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Collector’s Pack

Collector’s Pack

Titel: Collector’s Pack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Giordano
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klar, dass er alleine genauso scheitern würde wie Pilatus. Also beschloss er, einen geheimen Bund von Rittern und Mönchen zu gründen. Einen Orden vom Tempel Salomons, zu Ehren des Ortes, wo Jean de Vezelay seine Bestimmung erkannt und das Amulett empfangen hatte.
    Zu diesem Zeitpunkt ging in Châtillon-sur-Seine der neunjährige Sohn des Ritters Tescelin le Roux und seiner Frau Aleth de Montbard noch zur Schule. Der kleine Bernhard. Ein ernstes Kind ohne Freunde, mit einer steten Zornfalte über der Stirn und einem Hang zu Wutausbrüchen, die sich erst abmilderten, als er vierzehn Jahre später in das Kloster Cîteaux eintrat, das er allerdings zwei Jahre darauf schon wieder verließ. Er wechselte in die Abtei von Clairvaux, deren Abt er bald schon wurde, und reformierte den Zisterzienserorden.
    Im jenem Jahr 1121 war Jean de Vezelay in Jerusalem neunundsiebzig Jahre alt und sah immer noch aus wie siebenundfünfzig. Er hatte zusammen mit seinem verblühten Liebhaber Hugo von Payns, Godefroy de Saint-Omer, Archibald de Saint-Amand, Godefroy Bisol, einem flämischen Mönch namens Gundemar und drei Strauchdieben aus der Bourgogne inzwischen einen Orden gegründet, der sich Pauperes commilitones Christi templique Salomonici Hierosalemitanis nannte und sich nach außen hin dem Schutz der Pilger ins Heilige Land verpflichtete. Vezelay hatte das Hauptquartier dieses Ordens direkt gegenüber dem Felsendom in der ehemaligen Al-Aqsa-Moschee eingerichtet. Die Truhe aus seiner Vision hatte Jean de Vezelay noch nicht gefunden. Seit jenem fünfzehnten Juli musste er jeden Tag aufs Neue einen furchtbaren Dämon töten, der an seiner Seele fraß. Er war bislang nur auf zwei weitere Amulette gestoßen. Er brauchte mehr Leute. Mehr Macht. Er brauchte einen mächtigen Partner. Außerdem fiel seine Alterslosigkeit allmählich auf. Also machte Vezelay sich zusammen mit Hugo von Payns auf die Rückreise nach Frankreich, um mit Bernhard von Clairvaux zu sprechen. Unterwegs erschlug er seinen Liebhaber und nahm dessen Namen und Existenz an. Mit seiner neuen Identität, dem Amulett, der Niederschrift seiner Offenbarung und allem, was er in den vergangenen Jahren über das Wesen des Bösen zusammengetragen hatte, gelang es Vezelay, Bernhard von Clairvaux zu überzeugen. Der mächtige Abt propagierte beim Papst und den fränkischen Fürsten einen zweiten Kreuzzug, reformierte den Templerorden zu einer militärischen Bruderschaft mit strengen Regeln und straffer Hierarchie und machte ihn durch abgepresste Schenkungen und die Erfindung des Wechselschecks reich. Das Einzige, was er von Vezelay dafür verlangte, war eines der Amulette.
    Zweihundert Jahre und sechs Kreuzzüge später hatte Jean de Vezelay, der inzwischen den Namen Jacques de Molay angenommen hatte, zwar immer noch nicht die Truhe gefunden, dafür aber ein uraltes Buch, verfasst in einer unverständlichen Sprache. Kurz bevor es Vezelay endlich gelang, das Buch zu entschlüsseln, überrollte ihn die Katastrophe. Auf einen Befehl Philips IV. hin wurde der inzwischen mächtige und reiche Orden der Tempelritter zerschlagen. Am 13. Oktober 1307, einem Freitag, wurden sämtliche Templer in Frankreich gefangen genommen. Der anschließende Prozess endete 1314 mit der öffentlichen Verbrennung von Jacques de Molay. Oder vielmehr eines Mannes mit diesem Namen.
    Vezelay hatte sich und seine Aufzeichnungen, die Amulette und das Buch Dzyan gerade noch rechtzeitig in Sicherheit bringen können. Und er hatte eine erste heiße Spur zu einem Mann namens Yeshua Bar Rabban.
    Die Spur führte nach Santiago de Compostela.

XXXVIII
    10. Juli 2011, Kloster Santa María de la Real, Galicien
    W em die ordentlich sortierten Knochen in dem Ossarium wirklich gehörten, war nicht genau zu bestimmen. Sie wirkten einigermaßen vollzählig und schienen sehr alt zu sein. Die Gebeine eines Mannes, dem Beckenknochen nach zu urteilen. Nach einer ersten Untersuchung des Schädels und der Gebeine konnte Peter keine Spuren eines gewaltsamen Todes erkennen. Der einzige Hinweis auf die Identität des Toten war die kaum noch lesbare lateinische Inschrift mit dem Triskelensymbol darunter, die irgendwer krakelig in den steinernen Grabdeckel gekratzt hatte.
    IESHUA BAR RABBAN
    F. DEI
    OSSA EIUS HIC SITA SUNT

    Die Triskele. Wo hast du sie schon mal gesehen?
    Bühler übersetzte die Inschrift. »Nach zehn Dienstjahren im Vatikan ist mein Latein zwar immer noch nicht das beste, aber wenn ich das richtig übersetze, steht da:

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