Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Gefährlichkeit, die die Zuschauer ergriffen schweigen ließ. Während ich Max’ Namen auf dem Blatt betrachtete, fiel mir sein Text wieder ein:
»Ich werde ihm ein Angebot machen, das er nicht ablehnen kann«, raunte ich.
»Was für ein Angebot?«, fragte eine Stimme.
Als ich mich umwandte, lächelte ein Gesicht zu mir hinunter, das mir ein wenig vertraut erschien, vor allem aber sehr attraktiv, und dann betrachtete ich das lockige Haar ein wenig genauer und malte im Geiste eine dicke Brille vor die warmen, braunen Augen. Was mich umwarf, war seine Größe – er überragte mich um mindestens zehn Zentimeter. Aber es ließ sich nicht leugnen, wer da vor mir stand.
»Max?«, fragte ich.
»Sara Jane, oder? Ich erinnere mich an dich.«
»Ich erinnere mich auch an dich«, sagte ich und merkte, wie trocken meine Kehle war.
Plötzlich wurde mir klar, wie ich aussah, mit meinen abgewetzten (richtig abgetragenen, nicht modisch zerlöcherten) Jeans, einem alten, ausgeleierten Baseball-Shirt von meinem Dad und meinen ausgelatschten Chucks. Ich konnte mich absolut nicht mehr daran erinnern, wann ich mich zuletzt gekämmt hatte, und ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen, auf denen leider kein bisschen Lipgloss glänzte, während ich verzweifelt nach einer coolen Entgegnung suchte. Max hingegen sah aus, als hätte man ihn gerade für eine Fernsehserie gecastet, als der heiße Typ, der neu in die Klasse kommt – leicht gebräunt, gerade so muskulös, dass es nicht übertrieben wirkte, ein T-Shirt mit einem klassischen Motorrad-Aufdruck und Jeans, die nicht abgewetzt, gebleicht oder zerrissen waren, sondern einfach nur blau. Es war nicht wirklich Liebe auf den ersten Blick, da wir uns ja schon mal vorher begegnet waren. Vielleicht war es Liebe auf den zweiten, denn jetzt waren wir beide älter, und ich sah einen anderen Max, einen Max, der kein kleiner Junge mehr war, aber immer noch dasselbe selbstbewusste Lächeln besaß. Schließlich sagte ich den blödesten Satz aller Zeiten, einfach nur, weil er mir als Erstes in den Sinn kam.
»Äh, also … du bist ja echt gewachsen.«
Max lachte ein wenig. »Du aber auch.«
»Du hattest eine Brille«, sagte ich und merkte, dass ich sein Gesicht anstarrte, als ob es sich um ein faszinierendes Kunstwerk handelte. »Und eine Zahnspange …«
»Kontaktlinsen«, sagte er und blinzelte betont, und dann tippte er sich mit dem Zeigefinger gegen die Zähne. »Die Spange bin ich letztes Jahr endlich losgeworden. Fühlte sich an, als kämen meine Zähne aus dem Knast.«
»Das wünsche ich mir auch«, sagte ich und presste meine Lippen zusammen, um meine eigene Spange zu verbergen, die ja angeblich unsichtbar sein sollte, es aber ganz und gar nicht war. »Ich habe so langsam das Gefühl, mit diesem Ding zur Welt gekommen zu sein.«
»Das nervt schon ziemlich, aber es lohnt sich auch«, sagte er, und dann merkte ich, dass er mein Gesicht genau in Augenschein nahm, von meinem Mund bis zu meiner Nase (die war schließlich kaum zu übersehen) und hinauf zu meinen Augen, bis er den Blick abwandte und lächelnd auf den Aushang am Schwarzen Brett deutete. »Du bist also auch dabei?«
»Im Classic Movie Club? Ja, bin ich wohl.«
»Das ist eine coole Idee«, sagte er.
»Es war meine Idee!«, rief ich und hörte noch im gleichen Moment, dass mir die Worte viel zu schnell und viel zu laut über die Lippen kamen. Also räusperte ich mich und versuchte, nicht rot zu werden. »Ich, äh, ich bin die Vorsitzende.«
»Echt?«, fragte er und sah mich auf eine Weise an, bei der ich Gänsehaut bekam. »Hey, habt ihr schon ein paar Gangsterfilme angeschaut? Ich steh total auf Film Noir … diese alten Schwarzweiß-Sachen. Da sind die Dialoge immer so schnell und pointiert, und es gibt immer einen Mafioso, von dem man gleich beim ersten Mal weiß, dass er draufgehen wird. Entweder kann er die Finger nicht von krummen Dingern lassen, oder er will der Boss sein, oder er schafft es nicht, sich von seiner kriminellen Vergangenheit zu lösen, egal, wie sehr er es versucht.«
Ich sagte ihm, der Club (also Doug und ich) hätte schon ein paar Gangsterfilme gesehen, zuletzt Der öffentliche Feind , bei dem ich auch von Anfang an gewusst hatte, dass die Hauptfigur kein Happy End erleben würde. Max war überrascht, dass ich diesen Film überhaupt kannte. Er sagte, es sei einer seiner Lieblingsfilme, der auf der Lebensgeschichte eines echten Gangsters basierte, einem ganz fiesen Ganoven, der in Chicago zur
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