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Coe, Jonathan

Coe, Jonathan

Titel: Coe, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die ungeheurliche Einsamkeit des Maxwell Sim
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so
transparent, oder war diese Frau mit einem erstaunlichen Wahrnehmungsvermögen
gesegnet, das ich weder bemerkt noch je für möglich gehalten hatte?
    »Und was den
Wettbewerbscharakter dieser Reise betrifft, hat Lindsay übers Wochenende noch
einmal kräftig Brainstorming betrieben - diese Frau macht keine Pause, sie
macht einfach keine Pause -, und herausgekommen ist die absolute Hammeridee.
Lindsay, wenn ich dir für einen Augenblick die Bühne überlassen darf.«
    Die Sache hatte auch ihre
ironische Seite. Caroline würde es nie erfahren, aber sie war am letzten
Hindernis gestürzt. Ihre Zauberkräfte hatten an entscheidender Stelle versagt.
Denn sie hatte sich - total und fatal - getäuscht, was meine Gedanken in dem
Moment betraf, als wir Joe aus der Brennnesselgrube gezogen hatten und sie mich
neben ihm im Gras knien sah. »In Trauer über den Sohn, den er sich immer
gewünscht hatte« - das hast du vermutet, Caroline? Das war der Dreh, den du der
Sache geben wolltest? Dann hör mir zu: Du lagst weit daneben. Meilenweit. Und
weder du noch irgendjemand sonst wird die Wahrheit je erfahren. Nicht, wenn ich
es nur irgendwie verhindern kann.
    Inzwischen hatte Lindsay
begonnen, uns etwas über die Bordcomputer unserer Toyotas zu erzählen.
Eigentlich hätte ich zuhören sollen.
    »Und wenn ihr den
>Info<-Knopf auf dem Armaturenbrett drückt, könnt ihr zwischen zwei
Bildschirmen wählen. Der eine ist der Energiemonitor, der euch jederzeit
darüber informiert, aus welcher Quelle ihr die Energie gerade bezieht, und der
andere versorgt euch mit detaillierten Informationen darüber, wie viel Benzin
ihr verbraucht habt, seit der Streckenzähler zuletzt auf null gestellt wurde.
Die Zähler sind übrigens bei allen vier Fahrzeugen auf null gestellt worden,
also rührt sie bitte nicht an, bevor ihr sicher zurückgekehrt seid ...«
    Und noch ein hässlicher
Gedanke ist mir gekommen. Ein großer Teil der Informationen, auf denen die
Geschichte aufgebaut ist, kann nur von Lucy stammen. Besonders das mit dem
Gras, von dem ich nicht wusste, warum es grün ist. (Das stimmt übrigens - immer
noch.) Na gut, da müssen Caroline und Lucy wohl manches Mal zusammengehockt und
sich krankgelacht haben über den alten Trottel, der einen Scheiß über die wichtigen
Dinge des Lebens weiß und immer nur versucht hat, sich aus schwierigen
Problemen und peinlichen Situationen irgendwie herauszumogeln. Offenbar hat
meine ulkige Ignoranz in Dingen des Allgemeinwissens zuletzt den Stoff für so
manch eine vertrauliche Plauderei von Mutter zu Tochter geliefert. Na ja,
vielleicht sollte ich froh darüber sein, sie so fest zusammengeschweißt zu
haben ...
    »Also, meine Herren, wir
bieten Ihnen Gelegenheit, nicht nur einen, sondern zwei äußerst begehrenswerte Preise
zu gewinnen. Wer als Erster wieder hier ist, bekommt eine von diesen
attraktiven signierten Urkunden - ein schöner Schmuck für jede Bürowand, würde
ich sagen -, und darüber hinaus wird ein Geldpreis von fünfhundert Pfund ...« (wieder Jubeln und
Jauchzen und lautes Luftholen allenthalben, nur Alan Guests Miene blieb
unergründlich) » ...für den Fahrer ausgeschrieben, der dem grünen Bekenntnis
von Guest Zahnbürsten die größte Ehre macht und mit dem niedrigsten
Durchschnittsverbrauch an Benzin auf dem Infoscreen zurückkommt. Mit anderen Worten -
fahrt vorsichtig, Leute, und fahrt sparsam!«
    Unter allgemeinem Applaus nahm
Lindsay wieder Platz, und jetzt knallten die Champagnerkorken, und die
Versammlung löste sich in Zwanglosigkeit auf. Ich hörte, wie Alan Guest Trevor
zur Seite nahm und sagte: »Lass sie nicht zu lange hier rumstehen - vergiss
nicht, dass die Zeitungsleute draußen warten«, und so kippten wir in kürzester
Zeit unsere Gläser hinunter, und der ganze Haufen verließ das Büro und polterte
die hallende Betontreppe hinunter, die nach unten auf den Vorplatz führte.
Trevor, David, Tony und ich schleppten unsere Reisetaschen.
    Ohne es gewollt zu haben, fand
ich mich ganz am Schluss der Prozession wieder. An der Seite von Lindsay
Ashworth. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass solche Dinge manchmal ganz von
selbst passieren, wenn das unausgesprochene Einverständnis zwischen zwei
Menschen es so will. Es folgt einer unsichtbaren Choreografie: Man hat gar
nicht vor, mit einer anderen Person in Gleichschritt zu fallen, aber irgendwie
treten dann alle um einen herum zur Seite, und man stellt fest, dass man sich
ganz wie von selbst gefunden hat. So war es mir auch

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