Collection Baccara Band 325 (German Edition)

wissen, was mich erwartet. Wir führen ja sozusagen zwei verschiedene und sehr gegensätzliche Beziehungen … Das macht es mir nicht gerade leicht.“
    „Es wird ein erstes Date sein. Wir haben ja schon ein paar von den Fehlern ausgebügelt, die du in der Vergangenheit gemacht hast. Jetzt werden wir sehen, ob noch irgendetwas anderes korrigiert werden muss.“
    „Alles klar.“
    Sie konnte ihm nicht anmerken, ob er enttäuscht war, aber sie konnte es sich gut vorstellen. Sie wusste ja nicht einmal, ob es ihr gelingen würde, sich an ihre eigenen Regeln zu halten. Sie hatte noch immer nicht vergessen können, was im Country Club passiert war … oder besser gesagt: was nicht passiert war. Als sie heute mit ihm im Konferenzsaal gesessen hatte, musste sie die ganze Zeit den Wunsch unterdrücken, sich mit ihm in irgendeine dunkle Ecke zu verziehen, um das Verlangen zu stillen, das ihr seit Tagen zu schaffen machte.
    „Gute Nacht, John“, sagte sie so fröhlich, wie sie nur konnte.
    „Nacht.“
    Scarlet zog sich eine bequeme Hose und ein Top an, dann holte sie die Restportion Salat mit Hühnchen aus dem Kühlschrank und machte es sich mit ihrem Skizzenblock auf dem Sofa gemütlich. In letzter Zeit war sie ungewöhnlich kreativ, und die Ideen flogen ihr mit einer Schnelligkeit und Häufigkeit zu, dass sie in weniger als einem Monat bereits eineinhalb Zeichenblöcke gefüllt hatte.
    Nach über einer Stunde legte sie den Block zur Seite und schlenderte zum Wohnzimmerfenster. Auf dem Gehweg vor dem Haus waren Leute unterwegs, womöglich um irgendwo zu Abend zu essen, vielleicht waren sie auch schon wieder auf dem Heimweg. Paare spazierten gemächlich, während diejenigen, die allein waren, deutlich schneller gingen.
    Wann hatte sie eigentlich zum letzten Mal ein richtiges Date gehabt? Ein Essen mit jemand anderem als Summer oder einer Freundin? Als sie jetzt darüber nachdachte, wurde ihr klar, dass sie keine Dates mehr gehabt hatte, seit es zwischen John und Summer ernst geworden war … Seit sie gemerkt hatte, dass sie sich in John zu verlieben begann. Sie hatte viel Zeit zu Hause verbracht und sich unter anderem aufs Nähen konzentriert, um auf andere Gedanken zu kommen.
    Die Ironie des Ganzen war natürlich, dass ihr Großvater gegen John nichts einzuwenden hätte – wäre er nicht bis vor Kurzem noch mit Summer verlobt gewesen. Patrick würde keinen Skandal dulden, immerhin hatte er ihre Tante Finny dazu gezwungen, ihr uneheliches Kind zur Adoption freizugeben, nachdem sie mit fünfzehn schwanger geworden war. Und alles nur, um in der Öffentlichkeit gut dazustehen. Scarlet vermutete, dass Fin so sehr darauf aus war, Patricks Wettstreit zu gewinnen, weil sich bei ihr so viel Wut auf ihn angestaut hatte, seit sie damals ihr Baby weggeben musste.
    Scarlet wollte nicht so werden wie Fin, sondern mit Patrick Frieden schließen. Doch dazu würde es nicht kommen, wenn sie von John mehr wollte als nur die heimlichen Treffen bis zu Summers Rückkehr. Falls ihre Verbindung herauskäme, würden die Leute kein anderes Thema mehr kennen – erst recht so kurz nach der Trennung.
    Sie wünschte, sie wäre tapfer genug, um diese Beziehung sofort zu beenden. Doch das war sie nicht. Allerdings dauerte es ja ohnehin nur noch ein paar Wochen, dann würden die Umstände für sie den Schlussstrich ziehen. Etwas, wozu sie selbst einfach nicht in der Lage war.
    Das Telefon klingelte – zum Glück – und riss sie aus ihren düsteren Gedanken.
    „Was hältst du davon, wenn wir das Une Nuit für eine Fotosession nehmen?“, fragte John ohne irgendeine Vorrede. „Models, die an den Tischen sitzen, sich die Speisekarte ansehen, während der Name des Restaurants immer gut im Bild ist, damit ihn alle Welt sieht.“
    „Das Lokal gehört meinem Cousin Bryan. Ist er jetzt einer von deinen Kunden?“
    „Ja, seit ein paar Minuten.“
    „Dann verbringst du den Abend also mit Arbeit?“, hakte sie nach.
    „Die einzige andere Alternative hätte darin bestanden, den ganzen Abend kalt zu duschen.“
    Scarlet drückte sich tiefer in die Sofakissen und presste den Hörer fester ans Ohr. „War deine Nachricht in dem Ballon ernst gemeint, dass du mir Lektionen erteilen wolltest?“
    „Tja, das wirst du heute ganz sicher nicht mehr erfahren.“
    Wie um alles in der Welt hatte Summer sich nur von John trennen können? Diese Frage stellte sich Scarlet zum x-ten Mal. Dieser Mann war scharfsinnig, witzig, intelligent und sexy. Was konnte sich eine