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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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hatte eine weiche, eher tiefe Stimme, sprach akzentfrei und die wenigen Worte, die er zum Besten gab, waren fehlerfrei. Vermutlich lebte er schon lange in Deutschland. „Moment, bitte!“ Zumindest musste er das Grundstück verlassen haben, bevor Charif dahinter kam, dass nicht Hassan, sondern ein Fremder hinterm Steuer saß.
    Aus Pohls Sicht dauerte es eine Ewigkeit, bis sie endlich das Tor passiert hatten. Er bog Richtung Autobahnzubringer ab, beschleunigte den Wagen. „Nun erzähl! Was war mit dem Garagentor?“
    „Der Antrieb klemmt. Die Schubstange hat sich verbogen.“
    „Hast du Fatima Bescheid gesagt?“
    Pohls Herz pochte. Dennoch spürte er den Anflug der Erleichterung. Bisher hatte Charif nichts gemerkt! Doch wer, zum Teufel, war Fatima? Was sollte es, er musste antworten. Vielleicht gab der weitere Gesprächsverlauf Aufschluss. „Hab‘ ich.“
    „Sie kümmert sich darum? Du weißt, dass wir kein Risiko eingehen können. Vielleicht hat jemand den Antrieb manipuliert.“
    „Sie ruft um acht Uhr den Service an.“
    „Den Service? Sag‘ mal, hast du noch alle Tassen im Spind? Das macht Monir! Wir können doch keine Fremden daran lassen! Ruf sofort Fatima an und sag ihr das! Mann, ich hätte dich längst rausschmeißen sollen …“ Er unterbrach den aufkommenden Redefluss, als die Vollbremsung ihn in den Gurt presste. Er starrte erschrocken nach vorn auf die Straße. Sie verlief pfeilgrade durch ein Waldgebiet, nirgends ein Hindernis. Der Wagen kam mit einem Ruck auf dem Seitenstreifen zu stehen. „Eh, was soll das?“ Er griff Hassan an die Schulter, schüttelte ihn. „Morgen früh holst du dir die Papiere! Du weißt, was das bedeu …“ Seine Stimme erstarb, als er in die Pistolenmündung blickte. Erst jetzt erkannte er die hauchzarten Gummihandschuhe, verstand auf Anhieb deren Bedeutung. Die verhieß Böses.
    „Hör zu, Samir Charif! Solltest du einen einzigen Fehler begehen, wirst du den Sonnenaufgang nicht erleben. Kapiert?“
    Charif benötigte ein, zwei Sekunden, bis er begriff, dass ihn dort unter der Schirmmütze ein fremdes Gesicht ansah, schlimmer noch, die Mimik des Fremden versprach ganz und gar nichts Gutes! Sein beschleunigter Herzschlag pulsierte geräuschvoll in den Ohren. Er sperrte unbewusst den Mund auf, erschrak über seine Unfähigkeit, auch nur ein einziges Wort hervorbringen zu können. Erst jetzt wurde er sich des lähmenden Schocks, der unterschwellig aufkommenden Todesangst bewusst. Wer war dieser Fremde? Was hatte er vor?
    „Hast du das verstanden? Ein Fehler, und dein Hirn klebt am Dachhimmel!“
    Charif nickte. Er war leichenblass, noch immer stand sein Mund offen, Speichel lief ihm in dünnen Bahnen aus den zuckenden Mundwinkeln. Sein starrer Blick verriet pure Angst, die sich lähmend über sein Reaktionsvermögen legte. Charif, gefürchteter Pate, war nichts als ein Häufchen Elend.
    „Ich will es hören!“
    Die Gestik des Fremden war unmissverständlich; der Geduldigste schien er nicht zu sein. Umso entschlossener war seine Körpersprache. Charif verzichtete darauf, seine Situation zu analysieren, zu schauen, ob sich irgendwo ein Ausweg bot. Zu groß war der Schock, klares Denken zu gestatten, allein der Instinkt hatte Macht über sein Handeln. Dieser Instinkt sagte ihm, dass er chancenlos war. Er gab sich geschlagen, ohne sich ernsthaft zur Wehr gesetzt zu haben. Dieses Bewusstsein verletzte ihn zutiefst. Er war ein Feigling, hasste sich aus diesem Grund. „Ich hab‘ verstanden.“ Es klang selbst in seinen Ohren kläglich.
    „Gut. Dies ist eine 9mm-Pistole. Ihre Kugeln durchschlagen spielend die Karosse, erst recht die Verglasung. Diese Waffe wird permanent auf dich gerichtet sein, wenn ich jetzt aussteige und mich neben dich setze. Eine Unvorsichtigkeit, und du bist nicht mehr. Hast du das kapiert?“
    Charif nickte unterwürfig.
    „Ich will es hören, verdammt noch mal!“
    Die Schärfe in der Stimme des Fremden ließ Charif zusammenfahren. „Ich hab‘ verstanden.“ Seine Stimme vibrierte.
    „Leg‘ die Hände auf den Vordersitz und rühr dich nicht!“
    Charif kam Pohls Aufforderung eilfertig nach. Pohl setzte sich zu ihm auf die Rückbank, erkannte, dass der Libanese am ganzen Körper zitterte. Nicht mehr viel, dann hätte er Charif soweit zermürbt, von wahrheitsgemäßer Beantwortung seiner Fragen ausgehen zu können. Allein hierauf kam es an. Es war die letzte Chance! „Ich gebe dir jetzt etwas, das dir dein Schicksal verdeutlichen wird.“

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