Collection Baccara Band 325 (German Edition)
für Lügen. Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Bisher hatte ich nicht den Eindruck, dass du ungeschickt bist.“ Das brachte ihm die Reaktion, auf die er gehofft hatte. AJ wurde noch wütender.
„Ich bin nicht ungeschickt. Jeder kann mal mit dem Rad umkippen!“
„Ja, doch in diesem Fall nicht, das weißt du genau.“ Offensichtlich war AJ mit irgendjemandem in Streit geraten. „Erzähl mir, was passiert ist.“
„Ich sage Ihnen überhaupt nichts.“
Falsche Antwort. Dare baute sich vor AJ auf. „Wir können hier den ganzen Tag stehen bleiben, aber früher oder später wirst du damit herausrücken, was los ist.“
AJ steckte die Hände in die Jeanstaschen und senkte den Blick auf die Air Jordans, die er an den Füßen trug. Nach ein paar Minuten begriff der Junge, dass er sich keinen Zentimeter von der Stelle bewegen würde. Schließlich hob AJ den Kopf, straffte die Schultern und sah ihm ins Gesicht.
„Caleb Martin mag mich nicht. Heute nach der Schule hat er mich hingeschubst, und da bin ich wieder aufgestanden und habe dafür gesorgt, dass er begreift, dass man so was mit mir nicht macht.“
Dare musste ein Lächeln unterdrücken. Er gab es nur ungern zu, doch gerade eben hatte sein Sohn wie ein richtiger Westmoreland geklungen. Wie oft waren die Westmoreland-Brüder mit blutiger Nase oder blutigen Knien nach Hause gekommen? Es hatte sich schnell herumgesprochen, dass man sich mit einem Westmoreland besser nicht anlegte. Sie waren nie auf Streit aus, aber wenn es dazu kam, wussten sie sich zu wehren. „Mit Kämpfen erreicht man gar nichts.“
Sein Sohn zuckte mit den Schultern. „Caleb Martin wird mir bestimmt keine Schimpfworte mehr nachrufen und mich auch nicht mehr schubsen. Das habe ich mir lange genug gefallen lassen.“
Dare stemmte die Hände in die Hüften. „Wenn das schon eine Weile so geht, wieso hast du deiner Mutter und deinen Lehrern nichts gesagt?“
„Ich habe es nicht nötig, dass meine Mutter oder einer meiner Lehrer für mich einspringt.“
Ungerührt erwiderte Dare den Blick seines Sohns. „In Zukunft erwarte ich, dass du die Dinge nicht selbst in die Hand nimmst. Sollte ich davon erfahren, werde ich dich und Caleb auf die Wache schleppen, und dann werdet ihr zwei nicht nur täglich nach der Schule hier aufkreuzen, sondern ich lasse mir für euch auch Wochenenddienste einfallen. Solche Schlägereien dulde ich nicht.“ Besonders nicht, wenn mein Sohn darin verwickelt ist, dachte er. „Und jetzt geh ins Bad und mach dich sauber. Wir treffen uns auf dem Hof.“
AJ hängte sich die Schultasche über die andere Schulter. „Was soll ich heute tun?“
„Mein Polizeiwagen muss gewaschen werde. Da kann ich Hilfe gebrauchen.“
AJ nickte und lief in den Waschraum. Dare konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, weil er gemerkt hatte, dass AJ sich über diese Aufgabe freute.
„Sheriff?“
Er sah zu McKade. „Ja?“
„Irgendetwas an diesem Jungen kommt mir seltsam bekannt vor.“
Dare wusste genau, worauf McKade hinauswollte. Sein Deputy hatte die ausgefüllten Formulare gelesen und die richtigen Schlüsse gezogen. Sie beide waren gut befreundet und kannten sich schon aus ihrer Zeit beim FBI. McKade hatte gemeinsam mit ihm den Dienst quittiert und war ihm hierher gefolgt.
„Der Junge kommt dir bekannt vor, weil du ihn gestern gesehen hast, McKade.“ Er hoffte, dass das Thema damit beendet war. Anscheinend war das nicht so, denn McKade lachte leise.
„Das meine ich nicht, und das weißt du ganz genau. Mir geht’s um was anderes.“
„Nämlich?“
McKade schwieg einen Moment. „Er sieht dir und deinen Brüdern sehr ähnlich. Besonders dir.“ Wieder machte er eine Pause. „Gibt’s da was, das du mir sagen möchtest?“
Auch Dare musste lächeln. Er brauchte McKade nichts zu erklären, denn sein Deputy war ganz allein drauf gekommen. „Nein, da gibt es nichts.“
Wieder lachte McKade. „Dann unterschätz bloß die Leute hier im Ort nicht. Es wird nicht lange dauern, bis allen ein Licht aufgeht, und früher oder später verrät es jemand dem Jungen.“
Bei der Vorstellung wurde Dares Lächeln noch breiter. „Genau darauf zählen seine Mutter und ich.“ Damit ging er nach draußen hinter die Wache.
Sein Sohn arbeitete ausdauernd und konzentriert.
Dare beobachtete AJ, wie er den Polizeiwagen trocken rieb. Er merkte, welchen Spaß AJ dabei hatte. Er würde Shelly fragen, ob er zu Hause irgendwelche Pflichten hatte. Wenn nicht, dann wäre es sicher
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