Cold Belt - Band 1 - Feuerblut (German Edition)
herausgerutscht.
„ Ähm, ich meine …“, stammelte sie nervös und knetete ihre Hände.
„ Danke. Was spielst du gerne? Auch Mozart? Oder spielst du eine andere Richtung?“ Susan trank etwas, setzte sich auf einen Stuhl, überschlug ein Bein.
„ Ich liebe Mozart. Es ist so wunderschöne Musik. Ich liebe aber auch Bach, all die ganzen Klassiker. Momentan übe ich allerdings den `Devil‘s Thrill´. Aber irgendwie gelingt es mir nicht ganz.“
„ Spielst du es mir vor?“ Natürlich war es Susan aufgefallen, wie verkrampft Lilly dastand. Es war sicher schwer für sie an dieser neuen Schule ohne Freunde.
„ Okay ... Vielleicht hast du ja auch ein paar Ideen, damit ich besser werde?“ Ihr Herzschlag beschleunigte sich und ihr gesamter Körper spannte sich an.
„ Vielleicht.“ Susan machte es sich bequem und sah abwartend zu Lilly, die sich an die gleiche Stelle begab, an der Susan musiziert hatte. Sie legte ihren Bogen auf die Saiten und begann zu spielen.
Lilly fühlte jeden Ton bis in ihre Fingerspitzen, ließ ihren Körper im Takt wippen, als sie ihr Stück spielte. Dabei biss sie sich konzentriert auf ihre Unterlippe, knabberte daran.
„ Gut. Wirklich gut, Lilly“, meinte Susan, nachdem diese fertig war. Sie stand auf und stellte sich zu Lilly.
„ Aber sei lockerer. Entspanne dich beim Spielen. Fühle die Musik. Wenn ich spiele, dann lebe ich das Lied. Jedes Stück hat eine Bedeutung für mich und wenn ich es spiele, drücke ich damit meine Gefühle aus. Woran hast du gedacht, als du gespielt hast?“ Susan setzte ihre Violine an ihr Schlüsselbein und spielte die ersten Töne von Mozarts `Die Zauberflöte´.
„ Naja, daran …“, begann Lilly stockend und war sich nicht sicher, was genau sie sagen sollte.
„ Du hast daran gedacht, perfekt sein zu müssen. Aber das musst du nicht. Bei diesem Lied denke ich zum Beispiel an meine kleine Schwester. Als sie vor drei Jahren geboren wurde, habe ich es ihr immer vorgespielt, damit sie besser einschlafen konnte. Darum spiele ich es etwas langsamer und sanfter.“
Susan lächelte, als sie die Töne derart sanft formte, als streichelte sie eine zerbrechliche Blume, die ihr zum Dank wundervolle Klänge schenkte. Lilly war zutiefst beeindruckt, überlegte im gleichen Moment aber auch, woran sie eigentlich immer dachte. Susan hatte Recht mit dem, was sie mutmaßte. Natürlich hörte ihre Familie sie gerne spielen. Auch ihre Freundinnen in New York, die sie ja nun nicht mehr sehen konnte. Schulaufführungen, wo sie einen eigenen Part bekommen hatte, hatten sie besonders nervös gemacht. Doch hatte sie je für nur einen Menschen musiziert?
„ Spielst du mit? Steig‘ einfach ein, wann du möchtest. Wir haben noch etwas Zeit, bevor der Unterricht anfängt.“
Susan war eine erstaunliche junge Frau. Ihre beiden Musiklehrer und ihr Musikkurs hatten ihr zwar die Technik des Violinenspielens beigebracht, doch Susan war die erste, die etwas so Tiefgründiges zu ihr gesagt hatte.
In den ersten beiden Schulstunden hatten sie wieder Geschichte. Das Jahr 2015 wurde besprochen. Zwar kreisten Lillys Gedanken noch immer um den heutigen Morgen, doch als Mr. Stone den Raum betrat, schien sie wie verwandelt. Dieser Mann schaffte es, alleine durch sein Auftreten eine solche Präsenz auszustrahlen, dass alle seine Schüler Feuer und Flamme für ihn waren. Die Vorhänge wurden wieder geschlossen und ihre beiden Mitschülerinnen tasteten sich zurück an ihren Platz. Mr. Stone jedoch schien sich in der Dunkelheit sofort zurechtzufinden. Lilly erschauerte erneut, als sie dies bemerkte.
„ Gestern habe ich euch ja versprochen, dass wir heute das Jahr 2015 besprechen.“ Ariane hatte die gestrige Schulstunde zusammengefasst, so dass Mr. Stone sich nun auf das angekündigte Jahr konzentrieren konnte. Erneut liefen einige Bilder im Hintergrund, während er selbst auf seinem Pult saß und seine Stimme durch den Klassenraum hallte. Sein Timbre war angenehm, so dass Lilly erneut seinen Erzählungen verfiel.
„ Ende 2014 schlossen sich die USA, Frankreich, Deutschland und Japan dem neuen Gesetz an, stießen damit aber auf wenig Gegenliebe der anderen Länder, die die Vampire unmenschlich behandeln und zum Tode verurteilen wollten, sollte es zu einer Verwandlung eines Menschen zu einem Vampir kommen. Die NG10 trafen sich erneut mit den zehn Vertretern der Vampire. Sie verhandelten den ganzen Januar, bis sie im Februar bekannt gaben, keine Einigung gefunden zu haben.
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