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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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weiter!“
    „Im Prinzip bin ich mit unseren Beobachtungen, soweit die Mädchen betroffen sind, durch. Ich komme auf die beiden Kabinen mittschiffs zu sprechen. An Steuerbord – also die linke Tür unmittelbar neben dem Treppenfuß – befindet sich vermutlich die Kabine des Kapitäns. Sie war während des vierstündigen Lauschangriffs unbenutzt. Das deckt sich mit der Beobachtung von der Mole aus. Der Kapitän hielt sich während dieser Zeit im Ober- und im Zwischendeck auf. Die benachbarte Kabine wird vermutlich von der Freiwache oder dem Unbekannten belegt. Dort lief jedenfalls ein Fernseher. Es wurde dort auch gesprochen, vermutlich telefoniert …“
    „Ist gut, Kevin. Ich glaube, hiermit ist das Wesentliche gesagt, was die Belegung der Kabinen angeht. Ich fasse zusammen: Es gibt insgesamt drei Treppen, deren Lage wir verinnerlichen müssen, zwei davon sind zu sichern, die ins Oberdeck und die im Vorschiff ins Unterdeck zu den Mannschaftskojen führende. Die dritte Treppe endet mittschiffs im Unterdeck. Dort ist auf vier Türen zu achten: Richtung Bug sind an Steuerbord die Mädchen untergebracht, an Backbord die ominöse Tante Helena. Sie sollte uns nicht vor unbeherrschbare Probleme stellen, insbesondere dann nicht, wenn sie überrascht und umgehend zum Schweigen gebracht wird. Aber hinter den gegenüberliegenden Türen droht möglicherweise Gefahr! Hierauf ist das Angriffsszenario abzustimmen.“ Der Kapitänleutnant blickte in die Runde. „Gibt es Fragen hierzu?“
    Ein entnervendes Alarmsignal zerriss die erwartungsvolle Stille. Schöllers Handy! Er zog es hastig aus der Tasche, hielt es entschuldigend in die Höhe. „Sorry! Es gibt Nachrichten.“ Ohne die Erwiderung des Kapitänleutnants abzuwarten hatte er in erstaunlicher Eile den Kofferaufbau des Unimog verlassen.
    Steiner grinste. „Muss gute Nerven haben, der Hauptkommissar. Bei dem Klingelton hätte ich das Handy längst im Hafenbecken versenkt. Unterbrechen wir, bis Herr Schöller zurück ist! Vielleicht gibt es Dinge, die wir zu berücksichtigen haben.“
     
    Auf der Brücke der Baltic Vis, ein Stückgutfrachter der siebziger Jahre . Jamal Khan griff nach der Kotztüte. Seit sie das Kattegatt durchquerten, hatte sich das Äußere seines sonst ockerfarbenen Gesichts zunehmend dem Farbton der grün-grau kochenden See angeglichen. Mit einem Wort: Jamal Khan war kein Seemann und schon gar nicht solchen Seegang gewohnt. Er war durchaus erfahren und belastbar, selbst delikateste Aufträge auszuführen, dies auch unter erschwerten, zuweilen durchaus dramatischen Bedingungen, aber dann bitte an Land! Das hier war eindeutig zu viel! Das Geräusch seines Würgens ging unter im Heulen des Sturms, doch sein vornüber gebeugter, sich in Krämpfen schüttelnder Körper verriet auch so seine Qual.
    Tomislav Korosec, sturmerprobter Kapitän der Baltic Vis, grinste, ohne das Glas von den Augen zu nehmen. „Marko, sag‘ dem Inder, er soll unter Deck gehen! Der kotzt mir sonst die Brücke voll.“
    Marko nickte, wartete einen Moment, bis die Kränkung des Schiffs den Wendepunkt erreichte, dann durchquerte er mit professioneller Körperbalance die Schiffsbrücke. Auch er musste am Kartentisch Halt suchen, als das Vorschiff fahrstuhlgleich in die Höhe schoss. Jamal Khan hatte ihn nicht bemerkt. Sein simultanes Bemühen um festen Stand und zielgenaue Magenentleerung ließ das Geschehen um ihn herum bedeutungslos werden. Er wollte nur eines: festen Boden unter den Füßen! Und das bitte bald und lebend!
    Marko zog sich an der Tischplatte zu Jamal Khan hinüber, ergriff seinen linken Oberarm. Erschrocken zog der Inder den Kopf aus der Tüte. Speichel floss von seinen Mundwinkeln, die Augen tränten vor Anstrengung. Was wollte der Offizier von ihm? Er schnappte nach Luft, unfähig, auch nur ein Wort zu sprechen. In seinem Blick irrlichterte Todesangst.
    „Gehen Sie unter Deck, Mister Khan! Das hier ist nichts für Sie!“
    Unter Deck? Niemals! Er würde dort zu spät mitgekommen, wenn das Schiff zu sinken begänne. Der Inder schüttelte vehement den Kopf. Marko erkannte auf Anhieb, dass mit dem Seekranken nicht vernünftig zu reden war. „Dann schauen Sie wenigstens auf einen Fixpunkt hier im Schiff und nicht auf den Horizont!“
    Einen Fixpunkt? Das tat er doch fortgesetzt! Der war in der Tüte! Wieder hob sich das Schiff, gepackt von elementarer Gewalt. Der Inder klammerte sich an die Tischplatte, sein längst entleerter Magen schien in tieferen

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