COLLECTION BACCARA Band 0259
ziemlich einsam werden“, gab Rebecca bissig zurück.
„Besser einsam leben, als sich ständig nach anderen Leuten zu richten. Dabei vergisst man irgendwann, was richtig und falsch ist.“
„Es wird ja wohl auch noch irgendetwas dazwischen geben.“
„Ach ja? Haben Sie es denn schon gefunden?“
Das saß. Ihr ganzes Leben lang hatte Rebecca sich angepasst und war trotzdem einsam gewesen. Rasch wechselte sie das Thema.
„Soll ich Sie beim Fahren ablösen?“
„Nicht nötig.“
„Aber …“
„Vielleicht später.“
„Ich habe Hunger“, erklang eine quengelige Stimme vom Rücksitz.
Luke sah in den Rückspiegel. „Na, du kleine Schlafmütze? Wieder aufgewacht?“
„Und ich muss mal.“
„Wir nehmen die nächste Ausfahrt.“
Emily wirkte bedrückt beim Essen: Sie schaffte nur einen halben Hamburger, und Luke vertilgte die andere Hälfte. Ihre Stimmung hob sich erst wieder, als Luke ihr einen Eisbecher kaufte. Aber auch davon ließ sie die Hälfte stehen, und wieder spielte Luke den Resteverzehrer.
Nachdem sie sich auf den Weg gemacht hatten, sang und plapperte Emily vor sich hin, bis sie irgendwann wieder einschlief. Auch Rebecca döste ein und wachte erst auf, als Luke an einer Tankstelle hielt. Die Sonne war schon fast untergegangen.
„Haben Sie noch Lust zu fahren?“, fragte Luke.
Rebecca streckte und dehnte sich ausgiebig. „Ja, natürlich.“
„Oder …“
„Oder was?“
„Es wird bald dunkel, und wir haben noch einen langen Weg vor uns. Wenn Sie zu müde sind, können wir auch unterwegs übernachten.“
Alarmglocken schrillten in ihr. Übernachten. Sie und Luke. In einem Hotel. Niemals!
„Lieber nicht. Ich habe morgen viel zu tun.“
„Wie Sie wollen.“ Damit stieg er aus.
Rebecca folgte ihm. „Sollen wir Emily wecken? Vielleicht hat sie Hunger.“
„Schlafende Kinder soll man nicht wecken.“
„Schlafende Hunde, nicht Kinder.“
„Das sagt nur, wer Emily noch nicht hat weinen hören.“
Rebecca schob sich hinters Lenkrad, und Luke setzte sich neben sie. Dabei entdeckte er Martis Umschlag. „Was ist denn das?“
„Irgendetwas, was mit der Ranch zu tun hat. Eigentlich wollte ich es unterwegs lesen, aber …“
„… Sie waren zu beschäftigt damit, sich über mich zu ärgern.“
„Genau.“
Er zog sich den Hut tief ins Gesicht, doch sein amüsiertes Lächeln konnte er nicht verbergen.
Rasch wurde es dunkel, aber es herrschte wenig Verkehr.
Luke schlief nur eine halbe Stunde. „Erzählen Sie mir etwas über sich“, forderte Rebecca ihn auf, als sie merkte, dass er die Augen wieder geöffnet hatte.
„Was soll ich noch erzählen, was Sie mich nicht schon gefragt haben?“ Er setzte sich auf. „Zur Abwechslung werde ich jetzt Ihnen ein paar Fragen stellen. Haben Sie jemals woanders als zu Hause gelebt?“
„Ja, natürlich. Ich war auf dem College.“ Das zu erreichen, hatte sie lange und geduldige Überzeugungsarbeit gekostet.
„Und jetzt wohnen Sie wieder zu Hause?“
„Ich habe eigene Räume im Dahlgren-Haus.“
„Dahlgren-Haus? Aha.“ Er gab ihr keine Chance, etwas zu erwidern. „War es das, was Sie wollten? Nach dem College einfach wieder in die Arme der Familie zurückzukehren?“
„Eigentlich wollte ich mir mit ein paar Freundinnen eine Wohnung in New York mieten, aber meine Großmutter wird älter, und sie ist meine einzige Verwandte.“ Rebecca lachte freudlos auf. „Sie wissen ja sicher, wie es ist, sich für Angehörige verantwortlich zu fühlen.“ Luke schwieg. „Sie sehen Ihre Familie doch bestimmt auch gelegentlich?“
„Nein. Seit dem College nicht mehr.“
„Haben Sie sich das College selbst verdient?“
„Ja. Deshalb hat es auch fünfeinhalb Jahre gedauert, bis ich fertig war. Ich vermute, Sie sind nach den üblichen vier Jahren wieder unter …“
„… unter die Fittiche meiner Großmutter zurückgekehrt?“ Rebecca atmete tief durch. „Was haben Sie denn anderes gemacht? Warum sind Sie denn nach Far Hills zurückgekehrt?“
„Das ist nur ein Job hier. Ich kann jederzeit gehen.“
„Ach ja, richtig.“ Ihr Sarkasmus schien ihn nicht zu beeindrucken. „Aber Sie sind trotzdem wieder dort gelandet, wo Sie als Kind gelebt haben. Genau wie ich.“
„Sie wohnen also wirklich noch zu Hause.“
„Nein“, erwiderte Rebecca kühl. „Ich wohne in einem Apartment, das ich von Helen Solsong gemietet habe.“
„Wo liegt der Unterschied?“
„Zwischen Helen und meiner Großmutter? Seien Sie nicht albern. Ich
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