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Coe, Jonathan

Coe, Jonathan

Titel: Coe, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die ungeheurliche Einsamkeit des Maxwell Sim
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beiden
Kraftquellen werden von einem Bordcomputer auf das Effektivste zueinander in
Beziehung gesetzt. Das Auto ist elegant, modern und radikal innovativ. Und
natürlich ein Segen für die Umwelt.«
    »Wie unsere Zahnbürsten«,
sagte Trevor. »Man könnte beinahe sagen, der Prius ist eine Art ... Zahnbürste
auf Rädern. Was meinst du, Lindsay?«
    Lindsay dachte darüber nach,
schüttelte den Kopf und sagte: »Nein.«
    »Nein, du hast recht. In die
Tonne damit.« Er legte die Hand wieder auf mein Knie. »Na, Maxwell, was sagst
du?«
    »Ich weiß nicht, Trev ... es
ist lang her, dass ich auf der Straße war. Welchen Zeitpunkt hast du im Kopf?«
    »Montag in einer Woche geht es
los. Wir würden dir einen Pauschalbetrag von eintausend Pfund zahlen, was
umgerechnet auf einen Tagessatz verdammt großzügig ist. Du arbeitest doch im
Moment nicht in deinem Laden, oder?«
    »Nein, da bin ich seit Monaten
nicht mehr gewesen.«
    »Also dann! Worauf wartest
du?«
    In der Tat, worauf wartete
ich? Ich bat Trevor und Lindsay, mich eine Nacht drüber schlafen zu lassen,
auch wenn es eigentlich nicht nötig war, denn ich war immer noch nicht über den
Jetlag hinweg und schlief nachts ohnehin nie viel. In dieser Nacht lag ich wach
und dachte an Poppy und daran, dass ich sie bald wiedersehen würde, aber ich
dachte auch an Lindsay Ashworths blassblaue Augen und ihre schlanken Arme, und
ich dachte an beiläufige Dinge, zum Beispiel, dass sie den Toyota Prius als
elegant, modern und radikal innovativ beschrieben hatte, und ich fragte mich,
warum dieser Satz mir so seltsam vertraut in den Ohren klang. Über das Angebot
selbst musste ich nicht groß nachdenken, weil ich mich längst entschieden
hatte. Am nächsten Morgen rief ich Trevor aus dem Starbucks mit dem Handy an
und sagte ihm zu. Es war eine Freude, die Erleichterung und Begeisterung in
seiner Stimme zu hören. Und auch ich konnte bei dem Gedanken, in zwei Wochen
auf der Fähre zu den Shetlands zu sein, ein leises Zittern der Erregung nicht
ganz unterdrücken.
     
    10
     
    Der Freitag begann mit bester
Laune und erstaunlicher Zuversicht. Er endete in bitterer Enttäuschung.
    Mit der
Arbeitsschutz-Beauftragten war ich um halb elf verabredet. Um 8.19 Uhr fuhr
ich von Watford Junction mit dem Zug los und erreichte London Euston mit sieben
Minuten Verspätung um 8.49 Uhr. Ich hatte diesen Zug genommen, weil Trevor
heute auch in London war und ein gemeinsames Frühstück vorgeschlagen hatte.
    Wir trafen uns in einer
Filiale des Caffe Nero in der Wigmore Street. Ich bestellte ein Panini mit
Eiern, Speck und Pilzen. Der Typ hinter der Theke, ein Italiener, erklärte mir
in belehrendem Tonfall, »Panini« sei die Pluralform, und wenn ich nur eins
haben wolle, müsse ich ein »Panino« bestellen. Der Mann schien großen Wert
darauf zu legen, aber da er ohnehin einen leicht gestörten Eindruck auf mich
machte, ignorierte ich ihn.
    Während wir unsere Paninis
mampften, machte Trevor mir eine interessante Eröffnung, die direkten Einfluss
auf mein Gespräch mit der Gesundheitsbeauftragten haben sollte.
    Es gebe etwas, das ich über
die gegenwärtige Situation von Guest Zahnbürsten wissen müsse, sagte er. Er
habe gerade erfahren, dass David Webster, der einzige hauptberufliche
Vertreter, den sie zurzeit beschäftigten, in Kürze kündigen werde. Er war von
GlaxoSmithKline abgeworben worden. Sie mussten also demnächst die Stelle neu ausschreiben,
und wenn ich mich auf dem Shetland-Trip bewährte, sah Trevor keinen Grund,
warum ich mich nicht darum bewerben sollte. Er und Alan Guest hätten das
letzte Wort, und wenn ich einen guten Eindruck auf Alan machte, wäre die Sache
unter Dach und Fach. Alles entwickelte sich besser und immer besser.
     
    Auf dem kurzen Weg zum
Kaufhaus, das bis vor sechs Monaten mein Arbeitsplatz gewesen war, ließ ich
mir diese Neuigkeit durch den Kopf gehen. Weil die Sonne sich endlich zu einem
Gastspiel durchgerungen hatte, erschien es heute nicht allzu verwegen, sich
Hoffnung auf den Frühling zu machen. Ich verspürte eine neue Leichtigkeit im
Gang, die mir überhaupt nicht zu diesem Teil der Welt zu passen schien. Dabei
hatte ich keinen besonderen Widerwillen gegen das Gespräch mit der
Arbeitsschutz-Beauftragten, eine angenehme, zurückhaltende Dame, die mich
stets mit Anteilnahme und Freundlichkeit behandelt hatte. Wir hatten schon
drei Begegnungen gehabt, die erste fand letztes Jahr Mitte August statt. Ein
paar Wochen davor war Caroline ausgezogen und hatte

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