Collection Baccara Band 0316
entschuldigte sich Heather mit der Art von Umschreibung, die eine Frau wie Marcie Mae wahrscheinlich zu schätzen wusste. „Wenn Sie mich bitte entschuldigen würden, ich möchte mir die Nase pudern.“
Ganz offensichtlich hatte Marcie Mae überhaupt nichts dagegen. Sie lächelte und zeigte ihre perfekten, strahlend weißen Zähne. Dann führte sie Toby am Arm zu einer Gruppe alter Freunde, die, wie sie behauptete, es nicht abwarten konnten, ihn zu sehen.
Heather versuchte, ein Grinsen zu unterdrücken, als Toby ihr einen hilflosen Blick über die Schulter zuwarf. Dass ihr seine Misere ein gewisses Maß an Befriedigung verschaffte, beschämte sie.
Heather betrat die großräumige, elegante Damentoilette. Grünpflanzen und Blumen schmückten die Waschbecken mit den goldenen Armaturen. Von der hohen Decke hing ein Kronleuchter, und mehrere weiße Korbsessel standen einladend herum. Sie starrte in einen der vielen vergoldeten Spiegel und sah dasselbe von Panik ergriffene Gesicht, in das sie auch geblickt hatte, wenn ihr vor einer Vorstellung schlecht wurde.
Heather war nie gern vor Publikum aufgetreten. Nur wenige Menschen konnten nachempfinden, wie brutal ihre Ausbildung gewesen war. Der ständige Druck hatte ihre sensible Seele so tief verwundet, dass sie schließlich ihre musikalische Karriere ganz aufgegeben hatte.
Sie drehte das kalte Wasser an und bespritzte sich das Gesicht.
Plötzlich bemerkte Heather, dass sie nicht allein war. In einer dunklen Ecke des Raumes standen zwei Frauen, eine von ihnen weinte so bitterlich, dass sie Mitleid bekam.
Da Heather sich aber nicht in die Angelegenheiten anderer Leute einmischen wollte, versuchte sie zu verschwinden, bevor sie in die Sache hineingezogen wurde. Es wäre ihr auch gelungen, wenn die andere Frau, die offensichtlich versuchte, Trost zu spenden, nicht einen verzweifelten Blick in ihre Richtung geworfen und um ein Papiertaschentuch gebeten hätte.
Heather zog eins aus dem Porzellanbehälter und brachte es den Frauen. Die, die es nahm, musste in Heathers Alter sein. In der wunderschönen weißen Satinrobe, die ihre zierliche Figur betonte, sah sie aus wie ein Engel. Sie zuckte mit den Schultern und deutete auf die angelehnte Kabinentür.
„Ich bin über das arme, schluchzende Mädchen gestolpert“, sagte die Lady in Weiß. Sie sprach mit leichtem europäischem Akzent. „Ich dachte, ich kann sie in diesem Zustand nicht allein lassen. Sie sind nicht zufällig eine Bekannte von ihr?“
Heather schüttelte den Kopf und wollte zur Tür.
Genau in dem Moment hob die Weinende den Kopf und ließ die Hände sinken, hinter denen sie ihr Gesicht versteckt hatte. Ein Gesicht, das viel zu jung und hübsch war, um so angstbeherrscht zu sein. Die Wimperntusche lief ihr über die Wangen.
Heather vermutete, dass das Mädchen in dem Alter war, in dem die jungen Südstaatenladys in die Gesellschaft eingeführt wurden.
Die Stimme des Teenagers zitterte, als sie zwei Fremden eine unnötige Erklärung gab. „Ihnen kommt es vielleicht lustig vor, aber egal, was ich tue, nichts ist gut genug, um meinen Vater zufriedenzustellen. Absolut nichts.“
„Das klingt überhaupt nicht lustig“, beruhigte Heather sie mit leiser, verständnisvoller Stimme. „Ehrlich gesagt kann ich Ihren Kummer nur allzu gut nachempfinden.“
„Ich auch“, fügte die Lady in Weiß hinzu.
Überrascht betrachteten sich die Frauen gegenseitig. Abgesehen davon, dass die beiden Frauen etwa in einem Alter waren, waren sie auch von ähnlicher Größe und Statur. Und sie brachten es beide nichts übers Herz, jemanden in Not allein zu lassen.
„Können Sie sich vorstellen“, schluchzte das Mädchen, „dass mein Daddy tatsächlich von mir erwartet, dass ich mich einem alten Knacker an den Hals werfe, nur damit er vielleicht ein großes Geschäft an Land zieht? Haben Sie jemals so etwas Geschmackloses gehört?“
Heather überlegte, ob sie mit „alt“ einen Mann Mitte zwanzig meinte.
„Ich bin doch kein Flittchen!“
Wieder flossen die Tränen, und ein neues Taschentuch wurde benötigt. Heather fühlte sich ins viktorianische Zeitalter versetzt. Was war das für ein Vater, der seine Tochter einem Mann anbot, um seine eigenen Interessen zu verfolgen?
Die Antwort brachte die Erinnerung an den Tag, an dem ihre eigenen Eltern sie durch einen überfüllten Raum schoben, um sie Josef Sengele vorzustellen, einem Pianisten, der bekannt dafür war, Wunderkinder dem Ruhm zuzuführen.
„Ich weiß, wie
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