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Collector’s Pack

Collector’s Pack

Titel: Collector’s Pack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Giordano
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das Licht. Sie wird immer mehr Licht wollen und ihre Herrschaft über die Erde verbreiten, und ihre Diener werden untereinander durch das Zeichen des Lichts verbunden sein.
    Wenn das Jahrtausend beginnt, das nach dem Jahrtausend kommt, wird die Erde erbeben, und die heiligen Städte werden untergehen. Der Boden wird sich unter den Kirchen öffnen. Der Mensch wird starrköpfig sein, er wird die Warnung nicht hören.
    Wenn das Jahrtausend beginnt, das nach dem Jahrtausend kommt, wird die Luft nicht mehr vor dem Feuer der Sonne schützen, sie wird nur noch ein löchriger Vorhang sein, und das brennende Licht wird Haut und Augen verzehren.
    Wenn das Jahrtausend beginnt, das nach dem Jahrtausend kommt, wird der Mensch jedes Lebewesen so gestalten, wie es ihm gefällt, und er wird unzählige davon töten.
    Wenn das Jahrtausend beginnt, das nach dem Jahrtausend kommt, werden sich die Menschen unter Wasser bewegen können. Und einige werden höher fliegen als Vögel. Als ob der Stein nicht zur Erde fiele.«
    Ein ruhiger Strom der Worte, wie eine freundliche, kühle Hand auf einem erhitzten Kopf. Die Stimme seiner Mutter. Sie sprach zu ihm, während Jean de Vezelay all die furchtbaren Dinge vor sich sah, die kommen würden. Doch zum Schluss veränderte sich das Bild. Und die Stimme seiner Mutter sprach weiter.
    »Wenn das Jahrtausend, das nach dem Jahrtausend kommt, zu Ende geht, wird der Mann nicht mehr der einzige Herr sein, denn die Frau wird kommen, um das Zepter zu ergreifen. Sie wird die große Herrin zukünftiger Zeiten sein. Sie wird die Mutter des Jahrtausends sein, das nach dem Jahrtausend kommt. Sie wird die milde Süße einer Mutter verströmen nach den Tagen des Satans. Sie wird die Schönheit sein nach den hässlichen Zeiten der Barbarei.
    Denn das Jahrtausend, das nach dem Jahrtausend kommt, wird sich am Ende in eine leichte Zeit verwandeln. Es wird geliebt und geteilt und geträumt, und Träume werden wahr gemacht werden.
    Wenn das Jahrtausend, das nach dem Jahrtausend kommt, zu Ende geht, wird der Mensch wissen, dass alle Lebewesen Träger des Lichts sind und dass sie Geschöpfe sind, die Respekt verlangen. Er wird neue Städte gründen im Himmel, auf der Erde und auf dem Meer. Er wird sich erinnern an das, was einst war, und er wird zu deuten wissen, was sein wird. Er wird keine Angst mehr haben vor seinem eigenen Tod, denn er wird mehrere Leben gelebt haben, und er wird wissen, dass das Licht niemals erlöschen wird.«
    Jean de Vezelay, Kreuzfahrer, Benediktiner und Mörder, blickte zurück in die Vergangenheit der Welt, in die Zeit, als das Böse sich einnistete. Er sah in die Zukunft der kommenden zweitausend Jahre. Er sah neun Amulette, eines davon hielt er in der Hand. Neun Amulette, die das Böse, das aus den Poren der Erde heraussickerte, daran hinderten, die Welt und alles Leben zu vernichten. Aber Vezelay sah noch viel mehr. Zum Beispiel eine hölzerne Truhe, die ein Mann namens Yeshua Bar Rabban auf einem Esel aus der Stadt schaffte. Um diese Truhe, das verstand Vezelay sofort, hatte Bar Rabban den römischen Präfekten von Judäa einst betrogen.
    Eine einfache Truhe aus Zedernholz.
    Die alles enthielt. Anfang und Ende. Alpha und Omega.
    All das sah und verstand Jean de Vezelay in einem einzigen Augenblick, einem Wimpernschlag nur. Und als dieser Augenblick vergangen, die Stimme seiner Mutter verstummt war, trennte sein blutiges Schwert einem alten Mann mit einem Hieb den Kopf vom Rumpf.
    Dem Mann, der Pontius Pilatus gewesen war.
    Das Einzige, was er in seiner Offenbarung nicht gesehen hatte, war Gott. Aber das beunruhigte den Benediktiner nicht sonderlich. Gott hatte er auf dem Weg nach Palästina ohnehin längst verloren. Falls Gott existierte, befand er sich in dieser Truhe aus Zedernholz. Falls nicht, würde er, Jean de Vezelay, seinen Platz einnehmen. Ein ungeheuerlicher, ein blasphemischer Gedanke, bei dem der Benediktiner noch nicht einmal einen Funken von Scham oder Reue empfand.
    Am Abend des fünfzehnten Juli 1099 beschloss Jean de Vezelay, in Jerusalem zu bleiben, um diese Truhe zu finden. Er wusste, dass er nun eine schiere Ewigkeit Zeit haben würde, und er war sicher, dass die Truhe sich noch immer im Heiligen Land befinden musste. Denn erstens hatte ihm seine Offenbarung keinen anderen Hinweis gezeigt, und zweitens hatte auch der tote römische Präfekt über tausend Jahre in dieser Gegend nach ihr gesucht. Die Truhe musste noch irgendwo hier sein.
    Vezelay wurde jedoch schnell

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