Collection Baccara Band 0305
mit blauem Haar und einer Riesenratte an der Leine – okay, wahrscheinlich war es ein Hund, sah aber aus wie eine Ratte – stand im Fahrstuhl. Sie warf Rafe einen unsicheren Blick zu.
Er nahm Charlottes Hand und zog sie in den Fahrstuhl. Die Frau und ihre Ratte verließen schnell die Kabine.
Kaum hatte sich die Tür geschlossen, ließ Rafe ihre Hand los. Schweigend fuhren sie hinauf. Rafes Schweigen mochte Ausdruck seiner Verärgerung sein. Charlotte dagegen schwieg aus Verwunderung.
Er hatte sie angeschrien. Er war wütend. Er war die Treppe hinuntergerannt, als hätte er wegen ihr tausend Ängste ausgestanden. Ein Mann, der das Bett einer Frau verließ, ohne einen Blick zurückzuwerfen, rastete nicht aus vor Sorgen, nur weil sie ihm keine Nachricht hinterließ. Selbst in Anbetracht ihrer gegenwärtigen Umstände ergab seine Reaktion keinen Sinn.
Eine kaum spürbare Bewegung in ihr gab ihr die Antwort. Sie legte die Hand auf den Bauch. Natürlich. Rafe hatte sich Sorgen um das Baby gemacht. Nicht um sie.
Die Fahrstuhltür glitt auf. Rafe griff nach ihrem Arm. Sie riss sich los und starrte ihn an. „Hör auf, mich wie einen Koffer mitzuschleifen.“
„Wenn du ein Koffer wärst, dann würdest du dort bleiben, wo ich dich hingestellt habe.“ Er ging in Richtung Wohnungstür. „Komm jetzt.“
Sie schnaubte verärgert, dann folgte sie ihm.
„Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht? Was kann so wichtig sein, dass du dein Leben dafür riskierst?“
„Das hier.“ Sie nahm den Rucksack von der Schulter. „Und ich habe nicht mein Leben riskiert. Ich habe Nikki angerufen …“
„Dein Rucksack?“ Er starrte die Segeltuchtasche an. „ Den wolltest du unbedingt haben?“
„Alles, was ich besitze, befindet sich in dieser Tasche. Mein Geld, mein Ausweis, mein …“
„Du willst Geld?“ Er nahm sein Portemonnaie aus der Hosentasche, zog einige Geldscheine heraus – und warf sie ihr ins Gesicht. „Hier! Jetzt hast du Geld!“
Die Scheine flatterten überallhin. Einige auf ihre Füße. Einer auf seinen Schuh. Andere landeten irgendwo zwischen ihnen, wertvolles weißes und grünes Konfetti.
Fassungslos starrte sie ihn an. Sie konnte nicht glauben, dass er ihr gerade den ganzen Inhalt seiner Geldbörse entgegengeworfen hatte.
Er erwiderte ihren finsteren Blick.
Langsam trat sie einen Schritt vor. Sie öffneten ihren Rucksack und ging vor Rafe auf die Knie. Sie schob die viel zu langen Ärmel seines Ledermantels hoch. Dann räumte sie Stück für Stück ihren Rucksack aus.
„Das ist es, was so wichtig für mich ist.“ Sie zog den Roman Little Women heraus. Das Buch hatte ihrer Mutter gehört. „Und ich brauchte das Geld, ja.“ Andere Bücher folgten – das Jahrbuch der Highschool, ihr Adressbuch, ein altes Fotoalbum, eine sehr alte Ausgabe eines Märchenbuchs, aus dem ihre Großmutter schon ihrer Mutter vorgelesen hatte. „Ob du es glaubst oder nicht, du Kapitalist, es ist schwer, in dieser Welt ohne Geld zu überleben.“
Sie strich über das Schmuckkästchen, das sie als Nächstes herausholte. Der Samt war schon ganz abgegriffen. In dem Kästchen lagen der Ehering ihrer Mutter, die Uhr ihres Vaters und zierliche Brillantohrringe, die sie von ihrem ersten Gehalt bei der Connelly Corporation gekauft hatte. „Aber all diese Dinge hier brauchte ich noch mehr als das Geld.“
Sie drehte den Rucksack um und leerte den Rest auf den Fußboden – Haarbürste, Zahnbürste, Zahnpasta und Shampoo. Slips und Socken zum Wechseln. Noch ein paar Erinnerungsstücke, darunter der vergoldete Füller, den Grant ihr letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte. Zuletzt leerte sie die Innentasche. Darin befanden sich ihre Geburtsurkunde und ein Umschlag mit ihren gesamten Ersparnissen. Zweihundertdreizehn Dollar.
Sie setzte sich auf die Fersen und blickte mit versteinertem Gesicht zu ihm auf. „Das ist alles, was ich auf dieser Welt noch besitze. Und ja, diese Dinge sind es wert, dass ich mein Leben riskiere. Doch das habe ich gar nicht getan. Ich habe eine Frau angerufen, die im Hole-in-the-Wall mit mir gearbeitet hat, und sie gebeten, mir meine Sachen zu bringen. Wir haben uns an der U-Bahn-Station Irving Park getroffen, damit sie nicht weiß, wo ich wohne.“
Rafe blickte mit einer gewissen erschrockenen Faszination auf den kleinen Haufen persönlicher Dinge zu seinen Füßen. Er rieb sich über das Gesicht und sah sie an. „Warum hast du mir nicht gesagt, weshalb du den Rucksack unbedingt
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