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Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. M. Goeglein
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schließlich die heiße Ware auslieferten, gar nicht zu reden. Die Mafia machte in Chicago so viel Geld mit illegalem Alkohol, dass sie ihre kriminellen Geschäfte auf das ganze Land und schließlich auf die ganze Welt ausdehnen konnte. Und im Gegensatz zu anderen Städten rekrutierte die Mafia in Chicago ihre Mitglieder nicht nur aus einer bestimmten Gruppe von Einwanderern. An der Spitze standen zwar viele Italiener, aber es waren alle willkommen – Griechen, Juden, Iren, Afroamerikaner und zumindest ein richtig mieser Engländer. Wichtig war nur, dass sie Geld einbrachten. Und schließlich gab sich diese Organisation auch einen Namen, der nichts Italienisches mehr an sich hatte, sondern rein geschäftlich wirkte – The Outfit. Aus heutiger Sicht klingt das alles ganz unschuldig, und es ist sogar ein Hauch Romantik mit dabei, wie in den Filmen, die ich im Classic Movie Club über die Prohibitionszeit gesehen hatte. Nur war es so, dass jeder Schnapsbrenner, der Capones Anordnungen ignorierte und die Melasse woanders einkaufte, von dessen Leuten zusammengeschlagen, verstümmelt, geblendet, entstellt oder ermordet wurde, oder dass man seiner Familie etwas antat. Capones Einsatzkräfte prügelten die Leute mit Baseballschlägern, Rohren oder Eisenstangen, warfen sie zusammen mit losen Ziegelsteinen in den Kofferraum eines Autos und fuhren dann mit ihnen herum, hämmerten ihnen Nägel in Köpfe oder Füße, zündeten sie an, ertränkten, erwürgten, erstachen, erstickten und erhängten sie. Manchmal waren sie sogar gnädig und erschossen ihre Opfer gleich.
    Diese Taten waren grausam und vorsätzlich und hatten mit Romantik oder Unschuld überhaupt nichts zu tun.
    Das Syndikat nannte das »Geschäfte machen«.
    Nunzio machte Geschäfte mit der Organisation, von Anbeginn der Prohibition bis zum Schluss.
    Tatsächlich traf sich das Syndikat am allerliebsten in der Flüsterkneipe, die er tief unter der Bäckerei eingerichtet hatte. Jeden Tag, wenn die Backstube längst geschlossen hatte, fuhr eine Prozession von Gangstern und Gangsterbräuten mit dem Ofenfahrstuhl hinunter in den Club Molasses, um ihren eigenen illegalen Schnaps zu trinken und die Profite zu verspielen, die sie mit dem Zeug gemacht hatten. Währenddessen sorgte mein Großvater mit dem Melassegeschäft dafür, dass sich das moderne, organisierte Verbrechen in Chicago prächtig entwickeln konnte. Der verbotene Schnaps gab dem Syndikat die finanziellen Möglichkeiten, in andere Bereiche zu investieren: Prostitution (das Frauen zu Opfern macht), Glücksspiel (das Seelen und Leben zerstört), Erpressung, Geldverleih mit Wucherzinsen, die korrupte Unterwanderung der Gewerkschaften und vieles mehr, bis hin zum Drogenhandel. Dort nutzt man heute noch die Vertriebswege, die sich während der Prohibition wie ein dichtes Netz über die USA legten und über die sich schnell die nötigen Kontakte zu Käufern, Vermittlern und Verkäufern aufbauen lassen. Auf einer Seite hatte Enzo nachdenklich an den Rand gekritzelt: »Das Geld, das sich mit der Melasse machen ließ, war eine Pfütze, die sich zu einem Rinnsal entwickelte, dann zu einem Bach, der wiederum in einen Fluss mündete, und der Fluss fließt ins Meer. Und jetzt sind wir das Meer … das endlose, tiefe, aufgewühlte Meer.« Es klang selbstzufrieden und beinahe stolz, gleichzeitig aber auch überwältigt, als sei das alles zu riesig, um es zu begreifen.
    Irgendwann wurde es tatsächlich viel zu riesig.
    Das Syndikat hatte seinen Einflussbereich bis nach Kuba ausgedehnt, bis nach Hollywood, Washington und weit darüber hinaus.
    Aber in Chicago tobte das Chaos innerhalb der Organisation.
    Al Capone wurde 1931 wegen Steuerhinterziehung verurteilt und kam ins Gefängnis von Alcatraz, auf eine Insel mitten in der Bucht von San Francisco. Zu seinen vielen bösen Eigenschaften zählte ein meisterliches Talent für Verbrechensmanagement, das es ihm ermöglicht hatte, widerstreitende Interessen und einzelgängerische Gangster allein durch seine Willenskraft auf Linie zu bringen. Zu seinen vielen Schwächen zählte, dass er gern im Rampenlicht stand. Big Al liebte die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, und er protzte ständig mit seinen teuren Autos, den diamantenbesetzten Krawattennadeln und den mit noch mehr Diamanten geschmückten Frauen an seiner Seite.
    Er finanzierte Suppenküchen für die Armen und gab viel Geld für Waisenhäuser aus, um seinem schlechten Ruf entgegenzuwirken und sich in der öffentlichen

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