Codex Alera 06: Der erste Fürst
macht.«
»Erster Speer«, sagte Fidelias, »halt den Mund und führe.«
In Durias’ Schnauben lag bittere Erheiterung. »Wie wahr.« Die beiden salutierten voreinander, und Durias wendete, um zurück zum Abschnitt der Kolonne zu reiten, in dem sich die Freie Aleranische Legion befand.
Das zweite Trompetensignal erscholl – die übliche Kavalleriefanfare aufzusitzen. Fidelias hielt an, um die nächststehenden Legionares zu beobachten. Jeder von ihnen trug zwei lange, breite Leinwandstreifen, die aus ihren Zeltbahnen zugeschnitten waren. An einem Ende war der Stoff zu einer Schlinge geknüpft. Die Legionares traten hinter ihre Canimpartner und steckten ihre Stiefel in die Schlingen. Dann reichten sie die Streifen an den Cane vor ihnen weiter.
Danach kam es zu ein bisschen Gehampel, als die Canim sich die Streifen über die Schultern legten, die freien Enden um ihre Pfotenhände schlangen und sich hinhockten, während ihnen ihre aleranischen Partner auf den Rücken kletterten, so dass die Streifen zu behelfsmäßigen Steigbügeln wurden und die Aleraner die Rolle menschlicher Rucksäcke übernahmen. Gelegentlich fielen Männer hin. Canim wurden dann und wann an ungünstigen (und ungepanzerten) Stellen von Tritten getroffen. Besonders mehrere Schwänze schienen im Dienste der neumodischen Fortbewegungsart des Princeps zu Schaden zu kommen.
Andere Legionares stiegen jetzt, wie Fidelias wusste, hinter Taurg-Kavalleristen auf und beklagten sich ebenso sehr. Aber als die Trompete wieder erscholl, begannen die Canim in ihren weit ausgreifenden Wanderlaufschritt zu fallen, wurden dann noch schneller und rannten ohne Schwierigkeiten, während ihre aleranischen Partner die Elementare der Dammstraße baten, ihnen zu helfen. Kein einziger Aleraner berührte die Dammstraße mit eigenen Füßen. Die höhere natürliche Geschwindigkeit der Canim bedeutete, dass sie die Dammstraße nutzen konnten, um beinahe so schnell wie ein gutes Pferd voranzukommen. Binnen Minuten war die ganze Kolonne wieder unterwegs, und die Meilen schwanden unter den Füßen der Canim dahin. Sie rückten schneller vor als jede Legion es vermocht hätte, wenn sie allein marschiert wäre.
Während des Marsches begann Fidelias, sein Pferd zurück zur Spitze der Kolonne zu lenken, und bemühte sich sehr, nicht daran zu denken, was der Tribun der Freien Aleranischen und ihr Erster Speer über ihre Aussichten, den nächsten Tag zu überleben, gesagt hatten.
»Sei still, alter Mann«, murmelte er an sich selbst gewandt. »Halt den Mund und geh die Sache mutig an.«
Er schürzte die Lippen und dachte an einen anderen Teil des vorangegangenen Gesprächs. Dann lachte er kurz in sich hinein.
Was auch im Laufe des nächsten Tages geschehen würde, eines war und blieb wahr: Fidelias fühlte sich wirklich wie ein neuer Mensch – und es würde nicht mehr lange dauern, bis die Waagschalen seines Lebens endlich ausgeglichen waren.
Bald , sagte er zu sich selbst.
Bald.
Isana saß zu Füßen des stumm begrabenen Araris, die Hände im Schoß gefaltet, und beobachtete, wie die Vordkönigin ihrer Brut Befehle erteilte. Die Königin stand in ihrer Nische und starrte mit scheinbar unkonzentriertem und abwesendem Blick an die grün beleuchtete Decke empor. Das Licht des Sonnenuntergangs verlieh dem Kroatsch , das in der Nähe des Nesteingangs wuchs, einen schwachen Gelbschimmer.
»Die Verteidigung in der letzten Stellung ist recht geschlossen«, sagte die Königin unvermittelt. »Sie ist fast so beeindruckend wie die in Shuar, und die Gegenangriffe sind weitaus wirkungsvoller.«
Isana runzelte die Stirn und fragte: »Shuar?«
»Das Nest einer Unterart der Canim, eines besonders zähen Schlags ihres Volks. Ihre Befestigungen hatten der Belagerung seit über einem Jahr standgehalten, als ich Canea verlassen habe.«
»Vielleicht halten sie ihr immer noch stand.«
Die Vordkönigin sah auf Isana herab und sagte: »Unwahrscheinlich, Großmutter. Die Anwesenheit shuaranischer Canim in der Expeditionstruppe deines Sohns deutet doch wohl darauf hin, dass sie Flüchtlinge sind, die mit ihm zusammenarbeiten, weil sie keine andere Wahl haben.« Sie wandte das Gesicht wieder nach oben zur Decke. »Obwohl es zu diesem Zeitpunkt längst zu spät ist. Ein gemeinsamer Widerstand hätte uns vielleicht einige Jahre zuvor noch aufhalten können, aber ihr wart alle zu sehr damit beschäftigt, die überdeutliche Schwäche und Eigensucht der Individualität unter Beweis zu
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