Cold Belt - Band 1 - Feuerblut (German Edition)

Kinder, ein Gästezimmer und ein geräumiges Elternschlafzimmer. Einen Dachboden oder einen Keller gab es nicht.
    Leonhard stürmte die Holztreppe hinauf, fand dank der offenen Türen in sein Zimmer, in dem sein Bett bereits aufgebaut war und seine persönlichen Sachen lagerten. Er machte sich gleich über seinen Computer her und schloss ihn an. Es war ein älteres Modell, aber für seine Videospiele reichte es aus. Lilly dagegen stand schweigend vor der Tür, die von nun an zu ihrem Zimmer führen sollte. Sie hängte wortlos ihr Namensschild auf, das sie damals im Kindergarten geformt hatte. Ein trauriges Lächeln huschte über ihre Lippen. Ihre Fingerspitzen streichelten über den Ton, der einst knallige Farben hatte.
    `Lillys Zimmer – nur für Freunde und Familie´ stand auf dem kleinen Häuschen, das sie mit einer viel zu großen Sonne und überdimensional großen Blumen bemalt hatte. 2015, kurz bevor sie eingeschult worden war, hatte sie es mit ihrer Kindergartengruppe gemacht. Leider wurde die Farbe nicht mit eingebrannt, so dass sie bereits abblätterte. Doch das machte ihr nichts. Mit geschlossenen Augen und flüsternd wiederholte sie die Worte, die sie damals gewählt hatte, um ihre Familie vor den Vampiren zu schützen.
    In diesem Haus lebt meine Familie. Niemand darf hier herein, dem ich keinen Zutritt gewähre. Es ist unser Haus. Hier wohnen nur gute Menschen.
    Sie hoffte und betete, dass auch künftig kein böser Vampir es wagen würde, ihrer Familie oder ihr selbst etwas anzutun. Zwar war es bewiesen, dass Vampire auch so ein Haus betreten konnten, jedoch hoffte sie, dass es nie soweit kommen würde. Mit zittriger Hand betrat sie ihr Zimmer und schloss ihre Türe, die leise knarrte. Eine unangenehme Staubluft kam ihr entgegen, nicht mehr als im Rest des Hauses, aber genug, dass sie husten musste. Am liebsten würde sie heute noch ihr ganzes Zimmer putzen, aber sie war viel zu müde. Auch ihr Bett war schon aufgebaut. Ihr Kissen und ihre Decke lagen allerdings noch in irgendeiner der Kisten, die gestapelt in einer Ecke standen.
    Dieses Zimmer hatte durchaus Charme. Die Wände waren weiß und das Fenster lag direkt gegenüber der Tür. Die Dachschräge war auf der Fensterseite, aber das Fenster selbst ging gerade heraus. Mühsam öffnete sie es und ließ frische Luft in das Zimmer strömen. Hier war schon lange nicht mehr geputzt worden; sie konnte ja kaum durch die Scheiben blicken! Doch was sie sah, ließ ihren Atem stocken. Ihre Augen weiteten sich und ihre Hände krallten sich an dem kleinen Fensterbrett fest, auf dem sie bereits in ihrer Fantasie einige Topfpflanzen abgestellt hatte.
    Sie konnte genau auf ein Cold Belt sehen.
    Eine feine Gänsehaut überzog ihren zierlichen Körper. Ihr dunkelbraunes Haar wehte durch den Luftzug und umspielte ihre rosigen Wangen. Locker fielen ihre glatten Haare über ihre Schultern, die sie zitternd hochzog. Nicht vor Kälte zitternd, sondern vor Beunruhigung und Faszination.
    Sofort zog sie ihre Strickjacke enger um ihren Körper, doch ihre Augen wendeten sich nicht von dem Cold Belt ab und dem Warm Shelter, der sich an der Feldgrenze entlang zog.
    Die Sicht auf das Feld hinter dem Warm Shelter war klar und schuf die Illusion, dass dort wirklich nur Ackerfläche war. Doch alleine der Gedanke daran, dass in diesem Cold Belt, keine zweihundert Meter von ihrem Zimmerfenster entfernt, die Vampire des Lapiz Clan lebten, verschlug ihr die Sprache. Zuvor hatte sie sich erkundigt, welche Clans in den neun Cold Belts lebten, die um Harts errichtet worden waren. Auch wenn die Lapiz friedlich waren und ihr Lieblingsschriftsteller Carsey Benton der Anführer der Lapiz war, beunruhigte sie das strahlende Licht des Warm Shelter dennoch. Natürlich hatte sie die Warm Shelter und auch die Cold Belts öfters im Fernsehen gesehen. Ganze Bücher darüber in der Schule lesen müssen. Lauschte Vorträgen von Carsey, wenn er Interviews im Fernsehen gab oder Lesungen, die später auch auf gängigen Internetplattformen angesehen werden konnten. Schaute sich sogar die beliebte Serie `Vampire Guardian´ an, deren Hauptdarsteller Nahvis sie sehr süß fand, auch wenn sie das nie vor jemandem zugeben würde. Weder vor ihrer Familie noch vor ihren Freunden. Denn eigentlich sah niemand `VG´, wie es in Fankreisen oder in Foren, die in manchen Ländern sogar von der Regierung gesperrt wurden, genannt wurde.
    In New York gab es kein Cold Belt. Die USA hatte fünfzig Bundesstaaten. Darauf kamen