Collection Baccara Band 0293
Krankenhaus. Um nicht auf den Fahrstuhl warten zu müssen, lief sie zu Fuß die drei Etagen zur Kinderstation hinauf. Oberschwester Gloria Jones empfing sie mit einem fragenden Blick, wollte aber nicht wissen, warum sie so spät von der Pause zurückkehrte. Es wartete viel Arbeit auf sie, und Maura war froh, sich auf ihre kleinen Patienten statt auf ihr Problem konzentrieren zu können.
Im Laufe des Nachmittags kehrten ihre Gedanken dennoch zu der schrecklichen Begegnung mit Scott zurück – und zu ihrer Unterhaltung mit Dr. Connelly. Nie zuvor hatte sie eine so persönliche Unterhaltung mit Doug geführt. Doch jetzt war sie froh, dass er in diesem fürchterlichen Moment zufällig für sie da gewesen war. Sich an seiner Schulter auszuweinen hatte ihr Problem zwar nicht gelöst, aber sie fühlte sich seitdem wesentlich besser und blickte wieder optimistischer in die Zukunft.
Der Rest des Tages verlief zum Glück ruhig, denn Maura wurde von schrecklichen Kopfschmerzen geplagt. Und so war sie froh, nach Hause gehen zu können, als eine der Nachtschwestern etwas früher ihren Dienst antrat.
Maura lebte in einem schönen Wohnviertel nicht weit entfernt vom Krankenhaus. In einem modernisierten Sandsteinhaus hatte sie eine bezahlbare Dreizimmerwohnung gefunden. Ihr Wohnzimmer war sogar mit einem Kamin ausgestattet, was sie in den langen Chicagoer Wintern sehr zu schätzen wusste.
Es war die erste Wohnung, die sie allein bewohnte, und Maura hatte es genossen, sie nach ihrem Geschmack einzurichten. Sie liebte Antiquitäten, doch da ihr Budget begrenzt war, hatte sie ihr Talent genutzt, interessante Dinge aufzuspüren, die zwar nicht wirklich antik, aber dennoch originell und einzigartig waren.
Auf dem hellen Holzboden lagen hübsche Teppiche, und die Wände waren in warmen Apricot- und Cremetönen gestrichen. Ihr Zuhause war ihr Himmelreich, ihr Zufluchtsort von dem hektischen, anspruchsvollen Job. Es war ihr privates Reich, wo sie sich erholen und Kraft tanken konnte. Wo sie sich verstecken und ihre Gedanken ordnen konnte, wenn eine Krise ihr Leben erschütterte. So wie heute.
Maura schloss die Wohnungstür auf und trat ein. Sie ließ die Post auf einen Tisch in der Diele fallen, ohne auch nur einen Blick darauf zu werfen, ging geradewegs ins Bad und duschte lange und ausgiebig. Obwohl es noch früh war, zog sie ihr Nachthemd und einen Bademantel an. Dann legte sie sich aufs Bett, in der Hoffnung, etwas schlafen zu können. Doch sofort meldeten sich ihre Sorgen.
Aber statt über Scott nachzudenken, dachte sie an Doug und erinnerte sich daran, wie sie sich vor Monaten kennengelernt hatten. Sie hatte kurz zuvor im Krankenhaus angefangen und Nachtschicht gehabt. Ihr war die Aufsicht über eine seiner Patientinnen zugewiesen worden, ein vierjähriges Mädchen, das mit Lungenentzündung im fortgeschrittenen Stadium und ernsthaften Herzkomplikationen eingeliefert worden war. Durch puren Zufall hatte sie in den frühen Morgenstunden gemerkt, dass es dem Kind schlechter ging und das Herz zu versagen drohte.
Als Doug sie ein paar Minuten später bei der Patientin fand, führte sie wiederbelebende Maßnahmen durch, während sie auf den Notfallwagen der Station mit dem Beatmungsgerät wartete. Wortlos übernahm Doug, doch der respektvolle, dankbare Blick in seinen Augen sagte alles.
Seitdem war ein geheimnisvolles, tiefes Band zwischen ihnen geknüpft, da sie Hand in Hand gearbeitet und die Krise gemeistert hatten. Noch nie hatte sie sich einem Menschen so verbunden gefühlt – weder einem Kollegen noch einem Freund. Es hatte Stunden gedauert, bis das Mädchen außer Lebensgefahr war. Maura blieb, obwohl ihre Schicht längst zu Ende war. Sie wusste, dass einige Kollegen dies für übertriebenes Engagement hielten. Sie rieten zu einer distanzierten Haltung Patienten gegenüber, um einen Burn-out zu verhindern, der so häufig unter den gestressten Krankenschwestern zu finden war.
Doch Maura war anders. Sie war nicht Kinderkrankenschwester geworden, um kranken, hilfsbedürftigen Kindern gegenüber unnahbar und gleichgültig zu sein. Doug dachte ebenso wie sie. Das hatte sie von Anfang an gespürt.
Später erfuhr sie, dass die Familie des kleinen Mädchens nicht versichert war und Doug nicht einmal eine Rechnung geschickt hatte. Während es für Fachärzte von Dougs Kaliber absolut unüblich war, auf Honorare zu verzichten, machte sie die Erfahrung, dass es für ihn nicht ungewöhnlich war, unentgeltlich zu arbeiten.
Als der
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