Collection Baccara Band 336
Kerzenlicht.
Gina wusste das, weil ihr Vater ihre Mutter oft hierher ausgeführt hatte. Nachdem er sie in der Regel die Woche über vollständig ignoriert hatte, versuchte er auf diese Weise, sie milde zu stimmen. Nicht wenige seiner Geschäftsfreunde verfuhren mit ihren Ehefrauen genauso.
Sie warf einen verstohlenen Blick auf Case und überlegte, ob er dieses Restaurant wohl jemals aus ähnlichen Gründen aufgesucht hatte. Er war nicht verheiratet, es gab also keine Ehefrau, die er umgarnen musste, aber vielleicht waren solche Maßnahmen ja auch bei einigen seiner zahlreichen Freundinnen nötig. Soweit sie das einschätzen konnte, verging kaum eine Woche, ohne dass sein Foto in irgendeinem Magazin auftauchte. Und jedes Mal hing eine andere Frau an seinem Arm. Eins hatten sie alle gemeinsam, sie wirkten immer jung und äußerst attraktiv.
An weiblicher Gesellschaft schien es ihm nicht zu mangeln, daher fragte sie sich, wieso er darauf bestanden hatte, mit ihr auszugehen. Unter gesenkten Augenlidern musterte sie ihn aufmerksam. Sie glaubte keine Sekunde daran, dass er nur ihren Erfolg feiern wollte. Männer wie Case Fortune taten nichts, ohne dabei an ihren eigenen Vorteil zu denken. Und davon, mit ihr auf ihren Buchpreis anzustoßen, hatte er nun wirklich nichts.
Während der Kellner routiniert die Champagnerflasche öffnete, beobachtete sie Case mit unverminderter Wachsamkeit. Sie gab es nicht gern zu, aber er sah leibhaftig noch besser aus als auf den Fotos in den Hochglanzmagazinen. Dichtes, dunkles, sehr kurzes Haar. Ein markantes, gut geschnittenes Gesicht. Die Lederjacke, die er lässig über die Stuhllehne gehängt hatte, stammte vermutlich aus dem Atelier eines italienischen Designers, genauso wie das maßgeschneiderte Hemd. Er hatte das Geld, sich jeden Luxus zu erlauben, und das Beste schien gerade gut genug für ihn zu sein. Auch in dieser Hinsicht fühlte sie sich an ihren Vater erinnert.
Der Gedanke an Curtis Reynolds hob ihre Stimmung nicht, im Gegenteil. Sie warf einen kurzen Blick auf die Uhr und fragte sich, wie lange sie wohl bleiben musste, um nicht unhöflich zu wirken. Fünf Minuten? Oder zehn?
„Ihr Champagner, gnädige Frau.“
Erschrocken blickte sie auf und sah sich dem Kellner gegenüber, der ihr eine Champagnerflöte reichte. Sie zwang sich zu einem Lächeln und nahm das Glas. Währenddessen verfluchte sie im Stillen die Managerin der Buchhandlung aufs Gröbste. Susan hatte sie förmlich zur Tür hinausgestoßen. Ihr war kaum etwas anderes übrig geblieben, als Case Fortunes Einladung anzunehmen. Eine Ablehnung wäre ebenso undankbar wie unhöflich gewesen.
„Auf viele weitere Auszeichnungen in der Zukunft.“
Gina schaute auf und sah, dass Case sein Glas erhoben hatte. „Danke“, murmelte sie, prostete ihm zu und nippte an ihrem Champagner.
Sie mochte dieses perlende Getränk nicht besonders. Ihr Vater war völlig versessen darauf. Das allein genügte ihr schon, um eine Abneigung dagegen zu hegen. Bei der erneuten Erinnerung an ihn erschauerte sie unwillkürlich und setzte unwillig das Glas ab. Zweifellos war Case dafür verantwortlich, dass sie heute andauernd an ihren Vater denken musste.
Besorgt blickte er sie an. „Wenn Sie Champagner nicht mögen, kann ich Ihnen auch etwas anderes bestellen.“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, vielen Dank. Ich trinke nur nicht besonders oft Alkohol.“
Er nickte verständnisvoll und sah sie interessiert an.
„Wissen Sie, ich bin erstaunt, dass wir uns noch nie begegnet sind. Immerhin leben wir in derselben Stadt. Unsere Wege hätten sich ja irgendwann einmal kreuzen können.“
„Eigentlich ist das kein Wunder“, sagte sie und zuckte mit den Schultern. „Ich war lange auf einem Internat und danach an der Universität. Ich bin erst vor einigen Jahren wieder nach Sioux Falls gezogen.“
„Ich schätze, das erklärt alles“, erwiderte er und lächelte. „Ich kenne Ihren Vater. Ehrlich gesagt, bin ich sein größter Fan. Er hat Reynolds Refining zu einem Unternehmen gemacht, das auf dem Weltmarkt eine bedeutende Rolle spielt. Die Firma wird hervorragend geführt und steht finanziell sehr gut da. Das ist bei der heutigen Wirtschaftslage keine Selbstverständlichkeit.“
Gina langweilte das Gespräch zu Tode. Sie wandte den Blick ab. „Ich habe kaum Ahnung von diesen Dingen.“
„Sie interessieren sich nicht für das Unternehmen Ihres Vaters?“
„Absolut nicht.“
„Und warum nicht?“
Sie schaute erneut auf die Uhr.
Weitere Kostenlose Bücher