COLLECTION BACCARA Band 0259
glaube, wir sollten eine Pause machen und etwas essen.“
„Gut. Hast du auch Hunger, Emily?“
„Ja!“
Rebecca hatte gar nicht gemerkt, dass die Kleine wach war. Warum hatte Luke nichts gesagt? Resigniert gestand sie sich ein, dass sie diesen Mann wohl nie verstehen würde.
Rebecca drehte sich um und sah sich Luke gegenüber.
Am Vorabend hatte er sie vor ihrem Haus abgesetzt, und plötzlich hatte sie völlig unerwartet eine riesige Leere empfunden. Noch war sie sich nicht im Klaren, was dieses Gefühl bedeutete. Sie wusste nur, dass sie nicht bereit war, sich ihm wieder zu stellen. Doch jetzt blieb ihr nichts anderes übrig.
„Guten Morgen, Rebecca.“
„Was tun Sie denn hier im Supermarkt? Sollten Sie nicht auf der Ranch sein?“
Er hob die Brauen. Er wollte sie gerade daran erinnern, dass er Emily in den Kindergarten gebracht hatte, da wurden sie zu Rebeccas Erleichterung gestört.
„Luke Chandler, ich habe mit dir zu reden.“ Das war Fran Sinclair.
„Ich wollte sowieso gerade gehen“, sagte Rebecca schnell. „Wenn Sie mich also entschuldigen wollen …“
Aber Luke stand mitten im Weg und machte keine Anstalten, sie vorbeizulassen.
Fran Sinclair sah ihn vorwurfsvoll an. „Luke, du bringst Rebecca in Verlegenheit. Mach ihr bitte Platz.“
„Ich habe keine Geheimnisse. Vor niemandem.“
„Musst du immer alle Leute vor den Kopf stoßen?“ Fran seufzte.
„Wenn die Leute sich vor den Kopf gestoßen fühlen, ist das deren Problem.“
„Kannst du mir sagen, wo du gestern Morgen warst?“
„Ich habe gearbeitet, wie jeden Morgen“, knurrte er.
Fran schüttelte den Kopf. „Ist dir überhaupt aufgefallen, dass gestern Sonntag war?“
„Ja, und?“
„Marti bringt Emily jeden Sonntag in die Sonntagsschule.“
„Sie wird es überleben, wenn sie einmal nicht dort war.“
„Keine Frage. Aber du weißt ja, wie die Leute sind. Sie werden behaupten, dass du nicht in der Lage bist, für ein kleines Mädchen zu sorgen. Manche zerreißen sich ohnehin schon den Mund über dich und Marti. Die Gerüchteküche brodelt, nicht zuletzt deshalb, weil du keinem die Chance gibst, dich richtig kennenzulernen.“
„Ich werde nicht …“
„Verschon mich, Luke. Ich weiß sehr gut, dass du dir nichts aus dem Gerede der Leute machst. Aber zumindest im Moment bist du nicht nur für dich allein verantwortlich. Marti hat dir Emily anvertraut. Das bedeutet mehr, als nur dafür zu sorgen, dass sie genügend isst und abends rechtzeitig zu Bett geht. Es fällt ihr schwer genug, von ihrer Mom getrennt zu sein. Deshalb solltest du dich darum kümmern, dass zumindest sonst alles seinen normalen Gang nimmt.“
„Ich …“ Luke verstummte.
„Ich weiß, du hast nicht daran gedacht. Lass mich dir eines sagen, Luke. Du wirst noch über eine ganze Menge Dinge nachdenken müssen. Je eher, desto besser.“
Zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, erlebte Rebecca Luke sprachlos. Offenbar nahm er sich Frans Vorwürfe zu Herzen.
Frans Stimme wurde milder. „Wenn du keine Zeit hast, Emily nächste Woche in die Kirche zu bringen, sag mir Bescheid. Dann hole ich sie ab. Oder Kendra und Ellyn springen ein. So, und jetzt überlasse ich dich wieder deiner Arbeit, die dir so wichtig ist. Du siehst übrigens müde aus. Und Sie, Rebecca …“, Rebecca fuhr unwillkürlich zusammen, „… falls Sie Zeit haben, kommen Sie doch mal auf eine Tasse Kaffee bei mir vorbei.“ Damit marschierte Fran davon, fest davon überzeugt, dass ihre Instruktionen befolgt würden.
Luke betrachtete Rebecca düster. „Und? Möchten Sie auch etwas loswerden?“
„Vielleicht, dass ich Ihnen einen schönen Tag wünsche?“, gab sie leichthin zurück.
„Bis später, Rebecca.“
Und dann war er weg. Rebecca atmete erleichtert auf.
8. KAPITEL
In den kommenden Tagen passierte es häufiger, dass Luke Rebecca bat, auf Emily aufzupassen, weil er anderweitig beschäftigt war. Manchmal malte Emily, manchmal schnitt sie Figuren aus buntem Papier aus, und dabei plapperte sie unaufhörlich. Rebecca genoss die Zeit mit der Kleinen, auch wenn sie dadurch die ganze Woche nicht dazu kam, ihre Nachforschungen in der Bibliothek fortzusetzen.
Aber genau genommen war Emily dafür nicht der einzige Grund. In erster Linie war der Inhalt von Martis Umschlag schuld: das Tagebuch von Annalee, Charles Suslands zweiter Frau. Es war ein wenig mühsam, die altmodische Handschrift zu entziffern, aber Rebecca war fasziniert von den Aufzeichnungen der wohlhabenden jungen
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