COLLECTION BACCARA Band 0259
als ein Präsident.“
Sie schlang die Arme um seine Taille und klammerte sich regelrecht an ihm fest. „Es ist furchtbar. Sie ist furchtbar. Sie behauptet, sie sei stolz auf mich. Es ist das erste Mal, dass ich diese Worte aus ihrem Mund höre. Weil ich sie bisher immer nur enttäuscht habe.“
Zehn lange Jahre hatte ihre Familie sie mehr oder weniger ignoriert. „Keiner ist zu meiner Examensfeier gekommen. Wusstest du das? Und das alles nur, weil ich dich nicht geheiratet hatte. Und über meine Arbeit als Tierärztin rümpfen sie nur die Nase. Sie ignorieren mich einfach. Es ist, als hätte ich aufgehört zu existieren, nur weil ich damals ihre Pläne durchkreuzte.“
Er küsste sie zärtlich aufs Haar. „Es tut mir leid.“
Daphne schluchzte. „Sie akzeptieren mich nur als ihre Tochter, wenn ich das tue, was sie wollen. Sonst bin ich nicht weiter wichtig.“
„Für mich bist du wichtig – immer.“ Er hob ihr Kinn an, um ihr in die Augen zu schauen.
Es gefiel ihr, so von ihm gehalten zu werden. Sie genoss seine Umarmung und sein Mitgefühl. Aber war es wirklich ehrlich gemeint?
„Warum dieses Spielchen mit der Verlobung, Murat?“, platzte sie heraus.
„Es ist kein Spiel. Ich habe mich für dich entschieden.“
„Warum denn nur? Du empfindest doch gar nichts für mich. Du hast nie etwas für mich empfunden.“
Er zog die Stirn kraus. „Wie kommst du darauf? Vor zehn Jahren habe ich dich schon einmal gebeten, meine Frau zu werden.“
„Wenn du mich geliebt hättest, dann hättest du mich nicht einfach gehen lassen. Aber es hat dich anscheinend gar nicht gekümmert. Ich habe dich verlassen, und du hast tatenlos zugesehen. Du hast nicht einmal versucht, den Grund herauszufinden.“
Dieser Vorwurf traf ihn härter, als er sich eingestehen wollte. Was sollte er darauf erwidern? Er wusste es nicht.
Murat ließ Daphne allein und ging in sein Büro. Doch anstatt an der vorgesehenen Besprechung teilzunehmen, bat er seinen Assistenten, dafür zu sorgen, dass er nicht gestört wurde, und schloss die Tür hinter sich.
Das Büro war ein repräsentativer Raum, wie es sich für den Kronprinzen eines so reichen Landes gehörte. Für persönliche Unterredungen gab es eine Sitzecke mit drei Sofas und Blick in den Garten. Auf der anderen Seite des Raumes stand ein Konferenztisch aus massivem Rosenholz, an dem bequem sechzehn Personen Platz fanden.
Murat trat auf den Balkon hinaus. Die Frühlingsluft kündigte bereits die Hitze des Sommers an. Vogelgezwitscher erklang aus Büschen und Bäumen. Doch nichts davon nahm er wahr, als er in die Ferne starrte und mit der Vergangenheit rang.
Typisch Frau, dachte er. Daphnes Frage, warum er nicht versucht hatte, sie zurückzuholen, erschien ihm unsinnig. Warum sollte er einer Frau nachlaufen, die ihn verlassen hatte? Es entsprach einfach nicht seiner Stellung. Sie hätte von sich aus zurückkommen und ihn um Verzeihung bitten können.
All dass musste ihr bekannt sein. Sie entstammte einer Familie, die mit den Gepflogenheiten der Herrschaftshäuser vertraut war und die wusste, wie die Welt funktionierte.
Murat kehrte dem Garten den Rücken, blieb aber zögernd auf dem Balkon stehen, als die Erinnerung vor seinem geistigen Auge auflebte. Sein Vater hatte ihm damals die Nachricht von Daphnes Abreise überbracht. Er hatte auch gleich verschiedene Vorschläge parat, wie man sie am besten zurückholte. Doch Murat hatte abgelehnt. Er würde Daphne nicht um die halbe Welt verfolgen. Wenn sie gehen wollte, dann bitte. Sie war ja nur eine Frau. Leicht zu ersetzen.
Heute, zehn Jahre später, erkannte er seinen furchtbaren Irrtum. Daphne war einzigartig und keineswegs zu ersetzen. Sicher, nach ihr hatte es andere Frauen gegeben. Doch keine von ihnen hatte er heiraten wollen.
Er ging in sein Büro zurück und dachte an die Zeit, nachdem sie ihn verlassen hatte. Trauer hatte er sich nicht erlaubt. Ihr Name durfte nicht mehr erwähnt werden, basta. Für ihn war es, als hätte sie nie existiert.
Und jetzt war sie zurückgekehrt. Sie würden heiraten. Mit der Zeit würde sie einsehen, dass es die richtige Entscheidung war. Auch wenn sie noch so gern mit ihm stritt, wusste sie doch, wo ihr Platz im Leben war.
Er setzte sich an seinen Schreibtisch und entnahm einer Schublade ein rotes Lederkästchen, in dem er das offizielle Siegel seines Büros aufbewahrte. Murat legte das Siegel beiseite und entfernte das Samttuch vom Boden des Kästchens. Dort lag zwischen weichen
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