Collection Baccara Band 332
Wasseroberfläche.
Marc ließ den Blick über ihren Arm wandern und blieb an ihrer Schulter hängen. Die Lust, sie zu berühren, wurde übermächtig, aber er beherrschte sich, wenn auch mit Mühe.
„Der Bikini passt wie angegossen“, stellte er fest und betrachtete mit Genuss ihre Brüste, die durch die kleinen Stoffstückchen eher dürftig bedeckt waren.
„Hör auf zu grinsen, Kavanaugh“, befahl Mari und verdrehte genervt die Augen.
„Ich grinse doch gar nicht.“
„Du weißt sehr gut, dass du grinst!“
Mit diesen Worten tauchte Mari unter und entzog sich damit seinen Blicken. Nach ein paar Augenblicken kam sie ein Stückchen weiter wieder hoch und schüttelte sich das Wasser aus den Haaren. Dabei bedachte sie Marc mit einem vorwurfsvollen Blick.
„Musstest du ausgerechnet einen Bikini von Deidre nehmen?“, schimpfte sie. „Colleen hat eher meine Größe. Nicht, dass du das nicht selbst wüsstest.“
„So etwas fällt mir gar nicht auf“, erwiderte Marc unschuldig. „Schließlich sind das meine Schwestern.“
„Ach was! Du hast nie bemerkt, dass Deidre sehr zart und zierlich ist?“
Marc schnaubte verächtlich. „Ich weiß ja nicht, woran du dich im Zusammenhang mit ihr erinnerst. Aber zart ist wahrhaftig nicht die richtige Beschreibung für sie. Zum Beispiel hat sie einen verwundeten Soldaten aus dem Feuerhagel geholt.“
„Im Ernst?“ Mari war beeindruckt.
„Ja.“ Marc war von der Heldentat seiner Schwester weniger begeistert gewesen. „Sie hat eine Ehrenmedaille dafür bekommen. Zum Glück ist sie inzwischen versetzt worden.“
„Du machst dir sicher große Sorgen um sie.“ Mari kam einen Schritt näher.
„So wie du um Ryan.“
Ein Schatten hatte sich auf die zuvor gelöste Stimmung gesenkt. Über ihnen zwitscherte ein Vogel.
„Es tut mir leid, wie du von dem Streit zwischen Ryan und mir all diese Jahre nach dem Prozess erfahren hast“, sagte Marc. „Du warst nicht da, und die Emotionen schlugen damals hohe Wellen.“
„Aber ihr habt euch immer so nahegestanden“, meinte sie fast unhörbar. „Manchmal …“ Sie verstummte mit einem Seufzer.
„Was?“ Sie schüttelte den Kopf. „Du bist immer noch wütend.“
„Das habe ich nicht gesagt.“
„Aber es würde mich nicht wundern. Du hast deine Eltern verloren.“
„Nicht nur“, gab sie leise zurück.
Marc blickte Mari an, und auf einmal überkam ihn nackte Lust. Aber dazu war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.
„Wenn du damit mich meinst: Ich bin hier“, erwiderte er.
Mari blinzelte und sah dann auf die Seite. „Ich habe dich auch gemeint, ja. Aber auch meine Kindheit, meine Sicherheit, meinen Glauben an die Zukunft, daran, dass irgendwann alles wieder gut wird, dass am nächsten Tag alles wieder frisch und neu ist. In diesem Sommer damals habe ich das alles verloren.“
„Es ging uns allen so.“
„Ja, ich weiß. Ich wollte dir das ja auch erklären, aber irgendwie ist alles auf einmal so schnell gegangen. Dir habe ich nie einen Vorwurf gemacht, Marc. Nie. Wie auch?“
Er hob die Schultern. „Andere haben es getan. Das ist menschlich. Wenn der Täter mit den Opfern stirbt, braucht man einen anderen Schuldigen.“
„Aber das ist lächerlich.“
„Ja, vermutlich. Aber die Leute müssen irgendwohin mit ihrer Wut und ihrem Zorn, mit ihrer Unsicherheit. Meine Mutter lebt seit fünfzehn Jahren mit ihrer Hilflosigkeit. Anfangs bekam sie hasserfüllte Anrufe und anonyme Briefe und wurde geschnitten. Es war nicht leicht für sie. Manche Leute fanden, sie hätte unterbinden müssen, dass mein Vater trank – oder einer von uns hätte einschreiten müssen, ich zum Beispiel.“
„Das ist doch völlig unrealistisch!“
Marc zuckte die Achseln. Immer wieder hatte er sich in den letzten Jahren gefragt, ob er wirklich etwas hätte tun können, um diesen Unfall zu verhindern.
„Du warst erst einundzwanzig“, flüsterte Mari. „Du nimmst dir diese absurden Vorwürfe doch nicht zu Herzen?“
„Nein“, antwortete er nach einer kleinen Pause. „Mein Vater war selbst für sein Verhalten verantwortlich. Natürlich habe ich viel darüber nachgedacht, ob ich vielleicht etwas anders hätte machen können.“
„Woher solltest du wissen, was in dieser Nacht passieren würde? Da hast du sicher nicht an deine Eltern gedacht, genauso wenig wie ich.“
Das Blut stieg ihr in die Wangen, als ihr bewusst wurde, was sie da gesagt hatte. Natürlich hatten sie beide nicht an ihre Eltern gedacht, denn in dieser
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