COLLECTION BACCARA Band 0273
den Kopf. „Es liegt nicht an Ihnen.“
4. KAPITEL
Nachdem Emily nach Hause gegangen war, um sich umzuziehen, lief Nick über das Fabrikgelände. Ja, er wollte das Unternehmen seines Vaters retten. Langsam begann er einzusehen, dass Emily ihm dabei wirklich helfen konnte. Die Maßnahmen, die sie ihm vorgeschlagen hatte, waren nicht sehr drastisch.
Aber er konnte nicht alles von heute auf morgen ändern, er brauchte etwas Zeit. Er ging in die Haupthalle und schaltete den Strom am Hauptsicherungskasten ab. Es wurde dunkel, und alle Maschinen standen still. Seine Angestellten blickten sich verwundert um, bis sie Nick am Sicherungskasten entdeckten.
„Genau so wird es hier immer aussehen, wenn wir nicht bald etwas tun!“, rief er.
Die Leute schwiegen. So hatten sie ihn noch nie erlebt.
Nick konnte sich daran erinnern, wie sein Vater früher getobt hatte, wenn etwas nicht so lief, wie er es geplant hatte – was relativ oft der Fall gewesen war. Er wollte seine Mitarbeiter auf keinen Fall so behandeln, wie sein Vater es getan hatte. Aber in diesem Moment musste er einfach etwas tun.
„Porter and Son steht kurz vor dem Aus“, sagte er und schaltete den Strom wieder ein. „Natürlich ist das nicht erst seit gestern so, und ihr habt ein Recht auf die Wahrheit. Wenn wir nichts an dieser Situation ändern, dann wird die Firma bis zum Ende des Jahres pleite sein. Und Emily Jones ist hier, um uns zu helfen.“
„Wir können uns auch selbst helfen!“, rief jemand aus der Menge. Weitere Kommentare wie „Ja, geben Sie uns eine Chance“ oder „Wir brauchen sie hier nicht“ kamen aus verschiedenen Ecken der Fabrik.
„Sie wird nicht gehen, bevor sie ihre Arbeit getan hat“, sagte Nick entschlossen. Und nicht, bevor sie ihm ein Konzept ausgearbeitet hatte, das seine Bank überzeugte. „Ihr werdet damit leben müssen.“ Er ging in sein Büro zurück, vorbei an Stella, die sich mit der aufgebrachten Menge in der Halle solidarisierte.
Seine Mitarbeiter zu verärgern, war wahrscheinlich nicht der beste Weg. Aber ihm blieb keine andere Wahl. Er war all die Jahre sowohl Freund als auch Vorgesetzter gewesen, und jetzt sah er, wohin das geführt hatte. Von nun an würde er härter durchgreifen, bevor er endgültig die Kontrolle über alles verlor.
Er nahm das Telefon und wählte die Nummer der Auskunft. Emilys Abschiedsworte beschäftigten ihn immer noch. Die meisten Beziehungen hatten ihm nicht viel bedeutet. Aber bei Emily war es anders. Sie brachte sein Blut in Wallung. Wenn er nur herausfinden konnte, was sie zurückhielt …
Es liegt nicht an Ihnen, hatte sie gesagt. Also musste es an ihr liegen. Wenn sie ihm nicht sagen wollte, was sie zurückhielt, dann musste er es eben selbst herausfinden. Und er wusste ganz genau, an wen er sich da wenden musste.
„Melinda? Hier ist Nick. Nick Porter.“
„Vergessen Sie es, ich werde nicht hinter Emmys Rücken über sie reden.“
„Vielleicht ist das gar nicht der Grund für meinen Anruf. Könnte ja auch sein, dass ich einen Anwalt brauche.“
„Nein, Sie wollen über Emmy reden.“
„Sie glauben wohl, dass Sie immer recht haben?“
„Ja.“
„Ich möchte nur das Beste für Emmy.“
„Sehen Sie, ich wusste es doch.“
„Und?“
Schweigen. Immerhin hatte er sie schon dazu gebracht, mit ihm zu reden. Jetzt musste er sie nur noch davon überzeugen, ihm zu helfen.
„Emmy ist meine beste Freundin, und ich möchte, dass sie glücklich ist“, sagte Melinda.
„Das will ich auch. Aber um das zu erreichen, muss ich einige Dinge über sie in Erfahrung bringen.“
„Ich weiß nicht, ob ich Ihnen vertrauen kann.“
„Bitte erzählen Sie mir alles über Emmys Vergangenheit.“
„Ich kenne ihre Vergangenheit nicht ganz“, sagte Melinda. „Emmy ist recht verschlossen, wenn es um ihre Kindheit geht. Ich weiß nur, dass sie in Pflegefamilien gelebt hat.“
„Sie hat mir erzählt, dass ihre Eltern gestorben sind.“ Aber Nick hatte gedacht, dass sie bei einer Tante oder bei ihren Großeltern aufgewachsen war. Stattdessen hatte sie ihre Kindheit bei Fremden verbracht. Er konnte sich vorstellen, dass das keine besonders schöne Zeit für sie gewesen war. Wahrscheinlich hatte sie sich deshalb von ihrer Außenwelt abgeschottet.
Nick spürte, dass sie nur glücklich werden konnte, wenn sie sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzte und einen Weg fand, mit ihren Erinnerungen zu leben.
Er musste ihr helfen. Aber dafür brauchte er Melindas Unterstützung.
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