Codex Alera 06: Der erste Fürst
nachdenklich die Stirn und musterte ihn. »Wie fühlst du dich? Es geht das Gerücht, dein Herz hätte dir Beschwerden gemacht.«
»Jetzt ist es besser«, sagte Fidelias zu ihm. »Ich fühle mich wie ein neuer Mensch.«
»Das liegt nur daran, dass du Faulpelz es dir leicht machst«, sagte Durias. »Du wirst die Rüstung morgen früh vermissen.«
Fidelias grinste lässig. »Das ist noch lange hin. Außerdem sehe ich dich auch nicht zu Fuß gehen, damit irgendein armer Legionare an die Reihe kommt und dein Pferd nehmen darf.«
Durias zog die Nase hoch. »Der Rang verschafft einem Privilegien«, sagte er fromm. »Wenn ich irgendeinen beliebigen Legionare reiten lasse, während der Erste Speer seinen Platz einnimmt, bringe ich die natürliche Ordnung der Legion durcheinander. Schlecht für die Moral. Völlig unverantwortlich.«
»Guter Junge«, sagte Fidelias, »du wirst es noch zum Offizier bringen.«
Durias grinste. »Nimm das zurück!«
Ein Tribun der Freien Aleranischen Legion ritt zu ihnen und salutierte vor Durias. Seine Rüstung war, obwohl es sich um eine gewöhnliche Legionslorica handelte, alt und abgenutzt, wenn auch offensichtlich im Augenblick gut instand gehalten. Sämtliche Rangabzeichen waren davon entfernt. »Erster Speer.«
»Tribun«, sagte Durias und salutierte seinerseits. »Erstatte Bericht.«
»Vier weitere Feindbegegnungen, alle mit Wachsspinnen. Wir haben auch noch einmal ein halbes Dutzend Kroatsch -Flecken abgebrannt. Sie beginnen damit, wann immer sie können, um die Ufer eines Teichs herum. Sie werden leichter zu finden sein.«
»Das bedeutet, dass die gut verborgenen Stellen umso schwieriger aufzuspüren sein werden«, sagte Durias. »Werdet nicht nachsichtig mit ihnen.«
Der Offizier lachte bekümmert auf. »Verdammt unwahrscheinlich.« Er musterte Fidelias. »Wie geht es ihm?«
»Er fühlt sich wie ein neuer Mensch«, sagte Durias.
»Er wirkt wie ein fauler Mensch.« Der Offizier beugte sich ein bisschen zur Seite und spähte um Durias herum zu Fidelias. »Man erzählt sich, dass du auf die Vordkönigin geschossen hast.«
»Ich habe nicht nur auf sie geschossen«, sagte Fidelias, »ich habe sie auch getroffen . Noch dazu mit einem Balestrum. Der Bolzen ist einfach von ihr abgeprallt.«
Der Offizier zog die Augenbrauen hoch. Ein Balestrenbolzen konnte ein Pferd durchschlagen und einen gepanzerten Legionare , der dahinter stand, tödlich verwunden. »Wie weit entfernt warst du?«
»Vielleicht zwanzig Schritt«, sagte Fidelias.
Der Offizier starrte ihn eine Weile an. Dann biss er sich auf die Lippen und beäugte Durias. »Und das jagen wir? Es hat doch keinen Sinn. Der Princeps wird uns noch alle umbr …«
Durias stieß seinem Pferd ohne Vorwarnung eine Ferse in die Flanke, und das Tier machte einen Satz vorwärts und zur Seite, so dass es mit der Schulter das Reittier des Tribuns rammte. Durias’ Hand schoss vorwärts, packte den Mann an den Platten seiner Lorica und zerrte ihn halb vom Pferd.
» Legionares jammern«, sagte Durias leise in hartem Ton. »Offiziere führen. Halt deine verdammte Schnauze und führe. Oder wenn du das nicht kannst, dann hab den Mumm und gib deinen Rang auf, damit jemand, der kein verdammter Feigling ist, deine Arbeit erledigen kann.« Er ließ dem Offizier keine Zeit zu antworten, sondern stieß ihn nur mit steifem Arm von sich.
Der Offizier gewann mit reuiger Miene das Gleichgewicht und die Beherrschung über sein Pferd zurück. »Zu Befehl. Wir gehen wieder an die Arbeit.«
Durias knurrte, sagte aber nichts. Der Offizier salutierte und wendete, um davonzureiten. Durias wandte sich mit angriffslustigem Funkeln in den Augen an Fidelias. »Nun?«
Fidelias schürzte die Lippen und nickte. »Nicht schlecht.«
Von der Spitze der Kolonne nicht weit entfernt bliesen Trompeten zum Sammeln. Die Trinkpause war vorüber.
Männer und Canim begannen, auf die Dammstraße zurückzukehren, immer in Paaren aus einem Cane und einem Aleraner. Ihre Bewegungen verrieten Müdigkeit, aber sie stellten sich in einer Marschkolonne auf.
»Wir werden erschöpft dort anlangen«, sagte Durias leise. »In offenem Gelände. Keine Befestigungsanlagen.«
Fidelias holte langsam Atem und sagte: »Wenn der Princeps uns alle opfern muss, um sich eine Gelegenheit zu verschaffen, die Königin zur Strecke zu bringen, dann sollte er es auch tun. Ich täte es. Ohne zu zögern.«
»Ja«, sagte Durias, sogar noch leiser. »Ich glaube, das ist es, was mir zu schaffen
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