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Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. M. Goeglein
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wieder durch die Feiernden. Zuletzt sah ich noch, wie der Skimaskenmann den Kopf in meine Richtung drehte. Ich rannte über den Flur, und dann fiel mir ein, dass ich mich im Commodore befand und dass der Name dieses vom Syndikat geführten Hotels vermutlich nicht ohne Grund mit dem dritten Buchstaben im Alphabet begann. Ich bog um eine Ecke und stand vor einer Wand, die auf ganzer Fläche mit einer Strukturtapete bedeckt war. Das Muster bestand aus ineinander fassenden Karos mit einem kleinen C in der Mitte. Ich drückte auf eines, dann auf ein anderes und auf noch eins – dabei war mir die ganze Zeit über klar, dass der Skimaskenmann jeden Augenblick um die Ecke biegen würde – und auf noch eins und noch eins, und dann dachte ich, Scheiß drauf, riss einen Feuerlöscher von der Wand, horchte auf trampelnde Schritte und holte aus.
    Mein Schlag traf ihn genau auf den Solarplexus.
    Er stolperte zurück, fuchtelte durch die Luft, fing sich aber wieder und griff an.
    Für den nächsten Schlag duckte ich mich, erwischte seine Kniescheibe, und er quiekte wie ein Teenagermädchen.
    Und dann stürmte ich davon, den Flur hinunter, rannte, den Aktenkoffer vorgestreckt, durch die Drehtür hinüber zum Lincoln und schrie: »Al! Meine Schlüssel!«
    »Kopf hoch, Al!«, rief er zurück und warf mir den Bund zu.
    Ich fing es auf, sprang in den Wagen und rief noch: »Danke, Al!«
    »Gern geschehen! Passen Sie auf sich auf, Al!«
    Mit quietschenden Reifen schoss ich vom Bürgersteig, winkte ihm noch einmal zu und hoffte, dass mir noch ein paar Als von seinem Kaliber begegnen würden.

16
    Wenn man lügt, ohne es zu wollen, dann ist es eigentlich keine richtige Lüge. Es ist eine Alternativversion der Realität, oder eine aufrichtige Desinformation, oder in meinem Fall schlicht eine zeitlich verschobene Wahrheit.
    Ich hatte Max gesagt, dass ich am nächsten Tag wieder in der Schule sein würde, und das hatte ich auch so gemeint.
    Und weil ich das auch so meinte, war es keine Lüge, auch wenn ich tatsächlich die ganze folgende Woche nicht zur Fep Prep ging.
    Zuerst kam die Sache mit dem Versteck in einer Mauernische.
    Angefangen hatte die ganze Sache mit einem Hundert-Dollar-Schein. Ich brauchte Essen und Benzin, aber wie ich schnell feststellte, sorgt es im durchschnittlichen Supermarkt oder im Imbiss an der Ecke für reichlich misstrauische Blicke, wenn eine Sechzehnjährige an der Kasse ein dickes Bündel Geldscheine zückt und dann einen Hunderter über den Tresen schiebt. Deswegen hielt ich kurz nach meiner Flucht aus dem Commodore Hotel an einer Wechselstube auf der North Avenue, erzählte dem Kassierer, dass mein Dad etwas Kleingeld bräuchte, und marschierte mit einem Stapel Fünfer und Zehner wieder davon.
    Und dann stand plötzlich, wie aus dem Nichts, der Skimaskenmann vor mir und schlug mir mit seiner riesigen Hand auf den Mund, dass ich Blut schmeckte. Ich duckte mich unter seiner Faust, die wie eine Abrissbirne durch die Luft pfiff, und bedankte mich mit einem perfekten rechten Haken, der ihm dem Geräusch nach die Nase brach. Er taumelte zur Seite und stolperte, und ich rannte den Bürgersteig hinunter, als ob meine Haare in Flammen stünden.
    Ich war schnell, aber er war jetzt richtig sauer.
    Ruckzuck war er wieder auf den Beinen.
    Die nächste offene Tür, die sich mir bot, führte in die Hochbahnstation North Avenue. Ich lief zur Treppe, die zu den Bahnsteigen führte, während er mir mit seinen Trampelschritten dicht auf den Fersen blieb. Und dann, in dieser langen Sekunde, in der nur noch Zentimeter zwischen meinem hüpfenden Pferdeschwanz und seinen grabschenden Fingern lagen, klappte über uns ein Luftschachtgitter auf, und es regnete Ratten.
    Der Skimaskenmann keuchte und schlug nach den zuckenden, grauen Tierleibern, während ich die Gelegenheit beim Schopf packte und um mein Leben lief. Mir fiel wieder ein, was im Notizbuch über die Capone-Türen stand: Dass es in jeder Hochbahnstation, die vor 1935 gebaut worden war, eine in den Schalträumen gab. Hoffentlich war dieser Bahnhof so alt. Als ich um eine Ecke rannte, entdeckte ich eine Tür mit der Aufschrift ACHTUNG LEBENSGEFAHR: HOCHSPANNUNG – ZUTRITT VERBOTEN. Sie knirschte, als ich mich dagegen warf, aber dann gab sie unter meiner Schulter nach. Ich schlüpfte hinein, entdeckte ein winziges, dreckverkrustetes C und duckte mich in das Loch, das sich nun auftat, verfolgt von einer Horde Nagetiere. Und dann waren es nicht die drückende Hitze oder die

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