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Coe, Jonathan

Coe, Jonathan

Titel: Coe, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die ungeheurliche Einsamkeit des Maxwell Sim
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tat die gewünschten zwei Löffel Zucker dazu. Ihre Hände zitterten
leicht. Vielleicht ein beginnender Parkinson? Ich nahm das Tablett mit den
Teetassen und trug es ihr nach in den Wintergarten.
    »Faszinierend«, sagte Mr
Byrne. Er begutachtete die IP009, hielt sie in das schwächer werdende
Nachmittagslicht, um sie eingehend von allen Seiten inspizieren zu können. »Was
ist euer Planziel? Wie viele willst du davon verkaufen?«
    »Es war immer eine Freude,
sich mit ihr zu unterhalten. Sie konnte jedem Anlass Leichtigkeit geben«, sagte
Mrs Byrne. Sie redete noch über meine Mutter. Es war mir schon aufgefallen,
dass es schwierig war, ein Gespräch mit Mr und Mrs Byrne zu führen, weil sie
ständig gleichzeitig über verschiedene Themen redeten.
    »Na ja, darum geht es
eigentlich nicht«, sagte ich (zu Mr Byrne). »Nicht um die Zahl der verkauften
Zahnbürsten. Es wäre nicht schlimm, wenn ich diese Woche keine einzige
verkaufe.«
    Das war nicht ganz richtig.
Zwar unterhielt Guest Zahnbürsten bereits Geschäftsbeziehungen mit den meisten
Einzelhändlern im Drogeriebereich - einschließlich der Supermärkte -, und die
Ware wurde normalerweise en gros geordert, entweder online oder telefonisch.
Trotzdem hatte Alan Guest zu mir gesagt, wenn sich in irgendwelchen
unabhängigen Läden die Chance böte, solle ich mein Glück ruhig versuchen und
die Ware vorzeigen. Auf diesen Aspekt meiner Reise freute ich mich nicht. Es
war lange her, seit ich das letzte Mal Klinken geputzt hatte.
    »Mein lieber Mann, das nenn
ich ein Design«, sagte er. »Vielleicht sollten wir dir ein paar davon
abkaufen.«
    »Also, wenn das so ist«, sagte
ich, langte in die Jackentaschen und brachte noch eine zum Vorschein, »dann
nehmt doch diese beiden als Geschenk. Mit den besten Empfehlungen von Guest
Zahnbürsten.«
    »Ist das dein Ernst?«
    »Absolut.«
    »Na, das ist ja toll. Ist das
nicht toll, Sue?«
    Mrs Byrne nickte abwesend und
war mit den Gedanken ganz woanders. Zuerst einmal teilte sie die Teetassen und
die selbstgemachten Scones aus, dann sagte sie: »Du musst also ganz rauf nach
Aberdeen fahren?«
    »Genau.«
    »Also, dann könntest du doch
eigentlich Alison besuchen. Sie freut sich bestimmt, dich zu sehen.«
    »Ach, hör auf, Sue«,
trompetete Mr Byrne. »Er hat doch keine Zeit für einen Besuch bei Alison. Sag
mal, Max, hat Harold die Wohnung in Lichfield eigentlich vermietet? Wir sind
seit Jahren nicht drüben gewesen, um nach dem Rechten zu sehen, und als wir das
letzte Mal mit ihm telefoniert haben, hat er so etwas angedeutet.«
    »Also, nun sag mal, warum
eigentlich nicht?«, sagte Mrs Byrne. »Und wenn's nur auf eine Tasse Tee ist,
das wäre doch schon was, und auf dem Weg nach Aberdeen kommt er doch durch
Edinburgh.«
    »Soviel ich weiß, hat Dad sie
nicht vermietet«, sagte ich zu Mr Byrne und fügte an seine Frau gewandt hinzu:
»Ich glaube, es gibt eine Umgehungsstraße. Ich komme gar nicht direkt durchs
Zentrum.«
    »Da geht ihm aber 'n Haufen
Miete durch die Lappen«, sagte Mr Byrne.
    »Ja, aber von der
Umgehungsstraße ist man ganz schnell bei Alison«, sagte Mrs Byrne.
    »Ich geh dann mal die
Schlüssel holen.«
    »Ich geh mal schnell den
Straßenatlas holen, und dann kann ich dir zeigen, wo es ist.«
    Während sie ihre Besorgungen
machten, nippte ich an meiner Teetasse, biss in meinen Scone und schaute
hinaus in ihren Garten. Es war ein schöner großer Garten, der sich in einer
Reihe abfallender Terrassen bis hin zum Stausee erstreckte. Hinter ihrem Zaun
konnte man den Rundweg erkennen. Ein Spaziergang von ungefähr einer halben
Stunde, meinte ich mich zu erinnern. Ich war ihn mal mit Alison gegangen, als
ich ungefähr fünfzehn war. Das war kurz bevor unsere Familien zusammen in den
Lake District gefahren waren. Wahrscheinlich war ich gekommen, um Chris zu
besuchen, und hinausgelaufen war es auf einen Spaziergang mit Alison, die zwei
Jahre älter war als ich, und mit der mich eine seltsame Freundschaft an der
Grenze zum Flirt verbunden hatte. (Ich hatte mich irgendwie verpflichtet
gefühlt, sie attraktiver zu finden, als es wirklich der Fall war, falls sich
darauf jemand einen Reim machen kann.) Sollte ich sie in Edinburgh besuchen?
Auf eine Tasse Tee bei ihr reinschauen? Seit Chris' Hochzeit vor über fünfzehn
Jahren hatte ich sie nicht mehr gesehen. Eigentlich sprach nicht viel dagegen
...
    Mr und Mrs Byrne kehrten
gleichzeitig zu mir zurück, ihre Gedanken folgten immer noch getrennten Wegen.
    »Wann genau musst

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