Cold Belt - Band 1 - Feuerblut (German Edition)
dichten Blätterzweige beiseite, die ihr Grundstück von dem angrenzenden Feldweg trennten. Direkt gegenüber war der Warm Shelter, dessen Licht blau schimmerte. Je näher Lilly herantrat, desto dichter wurde die Nebelwand, die sich vor ihr aufbaute. Das ungepflügte Feld, welches sie von ihrem Fenster aus hatte sehen können, verschwand im Nebel und kleine, neonblaue Lichter, die neben der durchsichtigen Röhre in zwei Meter Abstand eingesetzt waren, begannen warnend zu blinken. Bewegungssensoren nahmen Lillys Regung wahr, andere Sensoren ihre menschliche Gestalt und Wärme. Bei kleineren Tieren, wie etwa Hunden oder Katzen, reagierten die Sensoren nicht, denn natürlich kam es vor, dass sich Tiere in ein Cold Belt verirrten. Diese waren meist hoffnungslos verloren. Denn irgendetwas mussten die Vampire ja essen oder besser gesagt trinken. Die meisten Clans genossen ihre frische Beute. Es war eine wohlschmeckende, frische Abwechslung zu ihrer sonstigen Nahrungsaufnahme, die sie durch Blutspenden oder aus den Schlachthäusern bekamen. Eine feine Gänsehaut überzog Lillys Körper und ihre Unterlippe war leicht gerötet, da sie nervös darauf herumbiss. Einige ihrer langen Haarsträhnen fielen ihr ins Gesicht. Sie streifte sie hinter ihr Ohr und sah sich die große Nebelwand des Warm Shelter genau an. Es faszinierte sie, dass, je näher man an einen Warm Shelter kam, der Nebel umso dichter wurde, so dass man nicht mehr hindurchsehen konnte.
„ Wow …“, staunte sie und blickte sich aufmerksam um, bevor sie noch etwas näher herantrat. Dass die blauen Lichter am Warm Shelter alle aufblinkten, störte sie nicht weiter, denn alleine der Gedanke daran, dass direkt hinter dieser Nebelwand Vampire waren, fand sie über alle Maßen spannend.
Sehen konnte man sie vom Cold Belt aus nicht, auch wurden die Gerüche der Menschen durch den Warm Shelter abgehalten. In früheren Interviews und Berichterstattungen, die oft im Fernsehen liefen, wurde auch von einigen Cold Belts aus gefilmt. Die Vampire sagten stets, dass es sie am Anfang sehr gestört hatte, den Geruch der Menschen wahrnehmen zu können. Doch mit neuester Technik konnte auch dieses Problem gelöst werden.
Über den Clan, der hier lebte, würde sie zu gerne mehr erfahren. Im Internet standen zwar einige Daten über die Lapiz, wie sie sich nannten, doch einen echten Einblick ermöglichte ihr das nicht. Es war jedenfalls ein kleines Cold Belt mit siebzehn Vampiren, die alle bislang nur positiv in Erscheinung getreten waren. Da sie alle Berichterstattungen von Carsey Benton verfolgte, sah sie auch manchmal sein Haus, aber nie die anderen Vampire, die mit ihm zusammen in dem Cold Belt lebten.
Lilly faltete und knetete ihre Hände. Auch wenn es bereits Juni war, machte ihr die Kälte der Nacht zu schaffen. Durch die Jahreszeitenverschiebung war der Sommeranfang offiziell auf den 2. September verlegt worden. Es würde also noch dauern, bis es abends warm genug war, um nicht mehr zu frieren.
Ihr Atem wurde bereits in der Kälte sichtbar und sie seufzte leise vor sich hin und ärgerte sich, dass sie ihre Strickjacke nicht mitgenommen hatte.
Ein letztes Mal sah sie die Nebelwand hinauf, die, wie bei jedem Warm Shelter üblich, hundertfünfzig Meter in die Höhe ragte. Dann stahl sie sich zurück in ihr Zimmer, wo sie gleich in ihr Bett ging. Kaum lag sie dort, hörte sie ihre Eltern die Haustür aufschließen.
Jetzt lebte sie schon so nah an einem Cold Belt, Harts war sogar von neun davon umringt, kam dann aber letztlich doch nicht an die Vampire heran. Sicher, sie könnte all ihren Mut zusammennehmen und durch die Nebelwand des Warm Shelter rennen. Doch was dann? Jedem Vampir einmal die Hand schütteln und dann in Gewahrsam genommen werden? Nein. Obwohl sie Carsey gerne einmal persönlich kennenlernen würde. Er übte auf Lilly eine Faszination aus, die sie sich selbst nicht erklären konnte.
Hier in West Virginia waren die Strafen sehr hoch. Mindestens vier Jahre Gefängnis gab es alleine für das Durchdringen eines Warm Shelters. Für Anhänger der Hallow Release, die versuchten, von einem Vampir gebissen zu werden, wurden sogar Strafen in Höhe von bis zu zwanzig Jahren verhängt. Das war es ihr dann doch nicht wert, weder für Jahre in einem Gefängnis zu landen noch mit jemandem vom Hallow Release in Verbindung gebracht zu werden. Deren Anhänger waren ihr schon immer suspekt gewesen. In New York gab es auch einige Gruppen, die sich ein- bis zweimal in der Woche
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