Coe, Jonathan
du auf den
Shetlands sein?«, fragte Mrs Byrne.
»Da sind sie«, sagte Mr Byrne
und überreichte mir einen Schlüsselbund. »Sag mal, ist das dein Prius da
draußen?«
»Ich glaube, es kommt nicht so
genau drauf an, solange ich bis Ende der Woche dort bin«, antwortete ich Mrs
Byrne. »Ja«, sagte ich zu ihrem Mann. »Natürlich nur für diese Reise.«
»Na, dann könntest du doch
morgen bei Alison und Philip zu Abend essen, oder?«
»Und, wie ist er? Fährt er
sich gut?«
Philip war vermutlich Alisons
Ehemann. Den Namen meinte ich schon mal gehört zu haben.
»Ich fürchte, das wird nicht
gehen. Morgen Abend treffe ich mich mit Lucy - meiner Tochter - in Kendal. Ja,
er fährt sich traumhaft. Bis hierher zu euch habe ich weniger als viereinhalb
Liter auf hundert verbraucht. Und das Navi ist der Hammer.«
»Kendal? Was macht deine
Tochter in Kendal?«
»Viereinhalb sind nicht
schlecht. Wenn man bedenkt, dass das höchstens ein paar kleine Diesel-Autos mit
Mühe und Not schaffen. Wie viel Kubik hat der Motor?«
»Na ja ... Caroline hat mich
verlassen. Vor einem halben Jahr. Sie und Lucy leben jetzt in Kendal. Tut mir
leid, ich weiß nicht genau, wie viel Kubik der hat. Steht wahrscheinlich im
Handbuch.«
»Ach, Max - davon hab ich ja
gar nichts gewusst. Du musst ja am Boden zerstört sein. Ich frage mich, warum
Chris uns nichts davon erzählt hat.«
»Ich hab gehört, die
Beschleunigung soll nicht überragend sein. Wenig Reserven, wenn's beim
Überholen mal schnell gehen muss ... Ja, es war eine ... Enttäuschung. Die
größte Enttäuschung meines Lebens, um ehrlich zu sein.«
Mr Byrne starrte mich
entgeistert an, bis seine Frau ihm einen rügenden Klaps auf sein Knie gab.
»Er redet vom Scheitern seiner
Ehe, nicht von der Beschleunigung seines Autos. Kannst du vielleicht mal
zuhören?« An mich gewandt sagte sie: »Viele Beziehungen haben solche Einbrüche,
Max. Es renkt sich sicher wieder ein.«
»Das glaube ich kaum«, sagte
ich. »Sie sind ans andere Ende des Landes gezogen. Das scheint mir ziemlich
endgültig zu sein.«
»Habt ihr es mit Eheberatung
probiert?«, fragte Mrs Byrne.
»Hast du etwa rumgepimpert
oder so was?«, fragte Mr Byrne.
»Donald!«, sagte seine Frau
entgeistert.
»Ja«, antwortete ich. »Ich
meine, ja, wir haben es mit Eheberatung probiert. Und nein, rumgepimpert hab
ich nicht.«
»Max«, sagte Mrs Byrne. »Warum
bleibst du nicht zum Abendessen? Ich habe Hühnerpastete gemacht.«
»Du darfst das jetzt nicht auf
die Goldwaage legen«, sagte Mr Byrne. »Es ist nur so, dass mit Männern die
merkwürdigsten Dinge passieren, wenn sie die vierzig erst mal hinter sich
haben. Aus unerfindlichen Gründen kriegen sie auf einmal den unbezähmbaren
Drang, mit zwanzigjährigen Mädchen zu schlafen.«
»Würde ich wahnsinnig gerne
tun«, sagte ich. »Zum Abendessen bleiben, meine ich, nicht mit zwanzigjährigen
Mädchen schlafen. Obwohl das natürlich auch ... Jedenfalls fürchte ich, dass es
nicht geht. Das mit dem Abendessen, meine ich. Ich habe ... heute Abend schon
eine Verabredung.«
»Ach je. Na gut, dann mach ich
uns noch ein Kännchen Tee.«
Sie verschwand in die Küche,
ließ mich und Mr Byrne ein paar Minuten allein. Einen entsetzlichen Augenblick
lang befürchtete ich, er könnte mich in ein Männergespräch über meine
gescheiterte Ehe ziehen, aber das war eine unnötige Sorge. Wir redeten über den
Toyota Prius. Er erzählte mir von einem Artikel, den er gelesen hatte und
dessen Autor behauptete, der Herstellungsprozess des Autos sei so langwierig
und kompliziert, dass die ökologischen Vorteile des Hybridmotors dadurch
aufgehoben würden. Außerdem stehe noch ein dickes Fragezeichen hinter dem
Problem der Wiederaufbereitung der Batterie. Er schien eine Menge darüber zu
wissen. Allerdings hatte mich Mr Byrne, wie sein Sohn, früher schon mit seinem
umfangreichen Allgemeinwissen beeindruckt. Er gehörte (anders als ich) zu den
mit einem wissensdurstigen, forschenden Geist gesegneten Menschen.
Mrs Byrne blieb etwa zwanzig
Minuten verschwunden. Mir war nicht ganz klar, warum es so lange dauerte, eine
Kanne Tee zu kochen. Als sie wieder auftauchte, lieferte sie die Erklärung
gleich selbst.
»Tut mir leid«, sagte sie. »Ich
hab mit Alison telefoniert. Ich dachte, ich ruf sie gleich mal eben an. Sie
sagt, dass sie die ganze Woche zu Hause ist und sich freuen würde, dich Mittwoch
zu sehen.«
»Oh«, antwortete ich ein
bisschen sprachlos. »Na, das ist ja großartig,
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