Coins - Die Spur des Zorns
übernachten. Allerdings konnten meine Leute seinen Aufenthaltsraum nicht identifizieren. Sie haben den Typen akustisch überhaupt nicht erfassen können. Insofern besteht diesbezüglich keine Kenntnis, wenn Sie so wollen, ein Risiko.“
Steiner blickte von einem zum andern. Wieder allgemeines Nicken. „Gut. Kevin, du übernimmst. Erzähl‘ den Herren, was ihr vergangene Nacht festgestellt habt!“
Der Obermaat trat an den Kartentisch, blickte in die Runde. „Ich mach’s kurz. Wie Kapitänleutnant Steiner ausführte, konzentrierten wir uns auf das Unterdeck. Im Vorderschiff sind die Kojen der Crew. Der Treppenabgang hierzu befindet sich auf der Backbordseite. Es gibt zu den Crew-Kabinen nur diesen einen Abgang. Das erleichtert die Aufgabe. Im Mittelschiff befinden sich vier weitere Kabinen. Diese sind gegenüberliegend angeordnet, zwei nebeneinanderliegende Kabinen Richtung Bug, die beiden anderen mittschiffs, ebenfalls nebeneinander liegend. Diese vier Kabinen sind ebenfalls nur durch einen einzigen Treppenabgang erreichbar, im Falle einer Befreiungsaktion wäre dies der wichtigste. Sie finden ihn mittschiffs auf der Steuerbordseite, unmittelbar neben dem Aufgang zum Ruderstand.“ Der Obermaat tippte mit dem Zeigefinger auf die betreffende Stelle der Zeichnung. „Halten Sie sich im Salon rechts, hinter dessen Ende befindet sich linkerhand der Treppenabgang. Er mündet in einen Zwischenflur, zwei Türen Richtung Bug, Richtung Schiffsmitte ebenfalls zwei Türen. Die Mädchen halten sich auf der Steuerbordseite in der bugseitigen Kabine auf. Schauen Sie hier!“ Er tippte auf die entsprechende Stelle der Zeichnung des Unterdecks. „Unmittelbar am Fuß der Treppe wenden Sie sich nach rechts. Dort stoßen Sie auf die Kabinentür der Mädchen. Die Tür links davon führt in die backbordseitige Kabine. In der ist die unbekannte Frau untergebracht. Fragen hierzu?“
„Sie sind sich da so sicher?“ Pohl sah den Obermaat ungläubig an. „Das können Sie mit Ihrer Abhörerei eindeutig bestimmen?“ Ihm war die Sorge anzusehen, dass sie möglicherweise das Versteck seiner Töchter verfehlen könnten. Das alles musste doch rasend schnell vonstatten gehen!
„Wir können mit unserer Methode Schallquellen eindeutig lokalisieren und anhand der Zeichnungen den jeweiligen Kojen zuordnen. Es besteht kein Zweifel – Ihre Töchter befinden sich zumindest nachts in dieser Kabine.“
„Sie können ihre Gespräche wirklich hören? Ich meine, Sie können verstehen, was sie sagen?“
„Wenn im Hafen kein Verkehr ist, ist das bei ruhigem Oberflächenwasser durchaus möglich. Zurzeit ist es verdammt stürmisch. Der Wellenschlag am Schiffskörper überlagert die Gespräche. Manche Wörter waren verständlich, die Überwiegenheit war es nicht. Aber wenn wir lange genug horchen, können wir nicht nur die Orte, sondern auch die Anzahl der Schallquellen identifizieren und unterschiedlichen Personen zuordnen. Dadurch stießen wir auf besagte ‚Tante Helena‘.“
„Haben Sie eine Vorstellung, welche Rolle Tante Helena spielt?“ Schöller war mit der Fragestellung Pohl zuvorgekommen. Der Professor nickte heftig, um auch sein Interesse zu unterstreichen.
„Tante Helena scheint die Kontaktperson zu den Kindern zu sein. Jedenfalls war sie dies während des gesamten Lauschangriffs. Sie würden sie sonst sicherlich nicht mit ‚Tante‘ ansprechen. Der Tonfall der Gespräche ließ darauf schließen, dass zwischen Ihren Töchtern und dieser Frau keine Konflikte bestehen.“ Der Obermaat lächelte Pohl an. „Auch Sie wurden mehrfach erwähnt. Ihre Töchter nennen Sie doch ‚Papa‘, oder?“
„Ja, das ist richtig.“ Pohl spürte, dass seine Knie zu zittern begannen.
„Auch die Frau sprach von ‚Papa‘. Es scheint, wie schon gesagt, ein Vertrauensverhältnis zwischen den Kindern und ihr zu bestehen. Jedenfalls gab es keine Hinweise auf Stress oder irgendwelche Missstimmungen. Es wurde auch nicht geweint. Wenn Sie mich fragen – Ihren Töchtern geht es erstaunlich gut. Immerhin dauert diese Entführung, wenn ich richtig informiert bin, inzwischen vier Wochen!“
Schöller hob die Hand zur Wortmeldung, sah Pohl fragend an. „Sie haben noch immer keine Ahnung, wer diese Tante Helena sein könnte?“
Pohl hob ratlos die Achseln. „Nicht die geringste. In meinem gesamten Familien- und Bekanntenkreis gibt es keine Helena.“
„Wir werden es ja erfahren.“ Schöller nickte dem Obermaat zu. „Entschuldigung. Machen Sie
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