Collection Baccara Band 0305
betrogen zu werden, aber ab und zu hielt sich ein Kunde für so mächtig, dass er meinte, den Deal umschreiben zu können, nachdem ein Job erledigt war.
Edwin brachte Auftraggeber nicht um, auch nicht, wenn sie schwierig waren. Das war schlecht fürs Geschäft. Stattdessen beschaffte er sich Informationen. In diesem Fall sollte es nicht schwierig sein, dafür zu sorgen, dass die Kellys ihn ordentlich behandelten. Ein Anruf bei der Polizei oder bei Grant Connelly würde sie teurer zu stehen kommen als Edwins korrekte Entlohnung.
Er nahm die Krawatte ab und öffnete die obersten Knöpfe seines Hemdes, dann holte er einen Ordner aus seiner Aktentasche und setzte sich an den Tisch. Der Ordner enthielt ein Bündel Papiere, oben lag ein Farbfoto von einer Frau mit ernstem Gesicht. Er nahm es in die Hand.
Charlotte Masters trug eine hochgeschlossene Bluse – geschmackvoll und bescheiden, dachte Edwin. Glatte Haare, schlichte Frisur. Sie war ordnungsliebend, ein Wesenszug, den Edwin sehr schätzte. Er hatte es herausgefunden, als er das Apartment durchsuchte, das sie fluchtartig verlassen hatte, nachdem Palermo den ersten Anschlag vereitelt hatte.
Edwin verzog angewidert den Mund. Amateure ärgerten ihn. Palermo gehörte der organisierten Kriminalität an, gewiss, doch dass er schon einmal jemanden umgebracht hatte, machte ihn noch lange nicht zum Profikiller. Ganz sicher war er kein Meisterschütze. Selbstüberschätzung oder Neid auf die, die besser waren als er, hatten ihn in einer Situation schießen lassen, in der es nur wenige Profis getan hätten. Er hatte den Misserfolg verdient.
Er legte das Foto zur Seite und betrachtete das nächste Blatt des Stapels, den Grundriss von Charlotte Masters’ altem Apartment. Man konnte eine Menge über die Gewohnheiten seines Zielobjekts aus der Aufteilung der Wohnung lernen. Zusätzliche Erkenntnisse hatte die Durchsuchung ihrer Habseligkeiten gebracht. Das hatte ihm geholfen, ihre Gewohnheiten, Vorlieben, mögliche Kontakte festzustellen.
Sie war tüchtig, ehrlich und verantwortungsbewusst – insgesamt eine bewundernswerte Frau. Aber sie hatte auch eine Schwäche. Ihren Bruder. Brad Masters war seiner älteren Schwester seit dem Tod ihrer Eltern eine große Last. Er hatte das Druckmittel geliefert, mit dem die Kellys sie zwingen konnten, ihren Arbeitgeber zu hintergehen.
Es klopfte an der Tür. So nüchtern wie ein anderer vielleicht eine offene Datei auf dem Computer sicherte, bevor er auf eine Unterbrechung reagierte, legte er die Akte weg und nahm eine kleine Waffe aus der Aktentasche. Er erwartete den Roomservice, doch er überließ nichts dem Zufall. Nachdem er die Waffe unter einem Handtuch versteckt hatte, ging er an die Tür. „Ja?“, fragte er freundlich.
Als die Stimme auf der anderen Seite der Tür bestätigte, dass es sich um den Zimmerservice handelte, arrangierte er das Handtuch so, dass es aussah, als würde er sich die Hände abtrocknen, und öffnete die Tür. Der Kellner merkte nicht, dass die ganze Zeit, die er sich im Zimmer aufhielt, eine Waffe auf ihn gerichtet war. Er verließ das Zimmer mit einem großzügigen Trinkgeld, und Edwin setzte sich an den Tisch, um zu essen – Salat, gedünsteten Lachs, Ofenkartoffeln.
Vierzig Minuten später stand das Tablett mit dem leeren Teller vor der Tür und die Akte war wieder geöffnet. Edwin hatte mehrere Möglichkeiten, Charlotte Masters ausfindig zu machen, doch der sicherste Weg war der, der ihn auch das letzte Mal ans Ziel geführt hatte: der Bruder. Irgendwann würde sie Kontakt zu ihm aufnehmen.
Er betrachtete das Foto. Eine hübsche Frau. Edwin wusste Schönheit zu schätzen, doch er bewunderte sie nicht. Nein, es waren die anderen Eigenschaften, die ihn an ihr beeindruckten. Sie hat mich verdient, dachte er. Nicht einen Amateur wie Palermo. Leiden zu müssen war unschön und ein Zeichen für einen schlecht ausgeführten Job.
Im Gegensatz zu Palermo war Edwin ein exzellenter Schütze. Eine gezielte Kugel ins Gehirn würde dafür sorgen, dass die bewundernswerte Miss Masters nicht leiden musste. Sie wäre tot, bevor sie überhaupt merkte, was geschah.
6. KAPITEL
Charlotte drückte den Kopf tiefer ins Kissen. Sie sträubte sich dagegen, aus dem Traum zu erwachen.
Das Büro, dachte sie im Halbschlaf. War es Zeit aufzustehen? Wenn ja, dann würde ihr Wecker gleich klingeln. Sie stellte sich immer den Wecker. Nicht ein Mal war sie zu spät gekommen, seit sie für Grant arbeitete.
Sie riss die Augen
Weitere Kostenlose Bücher