Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
zerstört werden konnte! Natürlich war das unwahrscheinlich, aber es war sein Job , das Unwahrscheinliche zu erwarten!
»Hast du es den anderen schon gesagt?«, fragte Colin, und Hatcher schüttelte den Kopf.
»Nein. Ich … Also, 'Tanni und du, ihr musstet das als Erste erfahren, und …«
»Ich verstehe«, unterbrach Colin ihn leise, legte den Arm um die weinende Jiltanith. »Das ist nicht deine Schuld, Ger. Ich möchte das nie wieder von dir hören.« Er blickte dem Admiral geradewegs in die Augen, bis dieser kurz nickte, dann holte er sichtlich gequält tief Luft.
»'Tanni?« Seine Stimme klang sehr sanft, und Jiltanith hob den Kopf. Sie starrte ihn an, in stummem Leid, und er erinnerte sich an das letzte Gefecht bei Zeta Trianguli, als ihr Schiff hin und her geschleudert wurde, so sehr hatten die Gefechtsköpfe der Achuultani auf sie eingehämmert, und Tammans Königliches Birhat war vor ihren Augen zerborsten. Auch damals hatte sie geweint, geweint um all die Freunde, die rings um sie den Tod gefunden hatten, doch ihre Befehle hatte sie nach wie vor fest und entschlossen gegeben, mit all ihrer unbesiegbaren Kraft, für die er sie so liebte. Jetzt hatte diese Kraft sie verlassen.
Er nahm ihr zierliches Gesicht in die Hände, und ihre Tränen, glitzernde Diamanten auf ihren Wangen, quälten ihn, denn er verstand sie nur zu gut. Zu oft war ihre Seele in dem endlosen Kampf gegen Anu verletzt worden. All ihre Sanftheit hatte sie hinter einem aufbrausenden Gemüt und einer Panzerung verborgen, einem Panzer, den sie sich selbst in einem Leben voller Kampf und voller verlorener Freunde geschmiedet hatte. Dennoch war Jiltanith immer noch sanft und verletzlich hinter diesem Panzer, auch wenn die Kriegerin sich schwer tat, diese Sanftheit und Verletzlichkeit zu zeigen. Aber wenn sie liebte, tat sie dies, wie sie alles andere tat: ganz und gar und mit jeder Faser ihres Wesens.
»Wir müssen gehen, 'Tanni!« Seine Worte ließen ihn Zorn neben Leid von ihren Augen ablesen. Colin zwang sich, ihren Zorn auszuhalten. »Wir müssen«, wiederholte er. »Es sind unsere Freunde.«
Voller Zorn atmete sie scharf ein … dann hielt sie die Luft an und schloss die Augen. Eine Hand hob sie und legte sie an seine Wange, dann nickte sie und küsste sehr sanft sein Handgelenk. Immer noch stand Zorn in ihren Augen, als sie diese wieder öffnete, nun jedoch auch Verstehen. Sie verstand, dass sie weitermachen musste, nicht nur, weil ihre Freunde sie brauchten, sondern auch, weil aufzugeben bedeutet hätte, in den schwarzen, bodenlosen Abgrund zu stürzen, der nur darauf wartete, sie für alle Zeiten zu verschlingen.
»Wahrlich«, flüsterte sie und blickte zu Hatcher hinüber. »Vergib mir, teurer Gerald!« Sie streckte eine zitternde Hand aus, und der Admiral ergriff sie. »Nur zu gut weiß ich um deinen Schmerz, mein lieber Freund. Unverzeihlich wär's, dir nun auch noch den meinen aufzubürden!«
»'Tanni, ich …« Nun brach auch Hatchers Stimme, und die Imperatorin drückte sanft seine Hand.
»Oh nein, Gerald. Um nichts mehr ist's deine Schuld als meine. Und Colins Worte trugen Wahrheit. Unsere engsten, teuersten Freunde brauchen unseren Beistand … so sehr wir auch den ihren brauchen mögen.« Sie brachte ein kleines, trauriges Lächeln zustande und erhob sich. »Lasst uns zu ihnen gehen!«
Ein Sessel knarrte, als der Mann, der darin saß, den Bericht zu Ende gelesen und sich umgedreht hatte, um aus dem Fenster seines Büros zu blicken. Das Imperium trauerte, und selbst die Unzufriedensten unter den Unzufriedenen waren angesichts des Entsetzens und der Trauer einer ganzen Spezies verstummt. Jede einzelne Flagge der Menschheit wehte auf Halbmast, doch in seinem eigenen Herzen fand er keine Trauer. Die Erben waren Vergangenheit, und die Kinder der engsten Freunde der Imperialen Familie waren mit ihnen in den Tod gegangen. Trauer und das Gefühl des Verlustes würden die schwächen, die das Imperium führten, würden sie weniger wachsam machen, würden ihre Wahrnehmung trüben und ihre Reaktionen verlangsamen, und das war gut so.
Der Mann erhob sich aus seinem Sessel und ging zum Fenster hinüber, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und er blickte auf die Menschenmassen hinab, tief unter sich, und ließ den Blick dann auf der Säule des Ehrenmals ruhen. Die Reihen der Namen auf diesem Gedenkstein schienen endlos, und einst hatte er jeden Einzelnen von ihnen gehasst, denn es waren die Namen derjenigen, die
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