Coins - Die Spur des Zorns
diese Kreatur seinen Töchtern angetan, und nun fürchtete sie um ihr beschissenes Leben! „Was glaubst du wohl, wie du im Knast als pädophile Schwuchtel behandelt wirst …“
„Das bin ich nicht! Ich hab‘ vier Söhne …“
„… die das Kotzen bekommen werden, wenn sie erfahren, welcher Wicht ihr Vater ist! Und ich schwöre dir, sie werden es erfahren!“
„Aber ich bin nicht schwul! Und pädophil schon gar nicht!“ Charif war in höchstem Maße erregt, griff sich erneut ans Herz. Pohl drückte ihm ungerührt die Waffe tiefer in Rippen.
„Wie alt sind deine Söhne?“
„Fünfzehn, dreizehn, elf, der Jüngste ist acht.“
„Was glaubst du? Werden deine Söhne stolz auf dich sein, wenn sie erfahren, dass du mit Kindern ihres Alters einträglichen Handel treibst, um die Abartigkeit pädophiler Lustmolche zu bedienen? Wenn sie erfahren, dass ihr komfortables Leben den entwürdigenden Missbrauch ihrer Altersgenossen zur Voraussetzung hat? Ich sag dir, was sie tun werden! Sie werden auf deinen Sarg pissen, sich ihr Leben lang zu Tode schämen, dich als Vater gehabt zu haben!“
„Aber das stimmt doch alles nicht …“
„Kein Mensch wird dir glauben! Nicht ein Wort, wenn die Welt erfährt, was du im Babylon getrieben hast! Willst du der Verachtung entgehen, wirst du dich umbringen müssen! Glaube mir, Tag für Tag von Mitgefangenen verprügelt und vergewaltigt zu werden, ihre Schiffe saufen und ihre Scheiße fressen zu müssen – das ist grausamer als jedes Fegefeuer! Tust du nicht das, was ich von dir fordere, wird genau das dein Schicksal sein!“
Charif riss ungestüm die Wagentür auf, fand jedoch nicht mehr die Zeit, sich weit genug nach draußen zu beugen. Er kotzte gegen die Innenverkleidung der Tür. Um Atem ringend ignorierte er den Druck der Walther; er war bereit zu sterben. Wie sollte er sich seinen Söhnen erklären, ohne deren allertiefste Verachtung auszulösen? Insgeheim hoffte er darauf, dass ihn der Fremde von dieser Schmach erlöse. Ein einziger Schuss, und es wäre ausgestanden! Doch es fiel kein Schuss. Charif starrte ungläubig auf die offenstehende Tür. Zähflüssig rann das Erbrochene die Lederverkleidung hinab, tropfte von dort schleimig zu Boden. Das war ein schlechter Traum! Das konnte nicht wahr sein!
Pohl bekämpfte indessen die eigene aufkommende Übelkeit. Einfach widerlich, wie der Libanese sich gab! Und dieser elende Gestank! Egal – er musste da durch; jetzt kam der wichtigste Teil der Aktion! „Lass die Tür offen und wisch dir das Kinn ab!“
Charif erschrak. Die harsche Aufforderung des Fremden hatte ihn in die Wirklichkeit zurückgeholt. Er suchte auf dem Bodenteppich nach dem Taschentuch, fand es schließlich und wischte sich gehorsam das Kinn. Er spürte, wie der Fremde die Waffe von seinem Genick nahm, atmete kurz auf, um sie sogleich wieder auf den kurzen Rippen zu spüren. Überrascht bemerkte er, dass ihn dies nicht mehr in Angst und Schrecken versetzte. Die Schande wog offensichtlich schwerer als der gewaltsame Tod! Hätte er nicht unsägliche Angst, er würde den Fremden angreifen, jetzt, in diesem Moment, in der Hoffnung, bei dessen Gegenwehr tödlich getroffen zu werden. Im selben Moment hätte alles ein Ende. Warum nur war er solch ein Feigling?
„Pass auf, was ich dir zu sagen habe!“
Charif nickte intuitiv. Was wollte ihm der Fremde denn noch sagen? Die Situation war doch klar! In Charifs Blick lag resignative Ergebenheit. Oder war es an Fatalismus grenzende Gleichgültigkeit? Pohl bemerkte es mit Argwohn. Sicher, er musste den Libanesen brechen, wollte er ihn instrumentalisieren, doch er durfte hierbei nicht zu weit gehen. Er musste Charif auf den schmalen Grat treiben, der den Überlebenswillen von selbstmörderischer Resignation trennt, ihn darauf halten, bis er die letzte Information aus ihm herausgepresst hatte. Hierauf war die Strategie angelegt, jedes Abweichen gefährdete ihre Umsetzung. „Hörst du überhaupt zu?“
„Natürlich hör‘ ich zu! Bleibt mir doch gar nichts anderes übrig!“
Das klang schon besser! Pohl registrierte Charifs zaghaft anklingende Aufmüpfigkeit mit gewisser Genugtuung, glaubte er doch daraus entnehmen zu können, dass der Libanese um sein Leben, vor allem aber die Achtung seiner Söhne kämpfen würde. „Du wirst alles unternehmen, das Auslaufen der Henrietta zu verhindern. Und du wirst dafür Sorge tragen, dass den Mädchen nichts geschieht. Solltest du das nicht tun, wird die Öffentlichkeit
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