Collection Baccara Band 330
an. „Retten Sie ein Mädchen vor einem Schicksal, das noch schlimmer ist als der Tod.“
Vermutlich würde er es bereuen, dachte Sam, als er in ihre großen Augen sah. Er wollte für niemanden den Held spielen.
Und trotzdem, trotz alledem, hörte er sich antworten: „Okay. Ich mach’s.“
3. KAPITEL
Als Sam am nächsten Morgen aufwachte, wusste er im ersten Moment nicht, wo er war.
Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Es roch nach Zimt. Er blickte sich im Zimmer um. Die Wände waren lavendelblau gestrichen, und das gusseiserne Bett war am Kopf- und Fußende mit Schnörkeln verziert. Vor den Fenstern hingen weiße Spitzenvorhänge, die sich sanft im Wind bewegten. An einer Wand des geräumigen Zimmers stand eine antike Kommode, und auf der anderen Seite ein kleiner Fernseher auf einem schmalen Bücherregal, in dem nur Krimis standen. Und zwar äußerst brutale.
Sam musste unwillkürlich lächeln, als er die geblümte Bettdecke zurückwarf und aufstand. Er hatte sich am vorigen Abend, ehe er ins Bett gegangen war, die Bücher im Regal genauer angesehen. Und obwohl er schon viel gesehen hatte während seiner Zeit im Krankenhaus und in der Notaufnahme – bei ein paar dieser Bucheinbände drehte sich selbst ihm der Magen um. Interessante Frau, diese Tricia Wright, dachte er. Einerseits romantisch verspielt, mit Spitzenvorhängen und antiken Möbeln, und andererseits mit einer Vorliebe für schaurige und grausame Geschichten. Was das wohl über ihre Persönlichkeit verriet?
Und warum fragte er sich das überhaupt?
Nach einer heißen Dusche in dem altmodischen, puppenhausgroßen Badezimmer ging er nach unten. Er hatte sich beim Duschen den Ellbogen an der Wand angeschlagen, und sein Nacken tat weh, weil er sich beim Haarewaschen so weit hatte hinunterbeugen müssen. Aus der Küche wehte der Duft von Kaffee und frisch gebackenen Plätzchen.
Er genoss die Stille im Haus und freute sich, dass nicht bereits so früh am Morgen irgendwo ein Fernseher plärrte. Das Wohnzimmer war groß, und überall standen gemütliche Polstermöbel, die einen geradezu aufforderten, darin Platz zu nehmen und sich zu entspannen. Auf einer Seite war ein offener Kamin, dessen Sims mit gerahmten Familienfotos verziert war.
Tricia bemerkte ihn nicht sofort, als er an der Küchentür stand und sie beobachtete.
Sie drehte ihm den Rücken zu und bereitete irgendetwas vor. Das Sonnenlicht schien durch die Fenster und ließ ihr langes blondes Haar, das sie zu einem Zopf zurückgebunden hatte, golden schimmern. Sie war barfuß und trug ein enges graues T-Shirt und ausgefranste Shorts. Ihre langen sonnengebräunten Beine kamen darin voll zur Geltung. Tricia sah selbst am frühen Morgen schon klasse aus.
Mit einem Nudelholz rollte sie Teig aus, und hinter ihr auf dem großen Küchentisch lag systematisch aufgereiht eine riesige Menge an Plätzchen. Manche waren schon fertig gebacken und kühlten ab, andere mussten erst noch in den Backofen geschoben werden. Sie schien öfter zu backen, denn sie bewegte sich schnell und routiniert.
Sam versuchte sich zu erinnern, was Eric ihm von seiner Familie erzählt hatte. Aber leider hatte er nie richtig zugehört, was er in diesem Moment bereute. Er wusste praktisch gar nichts über Tricia.
Im Radio lief Musik, und Tricia begann mitzusingen.
„Sie sollten sich lieber aufs Backen beschränken“, sagte er leise und fügte dann etwas lauter hinzu: „Kriegt man als Zuschauer hier auch einen Kaffee?“
Tricia schrie erschrocken auf und wirbelte herum. Mit einer Hand griff sie sich ans Herz, schnappte nach Luft und lachte dann. Ihre Hand hatte einen Mehlabdruck auf ihrem T-Shirt hinterlassen. „Müssen Sie sich so anschleichen?“
„Sie haben so wunderschön gesungen, da wollte ich nicht stören“, antwortete Sam und lächelte frech. „Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe.“
„Na ja, mein Herz schlägt ja, Gott sei Dank, wieder, ich verzeihe es Ihnen noch mal.“
Sie holte eine riesige lila Tasse aus dem Schrank und füllte sie mit köstlich duftendem Kaffee.
„Falls Sie den Geschmack dieses wunderbaren kolumbianischen Kaffees ruinieren wollen, im Kühlschrank ist Milch, und Zucker steht auf der Anrichte.“
„Ich trinke ihn schwarz.“ Vorsichtig probierte er das heiße Getränk.
„Solche Männer gefallen mir“, sagte Tricia grinsend und trank selbst einen Schluck.
Die meisten Männer hätten das als Einladung angesehen, sie besser kennenzulernen und mit ihr zu flirten.
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