sich langsam durch die Höhle zu bewegen. Das erforderte gewaltige Konzentration, aber er machte den Versuch, diese Aufmerksamkeit in ein abgetrenntes Teilstück seiner Gedanken zu schieben, das den Windstrom aufrechterhielt, während er sich der Bildung eines Schilds aus gefestigter Luft vor sich widmete.
    Eine Sekunde lang dachte er, dass es funktionieren würde, und er begann mit mehr Kraft nach vorn zu drängen, um schneller zu fliegen. Aber Sekunden später ließ seine Konzentration nach, die Windelementare stoben auseinander wie Löwenzahnsamen, und er stürzte hinab – mitten in den Teich hinein, der einen Durchmesser von dreißig Fuß hatte.
    Der Schock der Kälte fast gefrierenden Wassers trieb ihm den Atem aus der Lunge, und er schlug eine Sekunde lang wild um sich, bis er sich zwang, statt seiner Gliedmaßen seinen Verstand einzusetzen. Er griff nach den Elementaren im Wasser, scharte sie in weniger als einer Viertelminute um sich – Wasserwirken lag ihm mehr als Windwirken – und brachte sie durch schiere Willenskraft dazu, ihn aus dem Wasser zu heben und auf dem Boden der Eishöhle abzusetzen. Das verminderte den bitteren, beißenden Schmerz der Kälte allerdings nicht, und Tavi lag zitternd da.
    »Du wirst immer besser«, sagte Alera, schaute auf ihn herab und nahm seinen halb gefrorenen Zustand ruhig in Augenschein. »In fachlicher Hinsicht.«
    »D-d-du b-b-bist nicht g-gerade eine H-h-hilfe«, stammelte Tavi durch sein quälendes Zittern hindurch.
    »Nein, wirklich nicht«, sagte Alera. Sie zog sich das Kleid zurecht, als bestünde es aus gewöhnlichem Stoff, und kniete sich neben ihn. »Das ist etwas, was du verstehen musst, junger Gaius. Ich mag ja in einer Gestalt, die deiner ähnelt, erscheinen, aber ich bin kein Wesen aus Fleisch und Blut. Ich fühle nicht wie du, was sehr viele Dinge angeht.«
    Tavi versuchte, sich auf ein Feuerwirken zu konzentrieren, das die Wärme in seinem Körper aufbauen konnte, aber es war so wenig davon da, dass es lange dauern würde, wenn es ihm denn überhaupt gelang. Er brauchte eine offene Feuerquelle, um die Sache zu erleichtern, aber es gab keine. »W-w-was m-meinst d-du d-damit?«
    »Zum Beispiel deinen möglichen Tod«, sagte sie. »Du könntest jetzt sofort auf diesem Boden erfrieren. Das würde mich nicht sehr bekümmern.«
    Tavi hielt es für klug, sich auf sein Feuerwirken zu konzentrieren. »W-warum nicht?«
    Sie lächelte ihn an und strich ihm eine Haarsträhne aus der Stirn. Die Haare knackten, und ein paar Eisstücke fielen ihm in die Wimpern. »Alle Dinge sterben, junger Gaius«, sagte sie. Ihr Blick wurde einen Moment lang abwesend, und sie seufzte. »Alle. Und ich bin alt – weit, weit älter, als du zu begreifen vermagst.«
    »W-wie alt?«
    »Du hast keinen Bezugsrahmen, der dir etwas nützt«, sagte sie. »Dein Verstand ist zwar außerordentlich fähig, aber sogar du könntest dir

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