Collection Baccara Band 0320
nun.
„Haben Sie ihr ein Geschenk geschickt?“
„Es ist sinnlos. Sie will etwas von mir, dass ich ihr nicht geben kann.“
„Was?“
„Liebe.“
„Ah, amore. Warum können Sie ihr sie nicht geben?“
„Man könnte ebenso gut versuchen, Wasser aus einem Stein zu pressen. Ich habe nichts zu geben.“ Harris war sich nicht sicher, warum er Ray das erzählte. Vermutlich deswegen, weil er von seinem Vater keine Antworten bekommen hatte.
„Was hat Sie zu Stein werden lassen?“
Harris antwortete nicht. Wieder musste er an den Tag denken, an dem seine Mutter gegangen war. Er wünschte sich, dass er sich besser daran erinnern könnte.
„Warum gehen wir nicht etwas trinken?“, schlug Ray vor. „Ich werde Ihnen helfen, einen Plan zu schmieden.“
„Ray, Sie können nichts tun, das mich umstimmen würde.“
„Maledizione. Sehen Sie zu, dass Sie gut angeschnallt sind.“
„Warum?“
„Ich werde Ihre Meinung ändern.“
Der Wagen fuhr los, und sie ließen das Hotel hinter sich. Statt auf die beleuchtete Schnellstraße zum Flughafen zuzusteuern, raste Ray jedoch durch unbekannte dunkle Gegenden. Und er wurde immer schneller.
„Ich bekomme so leicht keine Angst“, meinte Harris, sank aber dennoch tiefer in den Sitz. Bilder jagten an den Scheiben vorbei – zu schnell, als dass er irgendetwas erkennen konnte. Waren das vom Schmerz hervorgerufene Halluzinationen?
Endlich wurde der Wagen langsamer und hielt an. Es reicht, dachte Harris. Morgen würde er beim Limousinenservice anrufen und Ray feuern lassen. Der Mann hatte eine Grenze überschritten.
„Wo sind wir?“, fragte Harris.
„Wenn ich meine Fähigkeiten nicht verloren habe, im Connecticut Ihrer Kindheit.“
Ray war eindeutig verrückt. Harris hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Sollte er so tun, als ob er ihm glaubte? Oder sollte er versuchen, ihn zur Vernunft zu bringen?
„Warum tun Sie das?“, fragte Harris. „Geht es Ihnen nicht gut?“
„Ich wünschte, es wäre nur illusione – eine Einbildung. Ich wurde zu Ihrem Fahrer bestellt und soll dafür sorgen, dass Sie und Sarah sich ineinander verlieben.“
„Wer hat Sie beauftragt?“, erkundigte sich Harris, um Ray bei Laune zu halten.
„Ein neunmalkluger Engel.“
Harris überlegte, ob Ray eine gespaltene Persönlichkeit hatte. Ihm waren vorher keine Anzeichen dafür aufgefallen. „Das soll wohl ein Scherz sein.“
„Ich wünschte, es wäre so.“
„Wie ist das passiert?“, wollte Harris wissen.
„Als ich starb, habe ich Gott um die Vergebung meiner Sünden gebeten.“
„Und er sagte: ‚Klar, bringen Sie nur Harris Davidson dazu, dass er sich verliebt.‘ Das kaufe ich Ihnen nicht ab.“
Plötzlich saß Ray neben ihm. Harris hatte gar nicht gemerkt, wie der Mann sich bewegt hatte. Doch da war er nun und kam ihm bedrohlich nahe. Vielleicht sollte Harris ihm einfach erzählen, dass er Sarah wiedersehen würde.
„Halten Sie den Mund, und hören Sie mir zu“, sagte Ray. „Ich erkaufe mir mit einem Herzen nach dem anderen den Weg in den Himmel.“
„Ich weiß, dass Sie glauben, was Sie sagen …“
„ Maledizione, ich höre mich wie ein idiota an. Aber es ist die Wahrheit.“
Harris schwieg.
„Genug geredet. Folgen Sie mir.“
Harris hatte nicht vor, der Aufforderung nachzukommen. Dieser Verrückte behauptete tatsächlich, ein toter Kuppler zu sein und durch die Zeit reisen zu können!
Aber Ray packte ihn am Arm, und Harris fand sich mit einem Mal vor den Säulen auf der Veranda seines Elternhauses wieder. Scheinwerfer strahlten die in Form geschnittenen Buchsbäume im Vorgarten an. In dieser Festung aus Ziegelstein hatte Harris die ersten sechs Jahre seines Lebens verbracht.
Er schloss die Augen und schlug sie wieder auf. Das Haus war immer noch da. Welches Jahr hatte Ray genannt? Gott, lass das nicht wahr sein, dachte Harris. Es durfte einfach nicht stimmen. Denn sonst musste Harris sich nun an etwas erinnern, dass er sein Leben lang zu vergessen versucht hatte.
„Lassen Sie uns hineingehen“, meinte Ray.
Harris wich zurück und lehnte sich an die Limousine. „Ich warte hier.“
„Diesen ganzen Trip machen wir extra für Sie.“
Erneut ergriff Ray seinen Arm und hielt ihn fest. In der nächsten Sekunde flogen sie an der Seite des Gebäudes hinauf und landeten in einem Raum, in dem Harris seit seinem sechsten Lebensjahr nicht mehr gewesen war. Es war das Schlafzimmer seiner Eltern. Jede Lampe im Raum brannte. Der Butler Felix und seine Frau
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