Collector
Messdaten liefen auf den Monitoren um sie herum auf, mit denen er nichts anfangen konnte. »Ich glaube, die Rüstung hat einen Defekt«, sagte er über Funk und bedauerte es, Suedes Geruch nicht wahrnehmen zu dürfen. Ja, er fand sie reichlich attraktiv und interessant obendrein.
»So? Glauben Sie?«, erwiderte sie, ohne dass sie sich zu ihm umwandte. Sie tippte in rasendem Tempo auf die verschiedenen Tastaturen ein.
Ihre Betonung sagte alles. Kris kam sich für seine Bemerkung unglaublich dumm vor. Die Frau ist Professorin und hat vermutlich hundert IQ-Punkte mehr als du, sagte er sich. Vielleicht sogar zweihundert mehr. Grundschüler, die sich in ihre Lehrerin verknallten, hatten die gleichen Chancen auf ein Date wie er. Noch dazu war sie seine Vorgesetzte.
Er konnte es selbst kaum glauben, dass er an ihr vorbeiging, damit sie ihn körperlich wahrnehmen musste. Was tue ich denn da? Pseudoexpertenhaft beugte er sich nach vorn und betrachtete die Collector-Rüstung, berührte sie mit der rechten Hand und verharrte an einem Punkt, als hätte er etwas entdeckt. Scheiße, ich werde mich lächerlich machen!
»Haben Sie UNS verschwiegen, dass Sie sich mit ahumaner Panzerungstechnologie auskennen, SK?«, kommentierte Suede mit einer Mischung aus Überraschung und Ungehaltenheit. Die Lehrerin maßregelte den Schüler. »Oder ergründen Sie, ob in Ihnen verborgene Kommunikationstalente wie in Ihrem Vater schlummern?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich darüber freuen würde«, gab er zu und beschäftigte sich jetzt wirklich mit der Rüstung. Sie zeigte Schäden vom Einschlag, tiefe Rillen in der Panzerung, Lackkratzer und zerfetzte Leitungen, aus denen die blaue Flüssigkeit getropft war. An der rechten Schulter und am Torso war das Material heftig eingedrückt. »Wenn da ein Lebewesen drinsteckt«, sagte Kris, »hat es kaum mehr Platz.«
»Wie aufmerksam Sie sind. WIR sind beeindruckt«, kommentierte Suede ironisch und reichte ihm ein pinzettengroßes Miniaturspreizgerät, von dessen Ende ein fingerdickes Kabel in einen Generator führte. »Machen Sie sich nützlich. Versuchen Sie, ob Sie eine Öffnung an der Schulter schaffen können.«
Kris war glücklich. Ihre betörende Stimme machte wett, dass er sie nicht riechen durfte. Selbst zu den besten Zeiten zwischen Umaia und ihm hatte er sich nicht so zu einer Frau hingezogen gefühlt. Zu seiner sehr großen Verwunderung. Liebe auf den ersten Blick? Er suchte nach einem Riss im Material, in den er die Spreizerenden einführen konnte.
»WIR haben Erkundigungen über Ihren Vater eingeholt«, sagte Suede. »Er gilt offiziell als verschollen und hat seine Interim-Rente seit sieben Standardjahren nicht mehr abgeholt. Gelegentlich ist sein Name auf Passagier- oder Heuerlisten von alten, schlechten und vor allem billigen Frachtern aufgetaucht. WIR haben ihn auch ab und zu als Kapitän mit einem eigenen Schiff gefunden.«
»Gut. Je eher wir wissen, wo er ist, desto schneller haben wir eine Chance, mit dem Collector zu kommunizieren.« Kris ging nicht weiter auf das Thema ein. Es belastete ihn, weswegen er auch nicht mit Faye über ihn gesprochen hatte: Er wollte nicht. Dabei dachte ich, ich sei ihn los. Verantwortungsloser Feigling!
Mit einem Hammer und einem harten Schlag trieb er den Spreizer in den kleinen Riss, dann betätigte er die Hydraulik.
Zunächst tat sich nichts, dann quietschte es; schließlich rutschten die Spitzen ab und sprangen aus dem Spalt, Kris fing den Spreizer auf. Shit! Misstrauisch blickte er auf den Collector, der sich nicht regte. Aller guten Dinge ... Also versuchte er es wieder.
»Er war Übersetzer auf Hakup«, sagte Suede nüchtern, »und hat Sie und seine Familie alleingelassen, als es brenzlig für ihn wurde. Ihr Vater ist kein sehr rechtstreuer Mensch. Und kein aufrichtiger.«
»Nein, das war er wohl nicht. Es ging ihm immer nur um seinen eigenen Vorteil, erzählte mir meine Schwester.« Sie klingt sexy, egal was sie sagt!
»Das heißt, Sie hatten mit der zweiten Frau Ihres Vaters danach keinen Kontakt?«
»Nein. Meine Schwester flüchtete mit mir, als die Collectors nach Hakup kamen.« Die Erinnerung an die Flucht überkam ihn als Welle von schlechten Empfindungen, die auch nicht von Suedes Stimme verdrängt werden konnten. Viel wusste er nicht mehr davon, aber an die Gefühle entsann er sich genau: Angst. Schreckliche Angst, nachdem der Gleiter, in dem seine Mutter und die jüngere Schwester saßen, durch einen Startunfall
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