Collection Baccara Band 335 (German Edition)
Mann von damals.
„Warum ist mir das nicht selbst eingefallen?“, murmelte der Mann neben ihr.
„Was meinen Sie?“, fragte Daisy.
Missmutig sah er sie durch seine dicken Brillengläser an. „Seine Idee für diese Erfindung. Haben Sie nicht zugehört?“
„Nein“, gab sie zu. „Ich war abgelenkt.“
Hinter ihr kicherte jemand.
„Ich sage Ihnen, wenn es um Sensoren für Roboter geht, schlägt keiner St. John“, flüsterte ihr jemand aus der ersten Reihe zu.
„Vor allem, wenn es um Roboter geht, die mit Menschen interagieren“, fügte jemand hinter Daisy begeistert hinzu.
Interessant. Daisy wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Justice zu. Obwohl sie nicht verstand, worüber alle redeten, beeindruckte sie, dass er offensichtlich einen guten Ruf genoss. Doch was war der Preis dafür? Sorgfältig musterte sie ihn.
Seine Gesichtszüge waren viel strenger als früher. Seine goldbraunen Augen funkelten fast gefährlich. Sein schwarzes Haar war genauso lang wie damals. Anstelle eines Anzugs trug er eine Stoffhose und ein schwarzes Hemd.
Sein Aussehen und sein Auftreten hatten etwas Bedrohliches an sich. Und genau das zog Daisy in den Bann.
Sie fragte sich, was mit dem Mann passiert war, an den sie sich erinnerte. Er war auch damals schon diszipliniert und selbstbewusst gewesen. Doch hatte er nicht so kühl gewirkt wie heute. Sie hatte immer seine Offenheit und seinen erfrischenden Humor geschätzt. Damals hatten sie viel miteinander gelacht. In jenem Sommer war alles so einfach und ungezwungen gewesen. Diese Monate würde sie niemals vergessen.
Der Mann, der jetzt vor ihr stand, war ein vollkommen anderer Mensch. Es erschreckte sie, wie ernst und humorlos er wirkte.
In diesem Moment fiel sein Blick auf sie. Irgendetwas passierte in diesem Augenblick zwischen ihnen. Erkannte er sie etwa? Das glaubte sie nicht, denn sie hatte auch sich sehr verändert. Trotzdem wandte er den Blick nicht von ihr. Bestimmt irrte sie sich nur, aber sie meinte, in seinen Augen Begierde zu erkennen.
Sie beschloss herauszufinden, was mit Justice passiert war. Er war immer die Messlatte für alle ihre Beziehungen gewesen. Jetzt zweifelte sie allerdings daran, dass die Zeit mit ihm wirklich so besonders gewesen war. Vielleicht war sie damals schlichtweg nur naiv gewesen. Jedenfalls war er nicht mehr der Mensch, den sie damals kennengelernt hatte.
Nach einem Gespräch mit ihm würde sie ihn bestimmt endlich vergessen können.
Justice wollte sich am liebsten in Luft auflösen. Er hatte keine Lust auf diese Rede. Er erzählte hier den größten Unsinn, den er bisher verzapft hatte. Weniger als einen Tag war er nun in Miami. Jetzt schon war er der Meinung, dass er hier nur seine Zeit verschwendete.
Nachdem er sein Zimmer bezogen hatte, war er sofort an die Arbeit gegangen. Der erste Name auf seiner Liste war Dorothy Salyer. Sie war recht attraktiv und nur wenige Zentimeter kleiner als er. Intelligent war sie auch. Dank der Software seines Onkels konnte es nicht passieren, dass eine ungebildete Frau auf der Liste stand. Nur leider war Dorothy bei ihrem Treffen viel zu schüchtern gewesen. Mehr als sechs Worte am Stück hatte sie nicht gesprochen.
Die erste Frau kam demnach nicht infrage.
Die zweite Frau auf der Liste war weder groß noch attraktiv. Dafür redete sie am laufenden Band. Vor allem, wenn es um ihre Bewunderung für den einzigartigen Justice St. John ging. Sie nannte seinen Namen in jedem zweiten Satz. Nach zehn Minuten konnte er sich das nicht mehr anhören. Bevor er den Kaffee ausgetrunken hatte, war das Treffen zu Ende.
Zweite Frau: durchgefallen!
Da er keine weitere Zeit hatte verschwenden wollen, hatte er sich gleich mit der dritten getroffen. Glücklicherweise war sie sehr humorvoll (eine willkommene Abwechslung), attraktiv (ein Bonus), normal (ein großer Bonus) und intelligent (was eine Voraussetzung war).
Wenn sie nicht erwähnt hätte, dass sie in der Stadt leben wollte, wo sie immer Fast Food bestellen konnte, da sie als Köchin eine Null war, hätte er sie gefragt, ob sie seine Geliebte werden wollte.
Nach der dritten Pleite hatte er aufgeben wollen. Das hätte er auch getan, wenn ihn nicht folgende Punkte davon abgehalten hätten:
1. Er mochte Frauen.
2. Er genoss es, ein intelligentes Gespräch mit einer Frau zu führen.
3. Sein Onkel hatte recht. Anstatt sein Wissen zu teilen, hatte Justice es für sich behalten. Noch schlimmer war, dass seine Abschottung zu einer Blockade geführt hatte. Deshalb
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