Collection Baccara Band 0292
„Er ist so ein lieber kleiner Kerl. Er hat viel von seinem Vater. Er ist ebenso zurückhaltend, sanft und klug. Faith ist ein bezauberndes kleines Mädchen und erobert jedes Herz im Flug. Dagegen ist Jimbo ein stilles Wasser. Man hört ihn selten lachen. Aber wenn er lächelt, schmilzt man dahin.“
Sarah Freeman hatte Jonas Fotos von Jimbo gezeigt. Der Eindruck, den er von dem Jungen gewonnen hatte, wurde durch Lorettas Worte bestätigt.
„Er kann offenbar sehr gut mit seiner Krankheit umgehen“, bemerkte er.
„Ja. Er nimmt sie ernst, aber er hat deswegen keine Ängste. An seinem ersten Tag im Kindergarten hat er allen Kindern und Erziehern seinen Notfallausweis gezeigt und ihnen erklärt, dass man auf so etwas achten muss, wenn ein anderer Mensch Hilfe braucht.“
„Ich kann es kaum erwarten, ihn kennenzulernen“, sagte Jonas mit einem Lächeln.
„Es ist so furchtbar, dass ausgerechnet ihm das passieren musste“, sagte Loretta und putzte sich die Nase mit einem Papiertaschentuch.
Aus dem Wohnzimmer drang das Läuten des Telefons zu ihnen. Jonas sprang auf.
„Entschuldigen Sie“, murmelte er und verließ eilig die Küche.
Harold saß regungslos vor dem Telefon und blickte Jonas starr entgegen. Jonas nickte ihm zu und deutete auf die Lautsprechertaste.
Harold drückte die Taste und nahm das Gespräch an. „Hallo?“
„Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Sie auf keinen Fall die Polizei einschalten sollen“, kam die gedämpfte Stimme des Entführers aus dem Lautsprecher.
„Das habe ich auch nicht getan“, erwiderte Harold mit zitternder Stimme.
„Dann erklären Sie mir, wer in dem schwarzen Geländewagen saß, der heute hinter Ihnen in Ihre Straße eingebogen ist.“
Harold sah Jonas an. In seinem Blick stand die blanke Panik. Jonas kritzelte die Antwort stichwortartig auf einen Block neben dem Telefon.
„Ich habe keine Ahnung. In unserer Straße sind noch mindestens zwanzig andere Häuser“, las Harold ab.
„Sie lügen“, gab der Entführer zurück.
Harold unterdrückte ein Aufstöhnen. „Nein, das tue ich nicht. Bitte, lassen Sie mich mit meinem Sohn sprechen. Ich habe das Geld.“
„Ich muss erst über den Vorfall nachdenken“, erwiderte der Mann am anderen Ende der Leitung.
„Aber das Einkaufszentrum schließt in knapp zwei Stunden“, widersprach Harold verzweifelt.
Der Entführer legte auf.
Harold ließ den Hörer fallen und verbarg das Gesicht in den Händen. Von der Tür war Lorettas unterdrücktes Schluchzen zu hören. Sarah stand wie erstarrt neben ihr. Tränen liefen über ihr bleiches Gesicht. Dylan, der auf dem Sofa saß, schüttelte fassungslos den Kopf.
„Er ruft wieder an“, sagte Jonas in die Stille hinein.
„Bist du sicher?“, fragte Dylan. „Du hast ihn doch gehört. Er hat uns gesehen.“
Jonas schüttelte den Kopf. „Er hat nur gesehen, wie wir die Straße entlanggefahren sind. Dass wir ins Haus gegangen sind, weiß er nicht. Sonst hätte er es gesagt. Von seinem Beobachtungsposten aus hat er offenbar keinen Einblick auf das Grundstück. Er wird in ein paar Minuten wieder anrufen.“
Jonas hatte seinen Satz kaum beendet, da klingelte das Telefon erneut.
Harold blickte Jonas an, nahm den Hörer auf und drückte die Lautsprechertaste. „Hallo?“
„Die Übergabe findet heute nicht statt“, sagte er Entführer.
„Das können Sie nicht machen!“, schrie Harold in den Hörer. „Ich sagte Ihnen doch schon, ich habe das Geld. Geben Sie mir meinen Sohn zurück!“
„Halten Sie den Mund. Das ist Ihre letzte Chance. Die Übergabe ist morgen. Alles bleibt wie abgesprochen. Nur die Uhrzeit ändert sich. Um drei Uhr. Haben Sie das verstanden? Halten Sie sich genau an die Anweisungen. Sonst werden die Konsequenzen für Sie bitter sein.“
Alex saß auf dem Barhocker am Küchentresen. Noch vor wenigen Stunden hatte Jonas hier neben ihr gesessen. Wie hypnotisiert blickte sie auf das Telefon, als könnte sie es durch ihre bloße Willenskraft zum Läuten bringen. So gern sie ihre Freundin Eva auch hatte, wünschte sie sich doch, Jonas würde zuerst anrufen. Es machte sie ganz krank, hier so ahnungslos herumzusitzen, und sie war enttäuscht, dass Jonas ihr so wenig vertraute.
Als es endlich so weit war, hatte sie schon beim ersten Klingeln den Hörer in der Hand. „Ja?“, meldete sie sich atemlos.
„Ich habe Dylan nicht erreicht“, sagte Eva. „Er geht nicht ans Telefon. Weder bei uns zu Hause noch an sein Handy. Da stimmt etwas
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