Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Filmclub-Treffen, dann anschließend über den Streifen, den wir gerade gesehen hatten, und später dann am Telefon über die Schule und unsere Familien, über Politik und Baseball (er steht tatsächlich auf die White Sox, iih!) und über die Welt im Allgemeinen. Es gab keine peinlichen Pausen oder Verlegenheitsgeräusche oder Versuche, cool zu klingen – wir hatten einfach gute Gespräche. Mir fiel auf, dass wir beide Slang-Ausdrücke vermieden und uns einig waren, wie idiotisch es war, dass jeder Jugendliche auf der ganzen Welt dauernd dieselben Sachen wiederholte. Aber das Beste an den Gesprächen mit Max war auch das Einfachste – er gab mir das Gefühl, interessant zu sein. Da ich jemand war, der sich Menschen außerhalb der eigenen Familie nie geöffnet hatte, war es ein wundervolles, verrücktes Gefühl, dass jemand meinen Gedanken und Meinungen so viel Aufmerksamkeit schenkte. Es war, als hätte ich in den Jahren meiner mentalen und emotionalen Einsamkeit eine Fülle an exotischen Informationen angesammelt und nun endlich jemanden gefunden, mit dem ich sie teilen konnte. Egal, ob es um Sport oder um Filme ging oder sogar um Slang (Max erklärte mir, dass der Ausdruck »Hipster« tatsächlich aus den 1940er-Jahren stammte, und ich revanchierte mich, indem ich ihm erklärte, dass das Wort »Freak« auf die Kuriositätenkabinette zurückzuführen war, die Anfang des 20. Jahrhunderts durchs Land gezogen waren). Immer wieder kamen wir in unseren Gesprächen darauf, dass wir einer bestimmten Sache auf den Grund gehen, ihre Ursprünge erforschen wollten. Wenn Max mich in den drei Wochen bis zu meinem Geburtstag schon nicht als seine Freundin betrachtete, dann aber definitiv als sehr guten Kumpel, der zufällig ein Mädchen war. Es war nicht ganz das, was ich wollte, aber ich musste zugeben, dass unsere ständigen Unterhaltungen zumindest ein guter Weg waren, um uns besser kennenzulernen. Wenn auch nicht der beste.
Und dann, als er mich fragte, ob wir zusammen auf den Frühlingsball gehen wollten – etwas, das ich mir so sehr gewünscht hatte –, war mir das fast egal.
Weil er mir nämlich ein paar Sekunden früher noch etwas viel Besseres gesagt hatte.
Dabei war es nicht so etwas wie »du siehst toll aus« oder dergleichen, und vielleicht war ihm auch gar nicht klar, dass er mir ein Kompliment machte, aber er sagte es, und dann fragte er mich, ob wir auf den Ball gehen wollten.
Oder jedenfalls so ähnlich.
Wir guckten auf die flackernde Leinwand im Theaterraum der Fep Prep, Max, Doug und ich. Doug hatte eine Jumbotüte Chips aufgerissen, seine Lieblingsknabberei, und griff immer wieder hinein. Er hatte seit Neuestem die »großen italienischen Regisseure« entdeckt, und wir sahen uns Filme von Fellini, Antonioni oder Rossellini an. Besonders begeistert (Doug war schnell begeistert) war er von dem Regisseur Vittorio De Sica. Erst guckten wir Fahrraddiebe , den wohl traurigsten Film, den ich je gesehen hatte, und dann Hochzeit auf italienisch , der von einem Typ handelte, der eine Freundin mit der anderen betrog. Sophia Loren spielte darin mit, für die sich Doug ebenfalls ein wenig begeisterte, und wir nahmen uns als nächstes einen alten Hollywood-Film mit ihr vor, Hausboot .
Sophia Loren war eine der schönsten Frauen, die ich je gesehen hatte.
Auf der Leinwand leuchtete ihr Gesicht und ihr Körper schimmerte.
Und in diesem Augenblick – dem tollsten in meinem Leben – flüsterte Max: »Hey … du siehst aus wie sie. Vor allem deine Augen. Da sind so kleine Goldpünktchen drin.«
Erst dachte ich, ich hätte mich verhört. Ich traute mich kaum, mich zu bewegen, traute mich nicht zu atmen, und die Sekunden, die nun folgten, fühlten sich wie Stunden an. Dann fragte ich endlich: »Wie wer?«
»Na, sie«, sagte er und deutete auf Sophia, deren Gesicht engelhaft und sexy von der Leinwand blickte. Ich hatte keine Ahnung, worum es in der Szene ging, und mir war es auch egal – ich wusste nur eins, Max hatte mir gesagt, ich sähe aus wie sie . Gerade wollte ich eine witzige (soll heißen, blöde) Bemerkung dazu machen, als er weitersprach und erzählte, seine Mom wolle unbedingt, dass er zu diesem Ball ginge, und eigentlich sei es doch nur fair, wenn ich mir das auch antäte; geteiltes Leid sei doch halbes Leid. Und ich entgegnete etwas wie: »Ja klar. Warum nicht. Vielleicht.« Gleichzeitig versuchte ich ein breites Lächeln zu unterdrücken.
»Ich meine, wir könnten uns ja da treffen«, sagte er und
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