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Coelho,Paul

Coelho,Paul

Titel: Coelho,Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schutzengel
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gedacht habt. Es
ist tatsächlich ein Engel gekommen.«
    >Er hätte besser sagen sollen,
dass unsere Seele gewachsen ist<, dachte Paulo. Außerdem war der Mann, der
erschienen war, kein Engel gewesen - er hatte einen alten Laster gehabt und
englisch gesprochen.
    »Lasst uns gehen«, sagte Took und bat Paulo, den Wagen zu starten.
    Er setzte sich einfach auf den
Beifahrersitz, während Chris, auf Portugiesisch fluchend, auf dem Rücksitz
Platz nahm. Took begann, Anweisungen zu geben: »Fahr
hier längs, da längs, fahr schnell, damit der Wagen genügend kühlt, mach die
Klimaanlage aus, damit der Motor nicht heißläuft!« Immer wieder verließen sie
die buckligen Sandpisten und fuhren in die Wüste hinein. Aber Took kannte sich aus, er machte keine Fehler wie sie.
    »Was ist gestern passiert?«,
fragte Chris zum hundertsten Mal. Sie spürte, dass Took wollte, dass sie fragte; obwohl er seinen Schutzengel gesehen hatte, verhielt
er sich wie jeder junge Mann in seinem Alter.
    »Sonnenstich«, sagte er
schließlich. »Habt ihr noch nie einen Film über die Wüste gesehen?«
    Selbstverständlich. Durstige
Menschen, die sich auf der Suche nach ein wenig Wasser durch den Sand
schleppen.
    »Wir hatten keinen Durst. Die
beiden Wasserflaschen waren voll.«
    »Davon rede ich gar nicht«, fiel
ihm Took ins Wort. »Ich meine die Kleidung.«
    Die Kleidung! Die Araber mit ihren
langen Gewändern, mehrere Umhänge - einer über dem anderen. >Ja, wie konnten
wir nur so dumm sein?<, dachte Paulo. Dabei hatte er schon so viel darüber
gehört, war schon in drei anderen Wüsten gewesen... und hatte noch nie den
Wunsch gehabt, sich auszuziehen. Doch an jenem Morgen, als der See, zu dem sie
unterwegs waren, einfach nicht näher kam... >Wie konnte ich auf so eine
alberne Idee kommen?<, dachte Paulo.
    »Nachdem ihr euch ausgezogen habt,
ist das Wasser in eurem Körper sofort verdunstet. Wegen des vollkommen
trockenen Klimas schwitzt man nicht einmal. Nach fünfzehn Minuten wart ihr
bereits dehydriert. Man hat keinen Durst - man ist nur leicht
orientierungslos.«
    »Und die Erschöpfung?«
    »Die Erschöpfung ist der nahende
Tod.«
    >Ich habe bemerkt, dass es der
Tod war<, sagte sich Chris. Wenn sie irgendwann einmal vor der Wahl stünde,
wie sie auf sanfte Art diese Welt verlassen könnte, würde sie wieder nackt
durch die Wüste gehen.
    »Die meisten Leute, die in der
Wüste sterben, tun es, obwohl ihre Wasserflaschen voll sind. Die Dehydrierung
vollzieht sich so schnell, dass man sich fühlt, als hätte man eine ganze
Flasche Whisky getrunken oder eine Überdosis Beruhigungsmittel genommen.«
    Took bat sie,
von nun an ständig Wasser zu trinken - auch wenn sie keinen Durst hatten, denn
das Wasser musste im Körper bleiben.
    »Aber es ist ein Engel erschienen«,
sagte er.
    Bevor Paulo noch sagen konnte, was
er darüber dachte, bat ihn Took , in der Nähe eines
Hügels anzuhalten.
    »Wir steigen hier aus und gehen
den Rest des Weges zu Fuß.«
     
    Sie gingen einen Pfad entlang, der
den Hügel hinaufführte. Sie waren erst wenige Minuten gegangen, als Took einfiel, dass er die Taschenlampe im Wagen vergessen
hatte. Er ging zurück, um sie zu holen, und blieb dann eine Weile auf der
Kühlerhaube sitzen und schaute in die Weite.
    >Chris hat recht. Einsamkeit
tut den Menschen nicht gut. Er verhält sich eigenartig<, dachte Paulo,
während er zu Took hinuntersah.
    Kurz darauf war er wieder bei
ihnen, und sie gingen weiter.
    Nach vierzig Minuten hatten sie
ohne größere Schwierigkeiten den Gipfel des Hügels erreicht. Hier wuchs eine
karge Vegetation, und Took bat seine Begleiter, sich
mit dem Gesicht nach Norden hinzusetzen. Er war jetzt weniger mitteilsam,
sondern konzentriert und in sich gekehrt.
    »Ihr seid auf der Suche nach
Engeln hierhergekommen «, sagte er, während er sich
neben sie setzte.
    »Ich bin deswegen gekommen«, sagte
Paulo. »Und ich weiß, dass du mit einem gesprochen hast.«
    »Vergiss meinen Engel! Viele Leute
hier in der Wüste haben schon mit ihrem Engel gesprochen oder ihn gesehen. Und
auch viele Leute in den Städten, auf dem Meer und in den Bergen.«
    Seine Stimme klang ungeduldig.
    »Denk an deinen Schutzengel!«,
fuhr er fort. »Denn mein Engel ist
hier, und ich kann ihn sehen. Dies hier ist mein heiliger Ort.«
    Paulo und Chris erinnerten sich
beide an die erste Nacht in der Wüste. Und sie stellten sich wieder ihren Engel
vor, mit seinem Gewand und seinen Flügeln.
    »Ihr solltet immer einen heiligen
Ort haben.

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