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Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. M. Goeglein
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bewegte sich dort.
    Ungewollt drängte sich mir eine der goldenen Filmregeln auf, die Doug so gern zitierte: Egal, was du tust, gehe niemals in den Keller.
    Das nächste Stöhnen klang jedoch lediglich gequält. Ich zögerte, dann öffnete ich die Kellertür und trat in die Dunkelheit. Die alten Stufen knarrten unter meinen Füßen. Während ich hinunterstieg, rief ich nach meinen Eltern und nach Lou, aber ich hörte nur schweres, keuchendes Atmen und ein kratzendes, schabendes Geräusch, als ob jemand versuchte, sich über den sandigen Boden zu schleppen.
    »Dad?«, fragte ich. »Mom?«
    »Wuuuuuu …«
    Das Geräusch war so nahe, dass ich zusammenzuckte, und als ich mit zusammengekniffenen Augen in eine dunkle Ecke spähte, entdeckte ich Harry, der sich dort zusammengerollt hatte; die Blutspur endete an seiner zitternden Schnauze. Seine Haltung war seltsam, es hatte den Anschein, als ob er seine Seiten und den Bauch schützen wollte. Vorsichtig kniete ich mich hin und berührte ihn sanft.
    »Wuuuu-uuuuuu!«
    Es war eher ein Heulen als ein Stöhnen. Er schnappte mit den Zähnen matt nach meiner Hand und versuchte mit letzter Kraft zu beißen, um sich selbst zu schützen. Doch dann merkte er, dass ich es war, und der alte Hass in seinen Augen wich etwas anderem – vielleicht nicht gerade Freude, aber zumindest Erleichterung. Als er den Kopf ein wenig hob, sah ich, dass Blut aus seiner Nase und seiner Schnauze sickerte, seinen Hals bedeckte und die sonst weiße Brust dunkel gefärbt hatte. Nun betrachtete ich die dunklen Flecken an seinen Seiten, die ich zuerst für Dreck gehalten hatte, und erkannte, dass es sich um Schuhabdrücke handelte.
    Jemand hatte versucht, Harry totzutrampeln.
    Ich betastete seine Rippen, und glücklicherweise fühlten sie sich nicht gebrochen an.
    Das Blut stammte aus Schürfwunden, von Tritten und Verletzungen an Kopf und Schnauze, vielleicht aber auch von demjenigen, der versucht hatte, ihn umzubringen.
    Ich hatte Harry noch nie zuvor gestreichelt, aber jetzt kraulte ich ihn sanft am Hals, bis er den Kopf wieder senkte. Als er das tat, verlagerte er seinen Körper leicht, und ich entdeckte, dass er auf Lous alter Zaubertafel lag. Mit sieben Jahren hatte mein Bruder sich selbst beigebracht, wie man mit diesem Spielzeug umging, das aus einem kleinen Bildschirm bestand, auf dem man mit zwei Drehknöpfen zeichnen konnte. Erst hatte er zittrige Linien produziert, dann Kreise, und als er es schließlich drauf hatte, die beiden Knöpfe im richtigen Gleichklang zu bewegen, gelangen ihm sogar schöne, elegant geschwungene Buchstaben. Eines Abends hatte er die Zaubertafel auf dem Sofa liegen lassen, und ich nahm sie zur Hand. Offenbar nahm Lou in der Schule gerade die amerikanische Verfassung durch, denn dort stand: »Wir, das Volk der Vereinigten Staaten, von der Absicht geleitet, unseren Bund zu vervollkommnen, die Gerechtigkeit zu verwirklichen, die Ruhe im Innern zu sichern, für die Landesverteidigung zu sorgen …« Das Spielzeug hatte ich seit Jahren nicht mehr gesehen, meine Mutter hatte es vermutlich in den Keller gepackt. Vorsichtig zog ich es unter Harrys Körper hervor, und er beschnupperte meine Hand, ließ mich aber gewähren. Im Keller war es so dunkel, dass ich es mir direkt vor die Nase halten musste. Doch dann sah ich Lous Schrift, die dieses Mal nicht elegant war, sondern hingekritzelt und fast unleserlich. Während ich die Buchstaben zu deuten versuchte, wurde mir klar, dass Lou hier unten gewesen war, im Keller, und dass er die Worte in großer Eile geschrieben haben musste.
    Mit Mühe entzifferte ich: »… wir sind nicht … nimm dich in Acht vor … das Haus …«
    Und weiter las ich: »… Skimaske … zu töten versucht … hoch klingende …«
    Ein Hauch wie verdorbenes Fleisch bewegte die Luft, und darauf folgte ein so leises Geräusch, dass es beinahe auch mein eigenes Atmen hätte sein können, als ob eine Maus im Gebälk raschelt oder jemand einen Schritt macht, der nicht gehört werden soll.
    Ich sah auf die Zaubertafel und meine Haut wurde kalt, als ich die Worte las: »Wenn du das hörst … dann lauf, Sara Jane … lauf weg!«
    Plötzlich rappelte sich Harry wieder auf, knurrte tief und kehlig, und Blut tropfte von seinen gebleckten Zähnen, als er an mir vorüber ins Dunkle sprang. Ich hörte einen erstickten Fluch, Harrys Zähne schnappten nach seinem Opfer, und dann fiel etwas zu Boden und ein Regal kippte um. Es folgte ein heftiges Gerangel, bei dem Harry

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