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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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…“
    „Mach zu!“
    Pohl war sich sicher, dass Charif keine Waffe in der Hosentasche versteckt hatte. Dennoch erhöhte er vorsorglich den Druck auf Charifs Rippen, erkannte allerdings, dass dies nicht nötig war: Charifs Hände zitterten wie Espenlaub, als er sich das Kinn abwischte. Der Libanese war ein gleichermaßen mentales wie physisches Wrack, zu keiner nennenswerten Gegenwehr mehr fähig. Es war an der Zeit, sein Wissen aus ihm herauszupressen, bevor er gänzlich kollabierte. „Wer ist dein Auftraggeber?“
    Er hatte bewusst die Frage so formuliert, um zu sehen, ob sie Charifs Widerspruch auslöste. Bisher hatte er stets von ‚uns‘ gesprochen. „Den Auftraggeber kennen wir nicht. Wir werden über Agenturen beauftragt.“
    Charif blieb beim Plural. Vielleicht hatte er in der Aufregung Pohls Finte nicht erkannt. Oder es gab tatsächlich mehrere Verantwortliche. Plötzlich besann sich Pohl. Seine Rachegelüste mochten noch so groß sein, wichtiger war die Befreiung seiner Töchter! Er war zuversichtlich, die Hintergründe der Entführung später noch herauszufinden. Zunächst aber musste er den Aufenthaltsort der Zwillinge in Erfahrung bringen. „Du sagtest, die Mädchen seien auf einem Schiff untergebracht. Wo befindet sich dieses Schiff? Wie heißt es? Wem gehört es?“
    „Das Schiff heißt Henrietta; ist eine seegängige Yacht. Sie gehört einem britischen Vercharterer.“
    „Wo liegt das Schiff? Oder ist es auf See? Wo liegt der Bestimmungshafen? In England?“
    Pohl hatte erhebliche Mühe, seine Aufgeregtheit zu verbergen. Er wähnte sich ganz nah am Ziel. Charif wirkte ein wenig erleichtert, ihm war das offensichtlich nicht entgangen. Außerdem konnte er die Frage des Fremden beantworten. Über die Konsequenzen im eigenen Lager machte er sich in diesem Augenblick keine Gedanken, zunächst galt es, das eigene Fell zu retten. Alles andere ergäbe sich später. Sicher, auch dann würde es möglicherweise gefährlich, aber lebensbedrohlicher als die aktuelle Situation konnte es kaum werden. „Das Schiff liegt in Sassnitz.“
    „In Sassnitz? Sassnitz auf Rügen?“
    Charif nickte. Pohl hakte nach: „Ist das lediglich ein Versteck oder soll das Schiff mit den Mädchen auslaufen? Denk daran: Die Unwahrheit wird schmerzhaft!“
    „Es soll zu gegebener Zeit auslaufen. Wann genau, weiß ich nicht. Glauben Sie mir!“ In den Augen des Libanesen spiegelte sich Todesangst. Es war nicht allein der bedrohliche Auftritt des Fremden, es war vor allem der ungewisse Ausgang dieses Verhörs, der ihn zunehmend panisch reagieren ließ.
    „Zu gegebener Zeit? Was bedeutet das?“
    Charif begann wieder verstärkt zu schwitzen. „Es gibt eine Verzögerung. Wegen des Fahndungsdrucks, jetzt auch wegen des Wetters.“
    Pohl schüttelte unwirsch den Kopf. Charif beobachtete es mit Unbehagen. Er wusste, dass das, was er preiszugeben hatte, einer Gratwanderung gleichkäme, verdeutlichte es doch seine Verstrickung in das Verbrechen. Doch hatte er eine Wahl? Die Mimik des Fremden ließ keinen Zweifel aufkommen: Er hatte keine!
    „Könntest du das vielleicht präzisieren? Ich will keine Rätsel, ich will Auskünfte!“
    Charif spürte den erhöhten Druck der Mündung im Bereich der kurzen Rippen. Er hatte die Waffe fast schon vergessen. Nur das nicht wieder! „Die Henrietta sollte längst ausgelaufen sein. Wohin, das weiß ich wirklich nicht! Unsere Zuständigkeit endet auf See vor Sassnitz. Die Mädchen sollen dort übergeben werden. Das müssen Sie mir glauben! Wir bekamen Anweisung, solange in Sassnitz zu bleiben, bis der Fahndungsdruck nachgelassen hat. Die Übergabe stand unmittelbar bevor, aber es ist Sturm aufgekommen. Deshalb verzögert sie sich. Mehr weiß ich wirklich nicht.“
    „Das heißt, ihr habt zu einem noch nicht bekannten Zeitpunkt auf Aufforderung die Mädchen an ein anderes Schiff zu übergeben. Richtig?“
    Charif nickte. Instinktiv fasste er sich an den Hals, als würde ihm der Kragen zu eng. Er war sich bewusst, dass das Gespräch nun eine äußerst kritische Phase erreichte. Prompt fasste der Fremde nach: „Weißt du eigentlich, was für eine Drecksau du bist? Um dich zu bereichern, lieferst du einem geilen Bock zwei Elfjährige aus!“
    „Es tut mir leid! Ich wurde gezwungen …“
    Charif sah den Fremden beschwörend an. Er schmeckte im trockenen Mund den faden Geschmack der Todesangst. Pohl musterte ihn verächtlich, roch den Angstschweiß des Libanesen. Es machte ihn wütend. Was hatte

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