Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Coe, Jonathan

Coe, Jonathan

Titel: Coe, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die ungeheurliche Einsamkeit des Maxwell Sim
Vom Netzwerk:
atemlos vor Erwartung. Ich
schaute vom einen zum anderen. Beinahe synchron formten ihre Münder das erste
Wort, den Anfang des Slogans, von dem sie wollten, dass ich ihn aussprach. Es
schien mit einem K zu beginnen.
    »K ... K ... Kei ...?«, begann ich,
versuchsweise, und als beide mit eifrigem Kopfnicken reagierten, wuchs meine
Zuversicht, und ich traute mich, den Satz zu vollenden: »Keine kommt weiter!«
    Trevor sank zurück in den
Sessel und breitete mit dem stolzesten Strahlen seines fleischigen, gutmütigen
Gesichts die Hände aus. »Simpel, oder? Einfach, aber schön. Keine kommt weiter
als die IP 009, weiter als dieses Unternehmen kommt niemand. In vollendeter
Synergie gehen Produkt und Vertrieb Hand in Hand.«
    Er begann mehr über die
Kampagne zu erzählen, die ihnen vorschwebte. Vier Vertreter würden jeder in
einem Auto am Montagvormittag gleichzeitig vom Firmensitz in Reading aus
starten. Jeder würde einen Karton mit Mustern dabeihaben und eine Videokamera,
um ein Videotagebuch von seiner Reise anfertigen zu können. Sie würden in vier
verschiedene Richtungen losfahren, jeder zu einem der äußersten Punkte des
Vereinigten Königreichs. Es sollte ein Preis ausgesetzt werden für denjenigen,
der nach Erreichen seines Ziels als Erster wieder in Reading war (ein Preis,
der praktisch schon vergeben war, denn nach Lowestoft war der Weg viel kürzer
als zu den anderen Zielen), aber im Grunde ermutigte man sie, sich so viel Zeit
zu nehmen, wie sie wollten, solange sie nur innerhalb eines vernünftigen
Rahmens blieben. Die Firma würde für fünf Hotelübernachtungen aufkommen, und
als eigentliches Ziel der Reise wurde die möglichst interessante Gestaltung der
Videotagebücher ausgegeben: Sobald alle vier wieder zu Hause waren, wollte man
das Material zu einem etwa zwanzigminütigen Film zusammenschneiden, der dann
auf der Messe der Dental Trade Association in einer Endlosschleife über eine
Videowand am Stand von Guest Zahnbürsten flimmern würde.
    »Klingt fantastisch«, sagte
ich.
    »Wird es auch«, sagte Trevor.
»Die Leute werden begeistert sein. Stell dir mal die Wirkung eines solchen
Films vor! Ein radikaler Durchbruch im Zahnbürstendesign gepaart mit atemberaubenden
Aufnahmen der britischen Landschaft dort, wo sie am wildesten und entlegensten
ist. Schon beim Gedanken daran geht mir einer ab. Ein Problem haben wir
allerdings noch ... uns fehlt ein Mann.«
    Er schaute mich an, und
langsam fiel der Groschen.
    »Guest Zahnbürsten«, erklärte
Lindsay, »ist ein kleines Unternehmen. Das ist Alans Vision, und so soll es
auch bleiben. Wir sind nur zehn Leute, und das Verkaufsteam besteht aus einem
Mann.«
    »Er heißt David Webster«,
sagte Trevor. »Ausgezeichneter Mann. Ein genialer Vertreter. Er übernimmt die
Nordirland-Route.«

»Und was ist mit den anderen?«
    »Na ja, zwei von uns springen
ein. Ich fahre auf die Scilly-Inseln, und unser Chefbuchhalter macht sich für
ein paar Tage auf den Weg nach Lowestoft. Aber für die Shetlandinseln müssen
wir jemanden engagieren für die Woche. Natürlich jemanden, der
Verkaufserfahrung hat und der momentan unbeschäftigt ist. Und da, Maxwell,
alter Kumpel« - er legte mir freundschaftlich die Hand aufs Knie -, »hab ich
sofort an dich gedacht.«
    Ich schaute von Trevor zu
Lindsay und wieder zurück zu Trevor. Sein Blick war erwartungsvoll und bittend
wie der eines Cockerspaniel-Welpen, der dringend mal Gassi gehen muss. Lindsay
hatte ihre kobaltblauen Augen mit etwas festerem Blick auf mich gerichtet;
hinter ihrer regungslosen Klarheit meinte ich etwas anderes zu erkennen, etwas
Kühneres, Entschiedeneres, eine Art Verlangen, ein verzweifeltes Verlangen, so
schien es, nach meiner Einwilligung, meiner Mitarbeit. Die komplexeren Motive
hinter diesem Blick blieben mir verborgen, trotzdem hatte er etwas beängstigend
Verlockendes.
    »Mein Auto ist nicht sehr
zuverlässig«, sagte ich.
    Trevor lachte. Ein entspanntes
Lachen, erleichtert darüber, dass es sonst keine Einwände gab. »Wir mieten
extra für diesen Anlass vier Fahrzeuge an. Vier Toyota Prius, alle in Schwarz.
Hast du schon mal einen gefahren?« Ich schüttelte den Kopf.
    »Ein fantastisches Auto, Max.
Fantastisch. Ein Genuss, es zu fahren.«
    »Der Toyota Prius«, fügte
Lindsay etwas ernster hinzu, »passt ideal zu dem Ethos, das die Firma Guest
befördern will. Es ist ein Hybridfahrzeug, das heißt, es läuft mit einer
Kombination aus bleifreiem Benzin und Elektrokraft, und die

Weitere Kostenlose Bücher