Collection Baccara 0278
dass er nicht fähig war, überhaupt zu trauern, da er in ihren Augen kein Herz besaß.
Als er dann aber in Lukes Wohnung gekommen war und sagte, dass er sie brauchte, hatte sie gewusst, dass sie ihn nicht zurückweisen könnte.
Nachdem sie ihr ganzes Leben abgelehnt worden war – erst von ihrem Vater und später auch von ihrer Mutter – fühlte es sich gut an, endlich gebraucht zu werden.
Lara fragte sich, ob sie vorhin nicht etwas zu hart zu Rowan gewesen war. Immerhin war es wichtig für die Kinder, ihren Onkel kennenzulernen. Vielleicht sollte sie ihre eigenen Gefühle aus dieser Angelegenheit herauslassen. Wenn Rowan eine enge Beziehung zu den Kindern aufbauen wollte, dann war es höchste Zeit dafür.
Sie beschloss spontan, in sein Büro zu gehen und noch einmal mit ihm zu reden.
Als sie auf der anderen Seite des Palastes ankam, bemerkte sie, dass Rowans Privatsekretär nicht mehr an seinem Arbeitsplatz war. Rowan musste ihn bereits nach Hause geschickt haben. Sie wusste nicht genau, ob Rowan noch dringende Angelegenheiten in seinem Büro zu erledigen hatte oder nur vor seinen Gedanken dorthin flüchtete.
Die Tür stand einen Spalt offen, und es drang leise Musik aus dem Büro. Lara machte einen Schritt nach vorn und wollte klopfen. Durch die Öffnung konnte sie sehen, dass Rowan hinter dem Schreibtisch saß und auf ein Bild starrte. In seinem Gesicht erkannte sie unendliche Trauer.
Sein Anblick bewegte sie sehr. Er sah so besorgt und bekümmert aus. In diesem Moment wirkte er zum ersten Mal verletzlich.
Lara wusste nicht, was sie tun sollte. Einerseits wollte sie ihn mit seinem Kummer allein lassen und gehen, andererseits wäre sie am liebsten zu ihm ins Büro gegangen, hätte ihn in die Arme genommen und getröstet. Ihr war jedoch bewusst, dass er das nicht wollte. Sie konnte jetzt aber nicht einfach gehen und beschloss deshalb, doch hineinzugehen; daher klopfte sie an die Tür.
„Herein.“
Lara öffnete die Tür und betrat das Büro.
Rowans Gesichtsausdruck entspannte sich, als er sie erkannte. „Ja, Miss Brennan?“
„Verzeihen Sie die Störung. Ich wollte mich nur entschuldigen.“
„Weil Sie mir nicht erzählt haben, dass die Kinder mich hassen?“
„Sie wissen, dass es nicht stimmt.“
Er schüttelte den Kopf. „Die Kinder brauchen mich nicht.“
„Sie scheinen wirklich überhaupt keine Ahnung zu haben.“
„Waren Sie nicht auch heute Abend mit am Tisch?“
„Doch. Und ich habe drei Kinder gesehen, die gerade ihre Eltern verloren haben und sich verzweifelt nach Liebe sehnen. Da der Rest der Familie nicht hier ist, sind Sie der Einzige aus der Familie, der ihnen dieses Gefühl geben kann. Leider haben
Sie es aber in den letzten dreieinhalb Wochen nicht geschafft, mehr Zeit für sie zu finden.“
„Falls es Ihnen noch nicht aufgefallen sein sollte, versuche ich nebenbei, ein Land zu regieren.“
„Ich weiß, dass Sie sehr viele Verpflichtungen haben. Im Moment sind die Kinder aber wichtiger als alle Politiker, Lobbygruppen und Wohltätigkeitsorganisationen auf der Insel zusammen. Die Kinder brauchen Sie. Wahrscheinlich genauso sehr, wie Sie die Kinder brauchen.“
„Wenigstens gibt es eine Sache, die ich in Bezug auf die Kinder richtig gemacht habe.“
„Und die wäre?“
„Ich habe Sie davon überzeugt, zurückzukommen.“
Lara errötete. Sie wollte ihm die Verantwortung für die Kinder aber nicht so einfach abnehmen. „Ich bin nur das Kindermädchen. Sie gehören zu ihrer Familie.“
Er schwieg einen Moment lang und nickte dann. „Ich werde versuchen, mich mehr anzustrengen.“
Lara wusste nicht genau, wie ernst sie seine Worte nehmen konnte. Sie verabschiedete sich.
Immerhin zeigte er langsam Einsicht.
Das Letzte, was Rowan wollte, war ein weiterer Streit mit einem verärgerten und bekümmerten Jungen. Aber nach dem Gespräch mit Lara musste er noch einmal mit Christian reden.
Rowan fand den Jungen in der Bibliothek, wo er wieder einmal am Computer arbeitete. „Was machst du da?“, fragte er, während Christian gebannt auf den Bildschirm starrte.
„Chatten.“
Rowan wusste, dass er lange auf eine weitere Erklärung warten konnte. „Könntest du bitte eine Pause machen? Ich möchte gern mit dir reden.“
„Ich kann auch zwei Dinge auf einmal machen.“
„Davon bin ich überzeugt. Aber wir sollten uns jetzt Zeit für ein Gespräch unter vier Augen nehmen. Also schalte bitte den Computer aus.“
Der Junge tippte noch ein paar Wörter und schob dann
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