Coe, David B. - Die Chroniken von Amarid 01 - Der Fluch des Magiers
Amarid erreichen, wird die Spur bereits erkaltet sein.«
»Ich muss sagen, Odinan«, warf Baden ein und erhob sich ebenfalls, »dass ich mich gezwungen fühle, Orris in dieser Sache zuzustimmen. Dieser Vorschlag hilft nicht sonderlich dabei, unsere Feinde zu identifizieren, und dient noch weniger dem Schutz der Menschen von Tobyn-Ser. Er stellt auch eine enorme Verschwendung von Mitteln dar; der Rufstein braucht unglaublich viel Kraft, um Menschen zu transportieren. Ihr würdet eine sehr große Gruppe von Magiern brauchen oder die Anzahl derjenigen, die die Ermittlungen anstellen sollen, auf einen oder zwei reduzieren müssen. Nein, dies scheint mir keine wirkliche Alternative zu Orris' oder meinem eigenen Plan zu sein.«
»Es ist eine angemessene Reaktion auf eine Situation, die wir noch nicht vollkommen begreifen«, entgegnete ein anderer Eulenmeister - Jaryd glaubte sich zu erinnern, dass der Name dieses Mannes Niall war. »Ehe wir mehr wissen, wäre es dumm, euer Leben in Theorons Hain aufs Spiel zu setzen oder das Leben aller Menschen in dieser Halle durcheinander zu bringen.«
»Was ist mit dem Leben der Menschen in Taima oder den anderen Dörfern und Städten, die angegriffen wurden?«, wollte einer der jüngeren Magier wissen. »Wie sollen wir diesen Menschen erklären, dass wir nichts unternehmen, weil wir uns keine Unbequemlichkeiten zumuten wollen?«
»Ich sage doch nicht, dass wir gar nichts tun sollen!«, erwiderte Odinan zornig. »Mein Plan -«
Aber bevor er seinen Satz beenden konnte, hallte plötzlich das Klirren von Glas durch die Kammer und erschreckte alle so, dass sie schwiegen. An der Südseite des Gebäudes, auf halbem Weg zwischen Jaryds Platz und dem der Eulenweisen brach ein großer Stein durch eines der halb durchsichtigen Fenster der Großen Halle und verstreute Scherben aus weißem Glas auf dem Marmorboden. Von draußen, von der Straße, die nun durch das klaffende Loch im Glas deutlich zu sehen war, erschollen Rufe wie »Mörder!« und »Verräter!«, und dann konnte man schnelle Schritte hören, die bald verhallten. Einen Augenblick lang rührte sich niemand am Tisch. Und dann brach das reinste Chaos aus. Mehrere Magier sprangen auf das Loch im Fenster zu und versuchten zu erkennen, wer den Stein geworfen hatte. Orris und Trahn rannten nach draußen und kamen Sekunden später an dem Loch im Fenster vorbei. Andere eilten zur Ursel, der jungen Falkenmagierin, neben der der Stein gelandet war, aber sie versicherte ihnen, dass alles in Ordnung sei. Falken und Eulen kreisten und schrien erschrocken.
»1st alles in Ordnung mit euch? Ist jemand verletzt?«, rief Jessamyn mehrmals in dem Versuch, die Ruhe wiederherzustellen.
Jaryd war bei dem allgemeinen Durcheinander, das der anfänglichen Stille gefolgt war, aufgesprungen. Aber er blieb bei seinem Stuhl, mit Ishalla auf der Schulter, und sah sich um und versuchte, sich wieder zu beruhigen. Auch Alayna war aufgestanden, und sie sah angespannt und bleich aus. Sie schauten einander kurz an und gingen dann ohne ein Wort beide zu der Stelle, wo Ursel und ein paar andere begonnen hatten, die Scherben aufzusammeln.
Einige Zeit später ließ die Unruhe in der Großen Halle ein wenig nach, und Orris und Trahn kehrten atemlos und erhitzt zurück. »Sie waren nur zu zweit. Wir haben sie zu einem Gasthaus ein paar Querstraßen von hier verfolgt«, erklärte Trahn. »Der Wachtmeister hat uns gesehen und ist ihnen gefolgt. Man wird sich um die Täter kümmern.«
»Und dann?«, erklang eine ernste, aber vertraute Stimme. Jaryd fuhr herum und sah Baden, der immer noch an seinem Stuhl stand, das schmale Gesicht starr und weiß, bis auf einen roten Fleck auf jeder Wange. Die Augen des Eulenmeisters glühten wie Kohlen, als er sich umsah.
»Was dann?«, wiederholte er in das plötzliche Schweigen hinein. »Es wird nichts helfen, sie ins Gefängnis zu stecken. Wir könnten sie ebenso gut laufen lassen.«
»Sie laufen lassen?«, fragte Peredur empört. »Sie haben die Große Halle von Amarid entweiht.« Mehrere Eulenmeister stimmten ihm zu.
»Das hier ist kein Tempel«, entgegnete Baden zornig und warf Trahn dabei einen raschen Blick zu, »und Amarid war kein Gott. Diese Halle wurde nicht entweiht, sie wurde beschädigt. Wir täten gut daran, uns an den Unterschied zu erinnern.«
Peredur errötete und setzte zu einer Antwort an. Aber Jessamyn legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm und schaute Baden an. »Worauf willst du hinaus, Baden?«, fragte
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