Cold Belt - Band 1 - Feuerblut (German Edition)
Lilly ließ sich verzweifelt in die Kissen fallen und drückte sich ihr Kopfkissen ins Gesicht, zappelte mit ihren Beinen und schrie, so laut sie konnte.
„ Ich wollte doch nur …“, murmelte Leonhard, der ihrem Kopfkissen ausweichen musste, das auf ihn zugeflogen kam.
„ Raus!“, brüllte Lilly wütend, stürmte auf ihn zu. Leonhard nahm Reißaus, konnte ihr im letzten Moment entwischen.
Entrüstet über sein Verhalten schloss sie ihr Zimmer ab und schaute nach, was genau sie abgeschickt hatte. Die E-Mail war noch nicht fertig gewesen und das Video unbearbeitet. Zudem sah man ihren Bruder durch das Bild schleichen. Kopfschüttelnd und bestürzt ließ sie sich auf die Seite fallen und klappte ihren Laptop zu. Noch hatte sie eine Chance zu verhindern, dass er diese E-Mail lesen würde. Sie könnte bei Ben einbrechen und seinen Laptop stehlen oder sich in seinen Account hacken. Laut seufzend stand sie wieder auf, um noch etwas zu spielen. Wenigstens das beruhigte sie und hielt Lilly zugleich auch davon ab, ihren kleinen Bruder umzubringen.
Lilly genoss es zu spielen, denn wenn es schon spät war, konnte sie das in New York nicht immer tun. So spät abends hatten sich oft die Nachbarn beschwert. Hier aber waren die nächsten Nachbarn so weit weg, dass man sie eigentlich gar nicht hören konnte.
Lilly bekam nicht mit, wie schnell die Zeit verging und hörte zuerst das Klopfen nicht, bis es zu einem Hämmern wurde. Sofort beendete sie ihre Übung und schloss ihre Tür wieder auf, um sie zu öffnen.
„ Schatz, es ist bereits nach 21 Uhr. Leonhard muss schlafen und dein Vater hat heute viel gearbeitet. Auch wenn er erst am 15. Juni anfängt, gönne ihnen bitte die Ruhe, ja?“ Maria umarmte ihre Tochter und küsste ihre Wange. „Lerne lieber noch etwas.“
„ Habe ich schon“, erwiderte Lilly, die ihre Tür schon wieder schließen wollte. „Schlaf‘ schön.“
„ Du auch.“
Jedoch blieb Lilly an der Tür stehen. Sie hatte ihre Eltern heute beim Abendessen beobachtet. Irgendetwas war anders. Sie wusste nur nicht, was es war. Viel bekam sie nicht mit, aber es reichte ihr, um zu verstehen, dass sie mit ihrer Befürchtung richtig lag.
Jason wollte ins Schlafzimmer gehen, doch Maria kam ihm bereits entgegen.
„ Oh, willst du wirklich bei deiner Ehefrau im Bett schlafen? Bist du dir auch ganz sicher?“, zischte sie giftig wie eine Schlange, die kurz davor war, zuzubeißen.
„ Natürlich. Was ist denn nur los mit dir? Bist du wütend, weil wir jetzt in dieser Baracke leben müssen? Ist es das? Weil ich ein Versager bin? Wenn du so denkst, dann sag es mir bitte und tu nicht die ganze Zeit so, als sei alles in Ordnung. Denkst du, ich fühle mich nicht schon schlecht genug deswegen? Weil ich meine Frau und meine beiden Kinder einer solchen Gefahr aussetzen muss? Denkst du wirklich, dass ich euch nichts Besseres bieten möchte?“ Jason war furchtbar wütend, nahm eine abwehrende Haltung gegenüber seiner Frau ein.
„ Das ist mir egal. Selbst wenn wir unter einer Brücke hausen würden, hätte ich dich noch geliebt. Aber …“ Maria stockte der Atem.
„ Vergiss es einfach!“ Sie schlug ihrem Mann die Tür vor der Nase zu, öffnete sie kurz darauf wieder, um ihm ein Kopfkissen und seine Bettdecke entgegenzuwerfen.
Stille. Lilly schluckte. Wegen was hatten sich die beiden nur gestritten? Sie hoffte, dass Leonhard nichts von alledem mitbekommen hatte und schon schlief. Es reichte, dass sie sich deswegen Gedanken machte. Ihrem Bruder sollten diese Sorgen erspart bleiben.
Nach einer unruhigen Nacht fand sie sich mit ihren Eltern und Leonhard am Frühstückstisch wieder. Maria goss ihrem Mann Kaffee ein, aß gemeinsam mit dem Rest der Familie. Er hatte die Nacht wohl im Gästezimmer verbracht.
Sorgenvoll beobachtete sie ihre Eltern. Um Leonhard brauchte sie sich wohl nicht weiter zu kümmern. Er schien von alledem nichts bemerkt zu haben.
„ Ich fahre heute etwas früher zur Schule.“ Lilly stand auf und legte sich ein paar Sandwiches, die sie noch vor dem Unterricht essen wollte, in ihre Brotbox.
„ Übertreibe es nur nicht mit dem Lernen.“ Jason trank seinen Kaffee, durchstöberte zugleich die Zeitung.
„ Ich wollte nur mit Susan etwas Violine spielen. Sie ist zwei Stufen über mir und verdammt gut.“ Bevor noch weitere Fragen auf sie einprasseln konnten, schnappte sie sich ihren Violinenkoffer samt Tasche und verabschiedete sich winkend von ihren Liebsten, die ihr noch ein „Hab‘
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