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Coe, Jonathan

Coe, Jonathan

Titel: Coe, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die ungeheurliche Einsamkeit des Maxwell Sim
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starren. Solche Buttons muss man beim Onlinekauf anklicken, um sein
Einverständnis mit Bedingungen zu bekunden, die sowieso kein Schwein liest. Es
bleibt einem nichts anderes übrig, als zuzustimmen. Sie lassen einem nur die
Illusion einer freien Wahl, nicht mehr. So ist es inzwischen wohl allgemein
üblich.
    Als ich auf die Taste drückte,
erschien eine Landkarte. Sie zeigte die Autobahn, auf der ich fuhr, und sie
zeigte mich - oder zumindest mein Auto - als kleinen roten Pfeil, der sich
entschlossen in östlicher Richtung voranbewegte. Wie viele Satelliten mochten
in dem Augenblick auf mich gerichtet sein? Irgendwo meinte ich gelesen zu
haben, dass es bis zu fünf sind: fünf Augenpaare, die mich von ihrem Aussichtspunkt
irgendwo über den Wolken unter ständiger Beobachtung hielten. War das ein
beruhigender Gedanke oder ein beängstigender? Wie üblich kam ich zu keiner
Entscheidung. Das Leben stellte einen vor so viele neue Tatsachen, dass man
sich nicht mehr auskannte. Ich wusste nur, dass es früher anders gewesen war,
ganz anders, zu Zeiten eines Donald Crowhurst, der monatelang unbeobachtet im
Atlantik herumgedümpelt war und sich eingebildet hatte, indem er ein paar
getürkte Berechnungen in ein Logbuch schrieb, könne er der Welt weismachen, im
Südpolarmeer gegen die Stürme angekämpft zu haben. Solche Illusionen brauchte
man sich heutzutage gar nicht mehr zu machen.
    Der Verkehr auf der Autobahn
wurde stärker, und so war ich erleichtert, das Schild für die Abzweigung
Maidenhead und High Wycombe vor mir auftauchen zu sehen. Beim Einbiegen in die
Ausfahrt bremste ich eine Idee zu scharf. Dieses Auto hatte offenbar
ultrasensible Bremsen: Sie reagierten bei der leichtesten Berührung. Vor dem
Kreisverkehr staute sich der Verkehr auf beiden Spuren, auf jeder Spur warteten
ungefähr zehn Fahrzeuge. Ich musste anhalten und nutzte die vorübergehende
Ruhe, um einen der anderen Knöpfe neben dem Display zu drücken.
    Ich wählte den Button mit der
Aufschrift »INFO«. Es erschienen drei grüne Säulen. Ich brauchte eine Weile,
um zu begreifen, was sie bedeuteten. Offenbar repräsentierte jede von ihnen
fünf Minuten Fahrzeit und informierte einen über die Benzinmenge, die man in
diesem Zeitabschnitt verbraucht hatte. Im ersten Abschnitt hatte ich einen
Durchschnittsverbrauch von 8,3 Litern auf hundert Kilometern gehabt, im zweiten
Abschnitt waren es 5,7 Liter, im dritten 5,5 Liter. Nicht schlecht, aber damit
gewann man noch keine Preise. Ich hatte auf einen Durchschnitt von etwas über
vier Litern gehofft. Was machte ich falsch?
    Nachdem ich den Kreisverkehr
hinter mir hatte und in die High Wycombe Road bog, verlangsamte ich meine Reisegeschwindigkeit
auf siebzig Stundenkilometern, und augenblicklich begann meine
Treibstoff-Effizienz anzusteigen. Ich schien mich auf 3,8 bis 3,5 Litern pro
hundert Kilometer einzupendeln, also fuhr ich etwa zwei Kilometer lang in
diesem Tempo weiter, bis der Fahrer des hinter mir in der Spur gefangenen Autos
wütend seine Lichthupe bediente. Ich gab Gas und hatte ein schrecklich
schlechtes Gewissen, obwohl ich doch (wenn man es mal von der Seite aus betrachtete)
durchaus im Sinne der Umwelt handelte. Es würde schwierig werden, in diesem
Tempo bis nach Aberdeen zu fahren, auch wenn mir Lindsays
Fünfhundert-Pfund-Prämie dann nicht zu nehmen sein dürfte.
    Fünfzehn Kilometer weiter traf
die A404 auf die M40, und ich nahm die erste Ausfahrt aus dem Kreisverkehr,
wechselte auf die Autobahn und fuhr Richtung Nordwesten. Zu beiden Seiten
erstreckte sich England - zumindest das Wenige, das man von der Straße aus
davon sehen konnte - still und einladend, dezent in gedämpfte Grün- und
Grautöne gekleidet. Meine Stimmung hellte sich spürbar auf. Irgendwie hatte ich
Lust auf ein Abenteuer.
    Mein Plan sah so aus: Heute
wollte ich in geruhsamem Tempo bis Birmingham fahren und dabei so wenig Benzin
wie möglich verbrauchen. Ich würde nachmittags dort sein, mir ein Hotel suchen
und dann Mr und Mrs Byrne einen Besuch abstatten, den Eltern meines alten
Schulfreunds Chris Byrne und seiner Schwester Alison. Sie lebten noch in
Edgbaston, in einem Haus, dessen Garten direkt an den Stausee grenzte, ein
teilweise naturgeschütztes Naherholungsgebiet, und ich hatte am Wochenende
bereits mit Mr Byrne telefoniert: Ich hatte ihn angerufen und gefragt, ob er
(wie mein Vater vermutete) noch einen Zweitschlüssel für die Wohnung in
Lichfield hatte. Mr Byrne hatte geantwortet: Ja, die

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